Mi., 14.12.2016
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Streitschrift: Rettet unsere Söhne!

Mädchen werden gefördert, Jungs bestraft - unser Autor warnt: Der Mann von Morgen steckt schon jetzt in der Krise.

Die Anerkennung der Mädchen kann nur auf Kosten der kleinen Buben geschehen“, stand 1985 in Alice Schwarzers Zeitschrift Emma. Es war nicht das einzige derartige Zitat aus dieser Ecke. „Wenn wir wirklich wollen, dass es unsere Töchter einmal leichter haben, müssen wir es unseren Söhnen schwerer machen“, lautet ein anderes. „Den kleinen Buben soll der kalte Wind um die Nase blasen, sie haben den kleinen Mädchen Platz zu machen“, forderte die Emma-Autorin Marianne Grabrucker.

Die Jungen müssten „zurückstecken lernen, verunsichert werden“. Und Katja Leyrer, ebenfalls aus diesem Umfeld, befand über ihren Sohn, es ginge ihm „schlechter als seinen Schwestern, und das muss auch so sein. Wir müssen unseren männlichen Kindern etwas wegnehmen, sie unterdrücken.“ Denn glaube man den Statistiken, spüle etwa jede zweite Mutter für einen künftigen Pornografiebenutzer und Vergewaltiger.

Gruselige Ausfälle aus einer längst überholten Epoche? Leider nicht. Was frau damals nur am radikalen Rand äußerte, wurde mittlerweile in die Praxis umgesetzt. So berichtet der Soziologieprofessor Walter Hollstein, dass sich Frauen- und Gleichstellungsministerinnen immer wieder dazu bekannten, Jungen bewusst zu diskriminieren, um Mädchen ebenso bewusst zu fördern.

Dies geschieht mit dem Argument, dass ein Bildungsvorsprung für Mädchen dringend erforderlich sei, damit diese gleiche Chancen im Beruf hätten wie Männer. Tatsächlich ist Jugendarbeitslosigkeit schon seit einiger Zeit überwiegend männlich - die Folge einer Krise unseres Erziehungssystems, die unsere Medien als „Jungenkrise“ bezeichnen.

Credit: Playboy Germany

Am Ausmaß dieser Krise gibt es wenig zu deuteln. Schon die im Jahr 2000 veröffentlichte erste Pisa-Studie kam zu dem Ergebnis, dass die schwachen Leistungen der Jungen eine ernste bildungspolitische Herausforderung darstellen. Seit fast 20 Jahren gelangt eine Untersuchung nach der anderen zu dem Ergebnis, dass trotz gleicher Leistungen Jungen schlechtere Noten erhalten als Mädchen und seltener fürs Gymnasium empfohlen werden.

Im Jahr 2007 empfahl das Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung ein Motivations- und Bildungsprogramm, das sich speziell den abgehängten männlichen Jugendlichen widmet; im Jahr 2009 mahnte der Aktionsrat Bildung, dass die Ungleichheit zu Lasten der Jungen die Grenzen des rechtlich und moralisch Hinnehmbaren klar überschreite. Geschehen ist bis heute so gut wie nichts. Denn dazu müsste man Entwicklungen angehen, die Politiker nur ungern kritisieren - beispielsweise die gewaltige Feminisierung unseres Bildungssystems.

Während in der Bundesrepublik bis weit in die 60er-Jahre hinein mehr als die Hälfte der Grund- und Hauptschullehrer männlich war, werden heute nicht einmal 14 Prozent des Grundschulunterrichts von Pädagogen erteilt. Weshalb sich das zum Nachteil unserer Jungen auswirkt, verdeutlicht ein Experiment an der Universität von Los Angeles. Dort wurde Jungen und Mädchen mit einer Lernmaschine Lesen und Schreiben beigebracht.

Als man den Lernfortschritt ermittelte, schnitten die Mädchen schlechter ab als die Jungen. Dann erhielten die Kinder normalen Leseunterricht im Klassenzimmer - von Lehrerinnen. Wieder wurde die Zahl der gelernten Worte in einem Test ermittelt. Jetzt schnitten die Jungen schlechter ab.

Es ist vermutlich kein Zufall, dass die Prüfungsergebnisse von Jungen in dem Maße schlechter werden, wie die Zahl der Lehrerinnen zunimmt. Je höher der Anteil von Grundschullehrerinnen ist, desto schlechtere Noten erhalten die Jungen, fand die Soziologin Heike Diefenbach heraus. Denkbare Erklärungen: Jungen identifizieren sich leichter mit Männern, Mädchen leichter mit Frauen. Deshalb falle Mädchen das Lernen bei einer weiblichen Lehrkraft leichter. Umgekehrt können sich Lehrerinnen leichter in Mädchen hineinversetzen, weil sie selbst einmal welche waren, und gestalten entsprechend ihren Unterricht.

Wenn dort vor allem Texte ausgewählt werden, die weiblichen Interessen entgegenkommen, dann wirkt sich das auf die Motivation und den Lernerfolg aus. So ließ sich nachweisen, dass Jungen Wörter wie „Computer“, „Bankraub“ oder „Schiedsrichter“ fehlerfrei schreiben konnten, während sie mit Wörtern wie „Sekretärin“ oder „Tierärztin“ Schwierigkeiten hatten.

Vielen Lehrerinnen sind Jungen auch schlicht zu laut, zu gewaltbereit, zu ungestüm. Sie müssen ruhiggestellt werden, zur Not mit Medikamenten. Wo Mädchen spezielle Förderung genießen, erhalten Jungen Ritalin. Eine Untersuchung, die im British Journal of Educational Psychology veröffentlicht wurde, gelangte zu dem Ergebnis, dass Lehrerinnen „eine signifikant stärkere negative Reaktion gegenüber praktisch jedem Jungen zeigten, der ein unangemessenes Lernverhalten aufwies, während sie Mädchen mit einem ähnlichen Verhalten damit verschonten“. Ein paar Jahre später zeigte eine weitere Studie, dass männliche Grundschüler fünfmal häufiger ausgeschimpft werden als Mädchen, obwohl sie sich genauso oft danebenbenehmen.

Sie werden auch weniger gelobt oder drangenommen, um eine Frage zu beantworten. Und während Jungen eher in aller Öffentlichkeit laut zurechtgewiesen werden und schwerere Strafen erhalten, werden Mädchen oft beiseitegenommen und leise ermahnt. Pädagogen aus dem deutschsprachigen Raum stellen fest, dass jegliche Aggression massiv sanktioniert wird: Toben, raufen, symbolisches Erschießen mit ausgestrecktem Zeigefinger - all das ist immer öfter tabu.

Viele Eltern merken, dass die Verweiblichung unserer Schulen ihren Söhnen nicht guttut. „Beschwerden verzweifelter Väter und Mütter häufen sich“, so Regine Schwarzhoff, Vorsitzende des Elternvereins Nordrhein-Westfalen. Fast immer ging es dabei um Jungen, und fast immer waren Lehrerinnen in den Konflikt verstrickt. Schwarzhoff weiß von Schulen, wo Eltern regelrecht darum betteln, dass ihre Söhne von einem der wenigen Lehrer unterrichtet werden. „Das hat es früher in dieser Dimension nicht gegeben.“

Die Jungenkrise kann nur überwunden werden, indem wir mehr Anreize für Männer schaffen, Lehrer zu werden. Das allerdings wäre ein völlig neuer Ansatz in einer Geschlechterpolitik, die sich auch insgesamt vor allem auf die Bedürfnisse von Frauen ausrichtet, während Männer als Störfaktoren gelten, die in ihre Schranken gewiesen werden müssen.

Titelbild: Playboy Germany