Di., 05.06.2018
Sport

Wir waren beim härtesten Lauf Deutschlands

Der Fisherman's Friend StrongmanRun ist mit 24 Kilometern der längste Hindernislauf Deutschlands. Playboy-Volontär Max Krones war dabei und hat versucht sich über 40 Hindernisse zu ackern. Ob er das Rennen überleben würde, war zunächst unklar. Kurz nach dem Lauf erreichte uns aber ein schlammiges Manuskript:

23 von 24 Kilometern sind geschafft. Vor mir hat sich ein Läufer das Seil zwischen die Beine geklemmt, an dem wir uns alle einen Schlammberg hochziehen. Keine gute Idee. Mein Gewicht und das Gewicht meiner Verfolgerin ziehen das raue Tau straff. Die Kronjuwelen meines Vorläufers werden einer harten Tortur unterzogen und er hängt etwas hilflos in der Luft. Ich würde ihn gerne erlösen, kann aber nicht. Muss mich weiterhochziehen. Kann nicht schlapp machen so kurz vorm Ziel.

I like to move it?

Als ich um 13 Uhr mit 10 000 anderen Menschen auf der Start-Zielgerade des Nürburgrings stehe kratzt mein Hals. Am Abend zuvor habe ich definitiv zu viel geraucht und vielleicht ein, zwei Bier mehr getrunken, als meine Leidensgenossen in Laufmontur. Am Startpunkt spielt die Anheizer-Band: „I like to move it, move it“. Und während der Sänger die Bewegungen des Animateurs aus dem letzten Cluburlaub imitiert, beschließe ich spätestens ab Kilometer drei auszusteigen.

Playboy-Volontär Max Krones (r.) kurz nach dem Start.
Credit: Sportograf

Ich fühle mich fehl am Platz. Schließlich grinst jeder in der Startaufstellung um mich herum breit in der prallen Sonne. Viele tragen Mottoshirts oder Perücken und die, die sich nicht dehnen, tanzen mit. „You like to, move it!“. Ein bisschen ist das hier der Ballermann für Outdoorjacken-Träger und Urlaub-in-den-Bergen-Macher.

Warmer Schaum. Was spaßig aussieht, ist bei 30 Grad nicht unbedingt angenehm.
Credit: Sportograf

Dann der Startschuss. 10 000 Menschen müssen durch ein zwei Meter breites Tor. Was sich nach Massenpanik anhört, klappt wunderbar und dosiert den Läuferstrom zumindest für die erste Runde sehr gut. Zwei Runden muss ich laufen, mit insgesamt 40 Hindernissen und 24 Kilometern Strecke. Mein Rekord liegt bei 15 Kilometern auf dem Laufband, ohne Hindernisse.

Ein Wasserpark auf Asphalt.
Credit: Sportograf

Der erste Kilometer führt über die asphaltierte Rennstrecke, danach wird die Horde über Schotter- und Waldwege geleitet. Die Grüne Hölle Nürburgring wird ihrem Namen gerecht. Nach zwei Kilometern bin ich warm und finde Gefallen daran. Laute Musik, jubelnde Zuschauer – ich sehe mich im nächsten Urlaub schon in eine Ferienwohnung im Allgäu einchecken.

Tarnnetze und Stromschläge

Nach drei Kilometern aussteigen kommt mir nun feige vor. Außerdem sehe ich einen Läufer, der nur noch ein Bein hat und sich auf Krücken über die Strecke bewegt. Viel Zeit mich für mein Drückebergertum zu schämen bleibt mir nicht. Denn jetzt kommen die ersten Hindernisse. Was mit einfachen Hürden beginnt setzt sich mit steilen Erdwällen, Schlammgräben und tiefhängenden Tarnnetzen fort. Netterweise verpassen die Tarnnetze den Läufern – oder besser gesagt Kriechern – Stromschläge, wenn man ihnen zu nahe kommt.

Die Schwierigkeit beim Schlammwall ist der fehlende Grip.
Credit: Sportograf

Außerdem spielt Wasser eine große Rolle bei den Hindernissen. Entweder in Form von Schlamm oder als Wasserfall. Auch beliebt sind Autoreifen. Insgesamt 16 000 sind in den Hindernissen verbaut. Hinzu kommen 1.500 Strohballen und 63 Schiffscontainer.

Großer Erwachsenenspielplatz

Wer mitlaufen will, sollte nicht nur fit sein, sondern auch ungefähr 100 Euro Startgebühr einplanen. Nicht gerade wenig für einen Nachmittag auf dem Erwachsenenspielplatz, aber die Hindernisse sind sehr aufwendig installiert. Und wenn man dann auf drei Containern in circa acht Metern Höhe steht, ist man froh, dass hier nichts wackelt oder rutscht.

Zwischen Wasseroberfläche und Zaun bleibt Atemluft.
Credit: Sportograf

Als ich dann am Ende meiner zweiten Runde am Hang hänge, die Wade pocht und die Kräfte anfangen zu versagen, blicke ich nach hinten – direkt in das entschlossene und kriegsbemalte Gesicht einer Amazone. Einer Amazone, die mich gleich einholt, wenn ich weiter vor mich hin stolpere.

Kurz vor dem Ziel schwinden die Kräfte.
Credit: Sportograf

Also gebe ich ein letztes Mal Gas. Humple, gehe, stolpere abermals über Reifen, schleppe mich über den letzten Container und rutsche mit Vollgas in ein Wasserbecken. Das letzte Hindernis ist eher eine Wohltat: Ein überdimensionierter Ventilator, der feine Wassertropfen auf die Läufer sprüht.

Die Wohltat zum Schluss.
Credit: Sportograf

Als ich nach insgesamt dreieinhalb Stunden als 659. ins Ziel einlaufe bin ich erleichtert. Das oft beschriebene Glücksgefühl hat sich nicht eingestellt. Ich bekomme eine Goldmedallie wie jeder, der die gesamte Distanz schafft und wie jeder frage ich mich kurz, ob ich besonders gut war. War ich nicht.

Gold gab's für jeden, der die volle Distanz geschafft hat.
Credit: Sportograf

Der beste Läufer hat 1:54 Stunden gebraucht. Alle Achtung. Während ich mich freue, dass meine Lunge und Leber das ausgehalten haben, muss ich zugeben, dass das Turnen über den Erwachsenenspielplatz riesigen Spaß gemacht hat. Ich würde es wieder tun, denke ich – bis ich ein alkoholfreies Grapefruit-Bier in die Hand gedrückt bekomme und das 41. Hindernis überwinde.

Titelbild: Sportograf