Mo., 11.07.2016
Entertainment

Blut ist dicker als Champagner

Mit dem skurrilen Vater-Tochter-Film „Toni Erdmann“ möbelt Regisseurin Maren Ade das Image der deutschen Komödie auf

Wie passen eine Consulting-Firma in Bukarest, Furzkissen, falsche Zähne und tote Hunde zusammen? Genau: gar nicht. Und doch ist das in groben Zügen der Stoff für die viel gelobte Tragikomödie „Toni Erdmann“.


Regisseurin Maren Ade lässt in ihrem Film zwei Welten aufeinanderprallen, wie sie unterschiedlicher kaum sein könnten. Auf der einen Seite ist da die Mittdreißigerin Ines (Sandra Hüller). Aufstrebende Jung-Managerin in der Unternehmensberatung, die mit ökonomischem Kalkül reihenweise rumänische Firmen verschlankt. Auf der anderen Seite ihr Vater Winfried (Peter Simonischek). Alleinstehender Alt-68er mit ausgeprägter Vorliebe für skurrile Scherze und einer heillos sozialromantischen Ader. Es liegt auf der Hand, dass die Beziehung der beiden sich auf sporadische Treffen an Feiertagen und pflichtbewusste Anrufe zum Geburtstag beschränkt.

Bis Winfrieds Hund stirbt und er sich, bewaffnet mit Plastikgebiss und Zottelperücke, auf den Weg nach Rumänien zu seiner Tochter macht und mit seinem Alter Ego für mächtig Trubel sorgt. Denn als vollkommen schräger Lifestyle-Coach Toni Erdmann schleicht er sich Schritt für Schritt in Ines’ Leben zwischen Business-Gesprächen und abendlichen Champagner-Meetings. Und Ines? Die spielt die absurde Scharade einfach knallhart mit – und kommt ihrem Vater dadurch näher, als beide geglaubt hätten.

Was folgt, ist ein großartiges Feuerwerk aus intelligentem, trockenem, durchgeknalltem Humor, den man dem deutschen Film nach „Fack Ju Göhte“ gar nicht mehr zugetraut hätte. „Toni Erdmann“ schafft es, ein zutiefst ernstes Thema, nämlich den schwelenden Generationenkonflikt zwischen einem Vater und seiner Tochter, mit gelungener Situationskomik zu paaren, ohne dass er dabei an Ernsthaftigkeit verliert.

Das überzeugte auch das Publikum bei den Filmfestspielen in Cannes. Dort erntete „Toni Erdmann“ Szenenapplaus und Standing Ovations. Warum es dann doch nicht zur Goldenen Palme gereicht hat, ist und bleibt ein Rätsel. Verdient hätte „Toni Erdmann“ sie. Aber auch ohne Trophäe ist der Film absolut
sehenswert.

Titelbild: Film-PR