Fr., 06.10.2017
Genuss

Veganismus ist eine Ersatzreligion für Egozentriker

Vegane Ernährungseiferer nerven - zumal ihre Heilsversprechen allein auf Fantasie statt auf Fakten basieren, sagt unser Autor.

Man könnte meinen: Wer heute noch ganz normal isst, der ist nicht ganz dicht. Nie war die Bandbreite extremer Ernährungsweisen und -weisheiten, die allesamt als der heilige Gral der Gesundheit proklamiert werden, so groß. Paleo, Low Carb, Detox, Clean Eater und weitere Spielarten des kulinarischen Personality-Posings buhlen um die Gunst potenzieller Anhänger.

Es wird missioniert, was das Grünzeug hält. Und ganz vorn dabei in dieser medienpenetrierenden Prediger- und Pilgerschaft stehen die Veganer. Zwar essen und trinken sie keine tierischen Produkte und verzichten auf Leder - dafür ledern sie aber tierisch erfolgreich gegen alles, was ihren Botschaften zuwiderläuft.

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Der grüne Trend ist längst gesetzt. Veganismus ist in. Die Fleischfresser sind raus. Aber worauf basiert dieser Nahrungsextremismus? Auf Fakten? Nein, auf Fantasie!

Schlank ohne Fleisch - Quatsch!

Vegane Kost sei gesund und nachhaltig, verlängere also nicht nur das Leben der Tiere, sie mache zudem fit und schlank - wer möchte solche Angebote schon in den Wind schlagen? Ich. Und ich sage Ihnen hier mal ein paar meiner Gründe.

Das mit der Schlankheit beispielsweise ist Quatsch. Vegane Kost macht genauso wenig schlank wie Low-Carb- oder Fleischkost. Denn was beim Abnehmen zählt, ist allein die negative Kalorienbilanz: dass man also weniger Energie aufnimmt, als man verbraucht. Auf diesem Abspeck-Urprinzip basieren alle Diäten, egal, wie trendy und revolutionär sie daherkommen.

Auf welche Weise man den Körper aber in diesen künstlichen Mangelzustand treibt, das interessiert ihn nicht. Wunderbar verdeutlicht dieses Phänomen die hundertprozentig antivegane Atkins-Diät: Fleisch, Fleisch und noch mal Fleisch. Dazu Milch, Käse, Sahne und alles, was Herz und Bauch begehren - nur keine Kohlenhydrate.

Die Heilkräfte des Veganismus - frei erfundene Märchen

Auch dass Veganer nicht automatisch gesünder leben als Fleischesser, weiß jeder, der mal ganz kurz den Verstand einschaltet: Wie soll eine Ernährung förderlich sein, bei der man höllisch aufpassen muss, dass man keinen Mangel an Eiweiß, Eisen, Calcium, Jod, Zink, B-Vitaminen und essenziellen Fettsäuren erleidet?

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Eine Ernährung, von der etliche Fachorganisationen bei Säuglingen, kleinen Kindern, Schwangeren, Stillenden, Kranken und Senioren abraten - und bei der man zwingend Vitaminpillen schlucken muss, da ansonsten unheilbare Nervenschäden drohen? Für die gebetsmühlenartig propagierten Heilkräfte des Veganismus existiert kein einziger wissenschaftlicher Beweis. Alles frei erfundene Ernährungsmärchen.

Ein Crashkurs

Um zu verstehen, warum das so ist, hilft ein Crashkurs in Ernährungswissenschaften. Dieser bemitleidenswerte Forschungszweig namens Ökotrophologie beschreibt nämlich keine verlässlichen Ursache-Wirkungs-Beziehungen. Essensforscher stützen sich primär auf Beobachtungsstudien, die ausschließlich wachsweiche Korrelationen liefern. Statistische Zusammenhänge, die nur sehr vage Hypothesen zulassen, sonst nichts.

Als fiktives Beispiel: In einer Studie fällt auf, dass Playboy-Leser länger leben als die von "Stern" und "Spiegel". Verlängert Playboy deshalb das Leben? Nein. Oder vielleicht doch. Dann aber vermutlich aus anderen Gründen als den bekannten Annehmlichkeiten der Lektüre. Man weiß es einfach nicht. Tauscht man nun die Zeitschriften gegen Fleisch, Obst und Gemüse aus, hat man das System der pseudowissenschaftlichen Ernährungserkenntnisse bereits durchschaut.

Nichts Genaues weiß man nicht

Auch wenn in manchen Studien beobachtet wurde, dass Veganer gesünder seien und länger lebten - die Gründe, warum das so war, sind systembedingt vollkommen unbekannt. Ob es an der Ernährung lag oder am Verzicht auf Zigaretten, Alkohol und Sex oder an unbekannten (Ab-)Gründen des veganen Lebensstils - kein Mensch weiß es. Und wie in der Ernährungsforschung üblich, gibt es natürlich auch Studien, die genau das Gegenteil belegen wollen. Etwa, dass Veganer ein höheres Thrombose- und Gefäßverkalkungsrisiko hätten.

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Auch hier gilt: Die Frage nach Henne und Ei bleibt unbeantwortet. Was war zuerst da? Ein weiteres Beispiel verdeutlicht diese Ursache-Wirkung-Unkenntnis: Sowohl Forscher an der Uni Graz als auch an der Uni Hildesheim haben herausgefunden, dass Fleischverzichter häufiger an psychischen Störungen wie Depressionen oder Angstzuständen leiden. Ob aber der Verzicht auf tierische Lebensmittel dafür verantwortlich ist - Stichwort Vitaminmangel - oder ob umgekehrt vorwiegend psychisch Labile der Pflanzenkost frönen? Nichts Genaues weiß man nicht.

Die kulinarische Diaspora als Eckpfeiler des Alltags

Doch wen interessieren schon Fakten? Für viele Veganer ist ihr Lebensstil ohnehin eher Ersatzreligion als bloß Ernährungsweise. Auf der Suche nach Eckpfeilern und Leitbildern in einem immer komplexer werdenden Alltag bieten Ernährungshypes Halt, Orientierung und neue Möglichkeiten zur Selbstprofilierung. In der kulinarischen Diaspora ist klar definiert, wer und was gut und böse ist. Veganismus ist nur eines von vielen Stützrädchen fürs Leben.

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Kurzum: Wirklich plausible Gründe für eine vegane Lebensweise gibt es eigentlich nur zwei. Zum einen die ethischmoralische Entscheidung "Ich will nicht, dass für mich ein Tier stirbt" - ein persönlicher Beschluss, der so zu akzeptieren ist. Grund zwei: Sex. Das Gros der Veganer sind junge Frauen aus der gut situierten Mittel- und Oberschicht mit hohem Bildungsniveau.

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Und da sie lieber mit Gleichgesinnten Tisch und Bett teilen, lockt den Mann, obwohl er nicht an Ernährungsmärchen glaubt, doch das Ernährungsmädchen. Was früher der eigenhändig gejagte und erlegte Hase fürs Höhlenlagerfeuer war, ist heute das Kichererbsen-Tofu-Curry an Seitan-Soja-Schnetzel-Duett, flankiert von grünem Spinat-Smoothie.

Warnhinweis: Flaute in der grünen Hose

Doch Obacht - es gibt etwas, das den Koitus der Fleischlosen konterkarieren könnte: Veganer haben einen besonders hohen Harnsäurespiegel. Und der ist ein Vorhersagefaktor für erektile Dysfunktion. Und auch östrogenartige Substanzen in Soja können eventuell zur Flaute in der grünen Hose beitragen. Doch auch dies ist, streng genommen, reine Spekulation, die einer wissenschaftlichen Überprüfung nicht standhält - jedenfalls (noch) kein harter Fakt.

Titelbild: Playboy Deutschland