Rolf Eden ist tot: Eine Erinnung an Deutschlands ältesten Playboy
Playboy 2012/01
Magazin

Inhalt

Radar

FIRST LADY: Alina Süggeler – das „Frida Gold“-Stück

KOMPASS: So behalten Sie den Überblick

20 FRAGEN AN... H. P. Baxxter

NEWS: Wie Guido Westerwelle funktioniert // Wie man eine Party rettet // Pornotitel für Peta // ...

(K)EINER VON UNS: Gottschalk vs. Pflaume

10 DINGE, DIE EIN MANN... seiner Frau nicht schenkt

Titel

PLAYMATES 2011: So feste feiern unsere Schönsten im Playboy Club

WAS PLAYMATES WOLLEN: Wir haben die Damen für Sie gefragt...

PLAYMATE DES JAHRES: Sie haben die Wahl – und Chancen auf Hammer-Preise

MAKING-OF: Beim Shooting hinter den Club-Kulissen

Interview

TOM HANKS: Der nette Hollywood-Star räumt mit seinem braven Image auf. Ein Gespräch über Sex, Lügen, Drogen und was ihn rasend macht

Menschen & Storys

DER HÄRTESTE FEUERWEHRMANN DER WELT: Keine Angst, kein Schmerz, keine Kompromisse – Joachim Posanz aus Göttingen ist der internatio-nale Champion einer brandheißen Zunft

ROLF EDEN: Die andere Seite des Schwerenöters, Lebemanns und Königs der Berliner Nacht

Playmate

ROSANNE JONGENELEN: Unsere Miss Januar zeigt uns Hollands reizvollste Aussichten

Motor & Technik

FERRARI 458 SPIDER: Offen gestanden, ein starkes Stück – auf Testfahrt mit 570 PS ohne Verdeck

MEIN SCHLITTEN & ICH: Wie Helmut Hafner seinen Jaguar E-Type kennen und lieben lernte

OPEL ASTRA GTC: Der neue Rüsselsheimer Kraftprotz zeigt mehr als nur die Renn-Gene seines Vorfahren, des Rallye-Kadett GT/E

MÄNNERSPIELZEUG: Der Test einer Bluetooth-Soundanlage macht unseren Technik-Nerd nostalgisch

Stil

ESSENTIAL: Krone der Kleidung – der Smoking

STEPHAN LUCA: Der Schauspieler will nicht als Schönling gelten. Uns zeigt er mit dem Dandy-Lookder 20er-Jahre trotzdem: die beste Festgarderobe

DÜFTE: Die richtige Note für jeden Typ

STIL-IKONE: Frank Sinatra – kein Zweiter stand so perfekt für Verwegenheit und Eleganz

GESCHENKE: Weihnachts-Countdown – Präsente auf die letzten Tage und Minuten

STIL-NEWS: Gewagte Hemden // Gewinnspiel // Stil-Kolumne: der Dufflecoat

40 Jahre Playboy

GIPFELGESPRÄCH: Zum Jubeljahr der deutschen Ausgabe – die größten Interviews, Folge 1: Fidel Castro (erstveröffentlicht August 1985)

 

Lust & Lebensart

JAHRESRÜCKBLICK: Von großen Spielern und fiesen Schurken, kurvigen Frauen und Katastrophen – das brachte uns 2011 zum Jubeln und Fluchen

KITTEL IN NEW YORK: Unser Weltreporter sucht die delikatesten Stellen im Big Apple

MÄNNERGERICHTE: Starkoch Holger Stromberg an der Kanone – so gelingt das beste Gulasch

GENUSS: Italiens prickelnde Schampus-Konkurrenz

365 ERSTE ONLINE-DATES: Jeden Tag eine andere im Bett – unser Internet-Guide für moderne Casanovas

VERHALTENSREGELN FÜR GESCHLECHTSREIFE (TEIL 3): Alles, was Sie über Verführungskünste wissen sollten

Blende Sechs

EVELINA MANNA: Silvio Berlusconi konnte ihr nicht widerstehen – und auch wir sind verzaubert...

Kultur-Pool

MICHAEL BULLY HERBIG: Das Multitalent über die Tücken des Erfolgs, den Traumjob Fußballtrainer und den Rausch kreativer Arbeit

MUSIK: The Strange Boys greifen gekonnt daneben

BUCH: Anthony Horowitz erzählt die Geschichte von Sherlock Holmes weiter

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Fr., 12.08.2022
Porträts

Die zwei Leben des Rolf Eden

„Der Tod ist für mich keine dramatische Sache. Ich bin in keiner Weise religiös“, sagte Rolf Eden, als wir ihn vor zehn Jahren in Berlin trafen. „Und bis es bei mir so weit ist, möchte ich mein Leben in vollen Zügen genießen.“ Nun war es so weit: Am 11. August 2022 starb der gern so apostrophierter „Playboy“ im Alter von 92 Jahren. Wir erinnern uns zurück an unsere Begegnung 2012 mit dem Mann, der in seinem Leben so viele Attribute sammelte – König der Berliner Nacht, Kultfigur, Schwerenöter – und bei dem wir uns fragten: Wer kennt diesen Mann wirklich?

Dieser Text erschien erstmals im Playboy 01/2012.

High Noon auf dem Ku’damm. Das schwarze Rolls-Royce-Cabriolet mit dem Kennzeichen „B-RE-6000“ rollt heran. Zeit für die Rolf-Eden-Nummer. Vom Gas runter. Stop-and-go-Rhythmus. Eden erblickt die ersten bekannten Gesichter. Während er zwei Frauen auf dem Gehweg zuwinkt, ist ein Radler von links dem Türlack gefährlich nahe gekommen. Der Rennhosen tragende Rentner klopft dem Rolls-Royce-Lenker im Vorbeifahren auf die Schulter: „Rolf, schönen Tag noch und bloß nicht aufhören.“ Rolf Eden und aufhören? Das wäre in Berlin in etwa so, als würde man verkünden: Ab jetzt gibt es keine Buletten im Stehen mehr, und den Bahnhof Zoo schließen wir auch gleich mit.

Am 11. August 2022 starb Deutschlands dienstältester und gern so apostrophierter „Playboy“ im Alter von 91 Jahre. Als wir ihn 2012 treffen, fährt er, 81 Jahre alt, noch täglich mehrmals den Ku’damm auf und ab. Seinen Boulevard. Umschauen, flirten – Sexanbahnung.

Credit: Playboy Deutschland
Rolf Eden mit seinem Rolls Royce Cabrio am KuDamm. Foto: Imago

Rolf Eden ist ein Teil Berlins – obwohl er zwischendurch ziemlich out war

Morgens schläft er lange und frühstückt ausgiebig, bis er sich dann meistens gegen zwölf Uhr parfümiert und die Garderobe auswählt. Heute ist es der lachsfarbene Anzug zu bunter Streifenkrawatte und weißen Slippern. Um in den Royce zu steigen, braucht er in der Garage seiner Villa in Berlin-Dahlem einige Minuten. Leicht gekrümmter Rücken, leises Stöhnen. Doch während der Fahrt in den guten alten Berliner Westen arbeitet Eden daran, seine Körpersprache auf Vordermann zu bringen und mit der bekannten Eden-Silhouette zu synchronisieren. Die tendiert stark in Richtung Las-Vegas-Altstar. Schulterlanges, steifes Haar, das auch bei kräftigem Fahrtwind dicht hält. Ein Kunstkopf, irgendwie.

Rolf Eden ist ein Teil Berlins. Er war schon da, als noch Horst Buchholz, Hildegard Knef oder Harald Juhnke ihre große Zeit hatten. Und er war zwischendurch auch ziemlich out. Richtig trashig. So wie der Ku’damm in den 90er-Jahren, nachdem Geld und Glamour in Richtung Berlin-Mitte abgewandert waren. Doch 2011 feiert der Kurfürstendamm, wie er offiziell heißt, sein 125-jähriges Bestehen. Neue Geschäfte und Cafés sind da, Investoren stehen Schlange. Berlins legendärer Boulevard sieht gut aus wie lange nicht. Was auch für Rolf Eden gilt. Als der Dokumentarfilmer Peter Dörfler seinen Film „The Big Eden“ bei der Berlinale im Februar vorstellte, gab es Standing Ovations. Weil der berührende Film nicht nur den bekannten Altplayboy, sondern auch den unbekannten Eden zeigt. Den gebürtigen Juden, den Mann mit einem großen Lebensgeheimnis. „Wenn ich jünger wäre, würde ich hier sofort wieder etwas Neues aufmachen“, sagt Eden.

Vor sieben Jahren hat er seinen letzten von ehemals sechs Läden verkauft. Als gemachter Mann mit Millionenvermögen und laufenden Mieteinnahmen aus 700 Wohnungen. Die rund 30.000 Euro, die er allein jeden Monat an Alimenten für seine sieben Kinder – von sieben Frauen – überweist? Für ihn ein lässiger Griff in die Portokasse. Eden kreuzt einmal am Tag im Büro seiner Immobilienverwaltung auf. Nur kurz schauen, ob alles läuft. Und schon geht es weiter auf seiner Cruising-Tour.

Credit: Imago

Was in seinen Läden passierte, hatte den Hauch des Verbotenen

Am frühen Abend steuert Eden eines seiner Stammlokale an – die „Kleine Weltlaterne“. In der Künstler- und Musikkneipe hängt Eden als kitschiges Ölgemälde an der Wand, neben Autogrammkarten von Udo Jürgens oder Manfred Krug. Die Hausband spielt Swing-Evergreens. Eden wippt mit, bis ihn ein weiblicher Gast plötzlich fast vom Stuhl reißt. Die Frau mit hochroten Wangen und einem schrillen Lachen, etwa Ende 60, drückt Eden an sich. Sie strahlt: „Rolf, ich werde die Zeit nie vergessen.“ Eden streichelt immer wieder ihre Wange, etwas mechanisch: „Mensch, Mädchen ...“ Der Name will ihm partout nicht einfallen – „Sie war ein Go-go-Girl bei mir, super Figur, das weiß ich noch.“

Ein Eden-Girl. Das war einmal eine Attraktion in den frühen 60ern. Da gab es zwar schon Sex-Shows auf der Reeperbahn in Hamburg. Aber was in den diversen Berliner Läden von Rolf Eden – vom „Old Eden Saloon“ bis zum Varieté „Schlüsselloch“ – passierte, hatte den Hauch des Verbotenen, ohne dass ein Schild „Rotlichtbezirk“ aufleuchtete. Es war ein verlockendes Paradies im wieder erwachten Gesellschaftsleben der Besatzungsstadt Berlin. Ihr Zeremonienmeister hieß Rolf Eden, und der ließ Go-go-Girls in engen weißen Miniröcken auf dem Tresen tanzen.

Ein Eden-Girl erhielt im Durchschnitt eine Monatsgage von 800 Mark. Dafür strippte sie an einem Abend oder schenkte in seinem Club „busenfrei“ Getränke aus. Das war der offizielle Part. Zugleich wurden die weiblichen Angestellten verpflichtet, sich auch unter die Clubgäste zu mischen. So gab es bei Eden immer auffallend viele junge Frauen. Normale, erlebnishungrige Berlinerinnen, wie es schien. Berüchtigt war der Swimmingpool im „Eden Playboy Club“. Zu fortgeschrittener Nachtzeit ermutigten die Girls die Gäste zum Mitplanschen. Ein amerikanischer Schauspieler namens Rick West ließ das Bassin einmal mit 600 Flaschen nachfüllen, was in einen der vielen legendären Party-Exzesse mündete.

Rolf Eden in bester Gesellschaft, ca. 1960.
Credit: Imago

Eden war nicht nur Clubbesitzer, er war vor allem ein cleverer Event-Manager, lange bevor es diesen Begriff gab. Zur PR gehörten Menschenschlangen, die sich vor den Clubtüren bildeten. Wer drin war, war „in“. Deutsche Stars wie Curd Jürgens oder Mario Adorf zählten zu den Stammgästen. Aber vor allem internationale Promis hielten Big Eden in den Schlagzeilen: Charles Aznavour, David Niven, Ella Fitzgerald. In den sexuell erhitzten 70ern wurden dann auch die Nächte in den Eden-Clubs wilder. Mick Jagger und seine Stones kamen vorbei. Genau wie Roman Polanski, von dem bekannt war, wie sehr er die Nähe junger Mädchen sucht.

Rolf Eden hat sich inzwischen aus der Umarmung seines ehemaligen Go-go-Girls gelöst. Er geht zu den gemütlichen Swing-Herren, lächelt den Pianisten an, steckt ihm zwei 50-Euro-Scheine zu und greift beherzt zum Mikro. Dann singt er die Sinatra-Ballade „Blue Moon“. Als er wieder sitzt und sich den Schweiß von der Stirn tupft, wirkt er für Momente in sich gekehrt: „Ja, ja, so einer wie Frankie Boy wollte ich mal werden.“ Ein Schauspieler und Entertainer. Stattdessen wurde er der König der Berliner Nacht.

Rolf Eden war einer, der nie von seiner Vergangenheit sprach, sondern nur das Jetzt zelebrierte

Rolf Eden war in den späten 50er-Jahren in Berlin tatsächlich wie aus der Dunkelheit aufgetaucht. Ein Mann ohne erkennbare Wurzeln. Einer, der nie von seiner Vergangenheit sprach, sondern nur das Jetzt zelebrierte. Er ist am 8. Februar 1930 im Berliner Stadtteil Tempelhof geboren worden. Vorname: Shimon. Der Vater: ein jüdischer Containerfabrikbesitzer. Als 1933 die Nazis an die Macht kamen, wanderte die Familie nach Palästina aus. In der Hafenstadt Haifa eröffneten sie ein Café und ein Hotel. All das hat Shimon Rolf Eden, dieser grelle Selbstdarsteller, von sich aus nie zum Thema gemacht.

In Paris habe er mit Mitte 20 sein Geld mühsam als Barpianist verdient – das erwähnte er manchmal. Und dann habe er von einem Freund gehört, dass es in Deutschland eine Art Existenzgründungsprämie in Höhe von 6000 Mark gebe: „Ich hab mich sofort in den nächsten Zug nach Berlin gesetzt.“ In Paris hatte er nichts zu verlieren, sein Antrag auf ein Einreisevisum für die USA, seinem Sehnsuchts-Sinatra-Land, war wenige Tage vorher abgelehnt worden.

Die Rückkehr nach Berlin, in seine Geburtsstadt: ein Zufall. „Ich hatte keine Erinnerungen an meine ersten drei Kindheitsjahre, Berlin war absolut fremd für mich. Wie Alaska.“ 1957 eröffnete er den „Old Eden Saloon“. Old? Sein Besitzer wurde in Berlin neu geboren. Er wollte von da an mit nichts mehr behelligt werden, was mit Tod oder Trauer zu tun hatte. Eden schwor sich: „Ich werde nie auf Beerdigungen gehen oder jemanden im Krankenhaus besuchen. Da bekommt man nur schlechte Laune.“

Mit 18 Jahren bekam er eine Waffe in die Hand gedrückt. Er musste in den Gründungskrieg zwischen Israel und den arabischen Nachbarstaaten ziehen. Seine Einheit wurde befehligt von Jizchak Rabin, dem später ermordeten israelischen Ministerpräsidenten. In einem Gefecht, bei dem die meisten seiner Kameraden starben, fiel Shimon in Ohnmacht, überlebte nur mit viel Glück. „Wir mussten dieses kleine Land verteidigen“, sagt Eden heute über diese Zeit. Knapp, nüchtern. Eine Hemingway’sche Verklärung von Kampf und Männlichkeit würde ihm nie über die Lippen kommen. Er hat auch sonst kein politisches Sendungsbewusstsein, hält sich bis heute von jüdischen Organisationen fern.

Rolf Eden an der Front. "Wir mussten dieses kleine Land verteidigen"
Credit: Playboy Deutschland

Die Armeezeit prägte ihn in anderer Hinsicht: Eden wurde früh zum Mann. In seiner Einheit lernte er die Krankenschwester Dore kennen und zeugte mit ihr eine Tochter, heute 61, die immer noch in Israel lebt. Der Schriftsteller Yoram Kaniuk kämpfte damals an Edens Seite und erinnert sich: „Er wollte Frauen erobern und nicht über Krieg oder deutsch-jüdische Fragen diskutieren.“

Was ist ein Playboy, Herr Eden?

Rolf Eden wird nach Gunter Sachs Deutschlands bekanntester Lebemann. Im Kontrast zum kunstsinnigen, frankophilen Sachs gab Eden allerdings die derbe Volksausgabe: Er protzte mit seinen Eroberungen, redete laut und ständig über Sex. Er nahm auch jede kleine Filmrolle an, die ihm angeboten wurde. In den 60ern war das ein Gangster-Auftritt in „Das Testament des Dr. Mabuse“, später waren es meist Sex-Klamotten wie „Sonne, Sylt und kesse Krabben“.

Rolf Eden in seiner Wohnung in Berlin.
Credit: Imago

Was ist ein Playboy, Herr Eden? „Jemand, der sein Leben lebt, wie er will.“ Eden liebt ausnahmslos Blondinen. Ingrid Steeger, die er als Verkäuferin in einem Kaufhaus in Berlin-Wedding entdeckt hatte, riss sich zuerst für Eden die Bluse vom Leib, bevor sie mit „Klimbim“ die erste Sex-Comedy-Berühmtheit im deutschen Fernsehen wurde. Ein anderes Blond-Girl, die Münchnerin Uschi Buchfellner, landete mit 16 Jahren in der Berliner Eden-Welt – und 1979 als erste Deutsche nackt im US-Playboy.

Warum gibt es heute nur noch so wenige Playboys? „Weil sich kaum noch Männer trauen, das auszuleben.“ Waren Sie jemals mit einer Frau über 40 im Bett? „Nein ... oder doch. Ein einziges Mal.“ Dann erzählt er die Geschichte, wie ihn sein Vater einmal mit in den Puff nahm. Die ausgesuchte Dame sei alt, mütterlich und dicklich gewesen. „Die hat dann so an mir herumgefummelt, es war schrecklich.“

„Der Tod ist für mich keine dramatische Sache. Ich bin in keiner Weise religiös“ – Rolf Eden

Edens Vater starb mit Mitte 50 an Herzversagen. Wenige Jahre später kam seine Mutter bei einem Autounfall ums Leben. „Der Tod ist für mich keine dramatische Sache. Ich bin in keiner Weise religiös“, sagt Eden, „und bis es bei mir so weit ist, möchte ich mein Leben in vollen Zügen genießen.“ Es sei der Sex, der ihn jung und gesund halte: „Beim Sex wird alles ausgeschwitzt, was sich als Krankheit in den Körper fressen könnte.“

In dieser Nacht schaut Eden noch kurz in der „Paris Bar“ vorbei. Doch er entdeckt kein vertrautes Gesicht. Er bleibt nur kurz und trinkt einen Früchtetee. Dann fährt er heim. Zu Hause – das ist von außen ein wenig ansehnlicher Flachdach-Bungalow. Viel Beton und ein unbenutzter, wild umwucherter Pool. Es ist inzwischen 1.30 Uhr. „Brigitte ist sicher schon schlafen gegangen“, sagt Eden über seine aktuelle Herzensdame, mit der er seit vier Jahren zusammenwohnt. Sie ist Ende 20, selbstverständlich blond – „und bleibt abends am liebsten zu Hause“.

Eden mit seiner Freundin auf der AIDS Benefit Opera Gala, 2007.
Credit: Imago

Vier Jahre sind eine lange Zeit für den Mann, der sich früher sofort davongemacht hat, wenn die Frauen schwanger wurden oder bei ihm einziehen wollten. Seine erste längere Beziehung seit Jahren ist für Eden allerdings auch kein Hindernis, weiterhin Eroberungen von seinen Touren mitzubringen. „Manchmal kommt Brigitte dann noch dazu“, sagt Eden und bemüht sich um ein süffisantes Lächeln, „aber als ich noch alleine gewohnt habe, war es natürlich einfacher.“ Außerdem: „Auch ich muss inzwischen öfters eine Pause einlegen.

Es ist eine merkwürdige Welt, in der Rolf Eden lebt

Im April 2009 hatte Eden ein einschneidendes Erlebnis. Beim Gang in seinen Weinkeller rutschte er aus, stürzte und zog sich eine Kopfwunde zu. Er ging aber erst zum Arzt, als die Kopfschmerzen nicht nachließen. Das rettete ihm das Leben. Ein bedrohliches Gerinnsel hatte sich gebildet. Eden kam sofort unters Messer. Nach der OP baute er zusätzliche Lichter im Flur ein. – „Das passiert mir nicht noch einmal.“

Es ist eine merkwürdige Welt, in der Eden lebt. Eine Mischung aus Playboy-Devotionalienladen und dem verstaubenden Reich eines alten Trickkünstlers. Neben der Bar steht sein legendäres halb automatisches Klavier: „Während die Dame es sich auf dem Sofa bequem macht und mich noch am Piano vermutet, habe ich mich längst angeschlichen.“ Auf einer Kommode stehen Fotos von seinen Ex-Frauen, Kindern und jüdischen Verwandten.

Eines davon zeigt ihn Ende der 40er-Jahre, wie er die Krankenschwester Dore und einen Säugling im Arm hält, seine Tochter Irit. Ein glücklich aussehender Familienvater und die sentimentale Erinnerung an die Möglichkeit eines ganz anderen Lebens. Gleich daneben steht ein schrecklich kitschiger Flakon seines Eden-Dufts.

Ob denn im Alter eine späte Sehnsucht nach dem Land seiner Jugend erwacht sei? „Ich bin sehr gern in Israel, ja.“ Mit seinem älteren Bruder Gerd treffe er sich dann im „Eden Hotel“ in Haifa. Stundenlang reden sie dann über die Dinge, über die Rolf Eden in Berlin nie sprechen würde: die Familie, den Krieg, Alltagssorgen, die Hitze, Heimatgefühle. Oft wird es spät. Die Gäste schlafen dann längst. Doch auch an solchen Abenden bricht er noch auf, um ins nahe Tel Aviv zu fahren. In die Luxussuite seines Hotels.

Titelbild: IMAGO / Charles Yunck