Ali Michael trägt ein abgenutztes Marilyn Manson-Shirt, das durchlöchert ist wie ein Schweizer Käse. "Ich habe dieses T-Shirt damals mit nach Texas genommen", sagt sie und nimmt einen Schluck ihres Instant-Kaffees in ihrem SoHo-Appartment – ihr Morgenritual, um genug Kraft für den Tag zu tanken. "Meine Mum und ich wollten gerade aufbrechen, als sie meinte 'Sorry, kannst du dich bitte umziehen?"
Ali ist nunmal eine Frau, die zu zwei Welten gehört. Miss Juli ist die Tochter eines Mannes, der Waffen und eine Harley besitzt und ist damit aufgewachsen, Pferde in Fort Worth auszureiten. Heute lebt sie in Manhattan und ist ein erfolgreiches Laufsteg-Model, das seit zehn Jahren im Business ist.
"New York ist wie eine Sucht."
Ali nennt beide Welten ihr Zuhause. "Ich polarisiere. Ich höre Deftones und fühle mich von dunklen Dingen angezogen, bin aber mitten im Nirgendwo aufgewachsen und zu Walmart gegangen. Ich bin komisch, aber auch ganz normal." Diese Ungleichheiten zu vebinden gehört für die 26-Jährige zum Erwachsenwerden.
"In New York City zu wohnen ist wie eine Beziehung zu führen, in der man missbraucht wird. Ich fühle mich ausgebrannt. Dann ist es wichtig für mich, dahin zurück zu gehen, wo mein Herz wohnt, nach Texas. Keine Sirenen zu hören und den Himmel sehen zu können. In New York sieht man den Himmel nie. Aber dann denke ich mir 'Fuck, ich will zurück'. Es ist wie eine Sucht." Darin liegt seit einem Viertel ihres Lebens ihre Berufung. "Wie viele Leute in meinem Alter versuche ich mich erst noch zu finden, aber das ist okay für mich. Ich bin gern menschlich. Keiner weiß was zum Teufel er tut – und das ist total in Ordnung."
