Di., 13.09.2016
Entertainment

Das Oktoberfest von A-Z

Die Welt schaut ab dem 17. September auf München: Das Oktoberfest setzt die Alltagsregeln außer Kraft. Alles, was man übers Volksfest der Superlative wissen muss

A

Auszogne, das/die: traditionelles Schmalzgebäck aus Hefeteig, das ursprünglich über das Knie gezogen wurde und so seine typische Hutform erhielt. In heißem Fett ausgebacken und mit Puderzucker bestäubt, ist es das perfekte Hüftgold.

B

Bier, das: eigens für das Oktoberfest gebraut, hat der Gerstensaft bis zu 6,3 Prozent Alkohol. Kann geübte Bierkonsumenten bereits nach zwei Mass in ungewohnte Zustände versetzen (normalerweise haben Münchner Biere um die 5,5 Prozent Alkoholgehalt). Rund 7,5 Millionen Liter des flüssigen Goldes werden in 16 Tagen Wiesn ausgeschenkt.

C

Charivari, das: Schmuckkette, die mancher Trachtler an der Lederhose oder Weste trägt. Nur etwas für waschechte Trachten-Profis!

D

Dirigieren, das: Leitung der Blaskapelle (die sich davon aber nicht irritieren lässt) durch einen Gast gegen die Entrichtung einer Gebühr. Offizielle Preise gibt es dafür nicht, aber ein paar hundert Euro werden schnell fällig. Besonderes Melodie- und Taktgefühl sind nicht vonnöten, solange Bargeld am Mann ist.

F

Folklore, die: schmaler Grat zwischen echtem Brauchtum und aufgesetztem Gehabe. Auch Alkoholismus versteht man in Bayern bisweilen als Folklore.

G

Gemütlichkeit, die: viel besungener heiterer Allgemeinzustand, der sich vor allem mit zunehmendem Betrunkenheitsgrad einstellen soll. Animationsmelodie dieser Massengemütlichkeit ist das Lied „Ein Prosit der Gemütlichkeit“, das zu Gunsten erhöhten Getränkeumsatzes alle paar Minuten von den Kapellen zum Besten gegeben wird.

H

Hirsch, der: Holzfass mit 200 Liter Volumen. Während in den meisten Zelten das Bier aus riesigen Containern ins Glas gelangt, wird im Augustiner-Zelt wirklich noch aus diesen traditionellen Behältnissen gezapft.

I

Italiener-Wochenende, das: das mittlere der drei Wiesn-Wochenenden, an dem die südlichen Wiesnfans rituell per Wohnmobil in München einfallen. Für Unwissende leicht daran zu erkennen, dass die Polizei in München Verstärkung durch Carabinieri erhält und Verkehrsnachrichten im Radio auf Italienisch ertönen.

K

Krinoline, die: traditionelles Fahrgeschäft. Das fast 90 Jahre alte Karussell wurde früher per Muskelkraft angetrieben, die Musik kommt bis heute von der hauseigenen Kapelle.

L

Lebkuchenherz, das: typisches Mitbringsel für alle, die man gernhat, gern auch als Bewerbungsjoker bei hübschen Damen verwendet. Alternativ stellt es ein (eher trockenes) süßes Gebäck für den sofortigen Verzehr dar - der liebevolle Text ist dann für den Esser weniger von Belang.

M

Mass, die: standardisierte Verkaufseinheit von Bier auf dem Oktoberfest, ursprünglich einem Liter Bier entsprechend. Da der Inhalt gelegentlich von der Menge abweicht, gibt es den Verein gegen das betrügerische Einschenken. Die Aussprache des Wortes „Mass“ ist eine Hürde für Auswärtige: kurz und knackig wie „Fass“. Wer sich das nicht zutraut: einfach „ein Bier“ bestellen. Das kommt dann schon in der richtigen Maßeinheit.

N

Noagerl, das: der traurige Rest schalen („lacken“) Biers im Krug, das der Wiesnprofi nicht mehr trinkt. Der Begriff leitet sich von „neigen“ ab, da bei gekipptem Glas der Rest zusammenläuft. Die Schmähung „Noagerlzuzler“ gilt dem schwach begüterten Bierschnorrer, der die Reste anderer am Tisch noch trinkt.

O

O’zapft is’: Startschuss der Wiesn und Jubelschrei nach dem rituellen Anstich des ersten Fasses durch den Münchner Oberbürgermeister. Gespannt beobachtet die Öffentlichkeit, wie viele Schläge benötigt werden: Zwei sind Weltklasse, drei in Ordnung, alles darüber gilt als erbärmlich. Schönster Fauxpas: 1978 rief der damalige Oberbürgermeister Erich Kiesl (CSU) in seiner Aufregung nach dem Anstich ein herzliches „I’zapft os’!“ in die Menge.

P

Polizei, die: münchentypisch in großzügiger Mannschaftsstärke auch auf der Wiesn vertreten. Die Herren in Grün haben eine eigene Wache auf dem Gelände. Vorsicht: Alkoholkontrollen finden zur Wiesnzeit bei Auto- und auch Fahrradfahrern an jeder Ecke statt.

Q

Quattro birra, per favore: typischer Satz im Bierzelt während des Italiener-Wochenendes.

R

Reservierung, die: Berechtigung, einen Biertisch zu besetzen. Wer garantierte Plätze möchte, kann sich gegen Vorkasse ein Jahr zuvor beim Wirt um eine Reservierung bemühen. Gästen ohne Reservierung verwehrt meist an Wochenenden das „Zelt wegen Überfüllung geschlossen“-Schild den Zugang. Eine legendäre Panne unterlief dem Käfer-Zelt 2003: Auf Grund eines „Computerfehlers“ wurden alle Reservierungen doppelt vergeben - was erst kurz vor Festbeginn auffiel. Doch man hält zusammen, so genehmigte die Stadt kurzerhand 1000 Plätze mehr, um dem armen Wirt aus der Bredouille zu helfen.

S

Soachrinne, die: bairisch für Massenurinal. Meist aus Edelstahl gefertigte Wand mit Regenrinne. Da die Wände von beiden Seiten benutzt werden und auf Brusthöhe enden, ergeben sich so Gespräche mit dem ebenfalls wasserlassenden („soachenden“) Gegenüber. Oft lustig, manchmal unangenehm.

U

Unterlage, die: Nahrung, die vor oder spätestens zu Beginn des Bierkonsums verzehrt wird. Seriöse Untersuchungen zeigen: Stark kalorien- und fetthaltige Speisen (etwa Schweinsbraten mit Knödel) lassen den Probanden zwar nach drei Mass genauso betrunken werden wie nach einem Knäckebrot. Jedoch steigt der Alkoholpegel im Blut mit Unterlage langsamer an, was zu besserer Verträglichkeit und ergo mehr Konsum beiträgt.

V

Verein gegen das betrügerische Einschenken, der: Verbraucherschutzverein, der kritisch beäugt, wie weit unterhalb des Eichstrichs das Getränk aufhört. Wer eine Mass bestellt, hat eigentlich Anspruch auf einen Liter Bier, kann meist jedoch zufrieden sein, wenn sich rund 0,75 Liter (für ca. zehn Euro!) im Glas befinden. Der Rest ist Reingewinnn (für den Wirt) und weniger Rausch (für den Gast). Alle Infos zum Verein unter www.vgbe.de, Jahresmitgliedschaft: sechs Euro.

W

Wildbieseln, das: ordnungswidrige Erleichterung des Harndrangs in nicht dafür vorgesehenen Bereichen. Wird mit etwa 40 Euro Bußgeld von der Polizei geahndet.

Y

YMCA, die/das: obligatorischer Partykracher der Village People. Wer es nicht kennt, mag die rustikale Humpta-Version der Blaskapelle erfrischend finden und reckt seine Arme zu Buchstaben verrenkt in die Höhe.

Z

Zelt, das: Epizentrum aller Festaktivitäten. Mit rund 10.000 Plätzen im Biergarten und im Zelt bieten die größten dieser temporären Bauwerke vielen durstigen Kehlen Platz. Der Begriff „Zelt“ scheint in der heutigen Zeit nicht mehr angemessen - doch diese Gebäude werden jedes Jahr nach dem Oktoberfest tatsächlich wieder abgebaut.

Making of: So war das Shooting mit Wiesn-Playmate Kathie Kern:

Titelbild: kzenon