Mo., 06.06.2016
Genuss

Mythos oder Wahrheit: Ist täglich ein Glas Rotwein gesund?

Seit Jahrzehnten liest oder hört man es immer wieder: Ein Glas Rotwein am Tag soll gesund sein. Aber stimmt das wirklich? Playboy ist dem auf den Grund gegangen.

Es gibt Dinge, an die will man einfach glauben. Zum Beispiel an die eine Traumfrau, der man einmal im Leben begegnet. Oder daran, dass der Herzensverein irgendwann doch noch Deutscher Meister wird (obwohl er, sagen wir, Bayer Leverkusen heißt). Oder – und besonders gerne – an folgenden Satz: Täglich ein Glas Rotwein ist gesund. Den Glauben an die zwei erstgenannten Beispiele wollen wir Ihnen nicht nehmen. Aber das mit dem Rotwein müssen wir mal kurz klarstellen – schließlich geht es hier um Ihre Gesundheit.

Ist Rotwein gesund? - der Mythos

Man hört oder liest es immer wieder: Ein Glas Rotwein am Tag ist gesund. Es habe einen schützenden Einfluss auf Herz und Gefäße, heißt es. Der Ursprung dieser These ist ein Artikel in dem Medizin-Fachmagazin „Lancet“ von 1979. Darin schrieben die Autoren, dass es einen Zusammenhang zwischen Alkoholkonsum und weniger Herzinfarkten gebe. In der Folge entstanden zahllose (vermeintlich) wissenschaftliche Studien und Artikel zu dem Thema, die letztlich immer wieder dasselbe propagierten: Ein Gläschen Rotwein am Tag ist gesund (mitunter wurde die segensreiche Wirkung auch anderen Alkoholika zugeschrieben: Weißwein, Bier, sogar Schnaps). Als Gründe für die positive gesundheitliche Wirkung des Rotweins wurden meist die zwei folgenden genannt: Zum einen wirkt sich Alkohol positiv auf den Cholesterinspiegel im Blut aus. Zum anderen beinhaltet insbesondere Rotwein sogenannte Polyphenole (sekundäre Pflanzenstoffe, die u.a. in der Schale von Trauben vorkommen), von denen einige (z.B. Resveratrol) antioxidative Eigenschaften haben und somit vorbeugend gegen Krebs und Herz-Kreislauf-Erkrankungen wirken können.

Ist Rotwein gesund? – Die Wahrheit (vermutlich)

Die Spielverderber, die uns 2005 schließlich (zumindest eines Teils) der schönen Illusion vom gesunden Alkohol-Konsum beraubten, kommen aus Neuseeland. In einer Analyse aktueller und älterer Studienergebnisse kamen Rod Jackson und seine Kollegen von der Universität Auckland zu dem Schluss, dass Alkohol auch in geringen bis mittleren Mengen keine gesundheitsfördernde Wirkung auf Herz und Gefäße hat. „Der positive Effekt, den geringer bis mittlerer Alkoholkonsum auf die Gefäße hat, ist sehr gering und entschädigt nicht für den negativen Effekt, den der Alkohol insgesamt hat“, so das Fazit von Jackson und seinen Kollegen. Im Klartext: Der positive Nutzen eines Glases Wein für Herz und Gefäße ist nie größer als der Schaden, den es anrichtet. Allerdings: Die gesundheitsfördernde Wirkung antioxidativer Polyphenole, die über den positiven Effekt auf Herz und Gefäße hinausgehen, sprechen Jackson und seine Kollegen in ihrer Analyse nicht an.

Ist Rotwein gesund? – Die Probleme bei den Studien

Die Tatsache, dass zahlreiche andere Wissenschaftler in ihren Studien eine eindeutig positive Wirkung kleinerer Mengen Alkohols auf die Gesundheit nachgewiesen haben, kommentieren Jackson und Kollegen mit einem Hinweis auf die bisweilen wenig wissenschaftliche Vorgehensweise diverser Kollegen bei deren Studien. So wurden beispielsweise beim Vergleich des Gesundheitszustandes von gemäßigten Alkoholkonsumenten und strikten Nichttrinkern bisweilen irrigerweise ehemalige Trinker – die wegen gesundheitlicher Probleme abstinent leben mussten – der Gruppe der Nicht-Trinker zugeordnet. Die Nicht-Trinker-Gruppe erschien dadurch im Durchschnitt ungesünder als sie tatsächlich gewesen wäre, hätte man die Ex-Trinker nicht mit einbezogen.

Ist Rotwein gesund? – Das Fazit

Aus medizinischer Sicht leben Sie nicht unbedingt gesünder, wenn Sie täglich ein Glas Rotwein trinken. Wenn es Sie aber glücklich macht, dann – und das ist eine gänzlich unmedizinische Empfehlung – trinken Sie es doch einfach trotzdem. Denn: Glücklich zu sein, wirkt sich auch positiv auf die Gesundheit aus. Aber vielleicht ist das auch nur eine dieser Wahrheiten, an die wir einfach gerne glauben wollen.

Titelbild: iStock