Playboy 2018/05
Magazin

Inhalt

AKTION

Gentlemen’s Weekend: Beehren Sie uns ein Traumwochenende lang im „Grand Hotel Heiligendamm“

UPDATE

First Lady: Eiza Gonzalez verführt uns als Vampirfürstin in der Serie „From Dusk Till Dawn“

Ein guter Monat für: Wahre Bierkenner, stilvolle Voyeure und Freunde der Hodenkralle

20 Fragen an . . . Latin-Lover Ricky Martin

Männerbar: Deutscher Rum – karibisch gut

Männerküche: Sonnig-saures Zitronenhuhn

Männerreisen: Auf dem Frachter um die Welt

Motor: Der Audi A7 Sportback

Stil: Zeit für den Frühling – die Uhren der Saison

Die Ralf-Husmann-Kolumne: Was Frauen wollen

STREITSCHRIFT

Frauen, bitte bleibt schön: Gegen die Gender Prediger, die jede Sexyness verteufeln

REPORTAGE

Baller, Mann! Ex-Soldaten bieten im Westjordanland Anti-Terror-Kurse als Urlaubsspaß an. Ein Ortsbesuch hart an der Geschmacksgrenze

INTERVIEW

Bill Murray: Hollywoods vielleicht lässigster Kerl über Donald Trump, seine Liebe zu gutem Essen und das Geheimnis seiner Entspanntheit

Julian Nagelsmann: Der Trainer-Star erklärt, wieso er ohne Peitsche auskommt, sich keinen Maulkorb verpassen lässt und vielleicht den falschen Job hat

MOTOR & TECHNIK

Die Schöne und das Biest: Mit Playmate Kennedy Summers im Cadillac CTS-V durch Los Angeles

Mein Schlitten & ich: Tobias Dücks bester Freund ist ein Land Rover Defender namens Helge

EROTIK

Playmate Katerina Giannoglou: In Südafrika präsentiert sie uns die ganze Schönheit der Natur

Blende Sechs: Im Spa mit den US-Models Taylor Bagley, Sydney Roper und Terra Jo Wallace

EMILIJA MIHAILOVA: Bei ihrem ersten DSDS-Auftritt brachte sie nicht nur Dieter Bohlen ins Schwitzen. Also taten wir, wovon jeder echte Fan träumt – und verabredeten uns mit ihr zu einer privaten Foto-Session

DIE PLAYBOY-GARAGE

Nobelschuppen: Die legendärsten Garagen

Gold auf Rädern: Auto-Klassiker als Investment

Pro & Contra: Heimwerken

Top-Tools: Die besten Werkzeuge für Männer

Playboy-Umfrage des Monats: Bohren, tapezieren, Häuser bauen: Was muss ein Mann können?

STIL

Mut zum Binder: Starke Hemd-Krawatten-Kombis

Frühjahrspflege: Feuchtigkeit für die Badesaison

LUST & LEBENSART

Ich und Sie: Eine Ode an die beste Freundin jeder Frau: die Vagina und ihre Geheimnisse

Tagebuch einer Verführerin: Warum Pannen im Bett besser sind als ihr Ruf

KULTUR-POOL

Wotan Wilke Möhring: Der Schauspieler über seine Partyjahre, #MeToo und Männlichkeit

Kino, Musik und Literatur: Das Beste des Monats

Mousse T.: Der„Sex Bomb“-Produzent über sein neues Album und das Rentenalter für DJs

STANDARDS
  • Editorial
  • Mitarbeiter
  • Leserbriefe
  • Berater
  • Witze
  • Cartoon
  • Impressum
  • Bezugsquellen
  • Playboy Classic
Di., 10.04.2018
Interviews

"Wenn eine Anfrage kommt, denkt man darüber nach"

So groß wie sein Talent ist auch sein Wille, sich treu zu bleiben. Das eine macht Leipzig-Coach Julian Nagelsmann für viele zum Wunderkind – das andere sorgt für Gegenwind. Wir sprachen mit dem Trainer, der nun Hansi Flick beim FC Bayern beerben soll, als dieser vor drei Jahren noch für die Mannschaft der TSG Hoffenheim verantwortlich war.

 

Fotos: Andreas Reeg

Das Trainingsgelände der TSG Hoffenheim am Rande des 2000-Einwohner-Dorfs Zuzenhausen. Julian Nagelsmann, 30, öffnet mit Schwung ein schweres Holztor und präsentiert – nicht ohne Stolz – seine Elektro-Motocross-Maschine. Damit heize er gern über die umliegenden Hügel, sagt er und bestätigt, was man schon geahnt hat: Entspanntes Sichzurücklehnen ist eher nicht so sein Ding. Bundesliga-Trainer mit 28, Champions-League-Coach mit 29, Bayern-Kandidat mit 30. Der Mann ist im Leben gern mit Tempo unterwegs. Legen wir also zügig los.

In der Kabine: du oder Sie?

Du.

In der Playlist: Motörhead oder Helene Fischer?

Eher Motörhead.

In der Freizeit: lieber ins „Schumann’s“ mit Guardiola oder in den Pub mit Klopp?

Das ist fies. Nix gegen Jürgen Klopp, aber lieber ins „Schumann’s“ mit Guardiola.

Im Fernsehen: Christian Ulmen oder Mario Barth?

Christian Ulmen. Vor ein paar Wochen habe ich angefangen, seine Serie „jerks.“ zu schauen. Meine Lebensgefährtin sagt immer, das kann man nicht anschauen, zu viel Fremdscham. Ich finde es genial.

In der Zukunft: Deutschland, Spanien, England?

Ich denke, Deutschland.

Im Zweifel: Risiko oder Nummer sicher?

Risiko.

Sie galten vielen ja als personifiziertes Risiko, als die TSG Sie 2016 mitten im Abstiegskampf zum jüngsten Trainer der Bundesliga-Geschichte machte. Waren Sie sicher, dass das gut gehen würde?

Ich war überzeugt, dass wir attraktiven Fußball spielen und erfolgreicher sein können, als wir es zuvor waren, sonst hätte ich es nicht gemacht. Es war ja auch für mich ein Risiko. Ich hatte vorher einen sicheren Job als Jugendtrainer. Der war zwar anders bezahlt, aber trotzdem gut bezahlt, und ich war sehr erfolgreich darin. Die U19 kam dreimal nacheinander ins Finale der Deutschen Meisterschaft.

Sie haben mal gesagt, Ihnen sei damals bewusst gewesen, dass Ihre erste Ansprache ans Team enorm wichtig sein würde. Wie haben Sie sie begonnen?

Ich habe mich erst mal vorgestellt und meinen Namen gesagt, weil ich nicht jedem ein Begriff war als Jugendtrainer. Und dann wollte ich ihnen vor allem klarmachen, dass es trotz all des Drucks im Abstiegskampf einfach ums Fußballspielen geht, um das, was sie als Kind draußen auf dem Bolzplatz machen wollten. Ich wollte ihnen zeigen, dass der Punkt „Freude am Beruf“ Priorität hat, trotz der Anspannung.

Ein Grundprinzip Ihrer Arbeit?

Ja. Der Nährboden, um sich zu entwickeln, ist immer eine erfolgsorientierte Komfortzone. Ein Mensch, der sich nicht gut fühlt in einer Gruppe, wird nie an seine Leistungsgrenze rankommen. Die Jungs müssen gern hier sein. Und irgendein schlauer Mensch hat mal gesagt: „Ernsthaftigkeit ist die Zuflucht derer, die nichts zu sagen haben.“ Wenn du die Spieler überzeugen kannst, wenn sie dir vertrauen, musst du nicht immer mit der Peitsche über den Platz laufen.

Wann werden Sie unangenehm?

Wenn meine ziemlich stark ausgeprägte Ungeduld gefüttert wird. Zum Beispiel, weil ich etwas zu oft wiederholen muss, das wir zur Genüge besprochen haben. Sehr unangenehm kann ich auch werden, wenn wir Dinge leichtfertig aus der Hand geben, weil die letzte Gier fehlt.

Die teuerste Strafe im Nagelmann’schen Strafenkatalog?

Weiß ich gar nicht. Aber die interessanteste ist vielleicht: Wenn wir im Training Pressing-Situationen üben und ein Spieler macht dreimal nicht richtig mit, dann muss er eine Strafe zahlen. Natürlich einen eher symbolischen Betrag.

Sehen Sie es als Teil Ihrer Aufgabe an, sich auch für das private Wohlergehen Ihrer Spieler zu interessieren?

Ich spreche sie immer darauf an, was privat los ist. Bei der Beurteilung der Leistung eines Spielers ist es wichtig, auch zu wissen, was abseits des Sports gerade passiert.

Geben Sie auch mal Hilfestellung, wenn es privat nicht so läuft?

Ich gebe Tipps. Aber immer ohne Anspruch auf Richtigkeit oder sofortige Umsetzung. Ich bin ja selbst nicht so viel älter als meine Spieler, aber privat habe ich schon ein bisschen was erlebt. Und diese Erfahrungen teile ich gern. Ob das hilfreich für ihn ist, kann jeder Spieler dann selbst entscheiden.

Sie hatten mit 20 Jahren eine extrem schwierige Phase in Ihrem Leben. Aus Verletzungsgründen mussten Sie den Traum von der eigenen Profi-Karriere aufgeben. Kurz darauf starb Ihr Vater. Würden Sie über diese Zeit im Rückblick sagen: „Da bin ich erwachsen geworden.“?

Es war eine brutal harte Zeit. Die beiden Ereignisse lagen vielleicht fünf Monate auseinander. Ich hätte das natürlich lieber nicht erlebt, aber, so traurig das war, es hat mich weitergebracht als Mensch.

Wer oder was hat Ihnen damals geholfen in der Zeit?

Die Familie, Freunde, natürlich meine Lebensgefährtin, mit der ich damals schon zusammen war. Aber ich habe auch viel mit mir selbst ausgemacht. Ich erinnere mich, dass ich zu der Zeit viel mit dem Auto unterwegs war zu Trainingseinheiten und da viel Zeit hatte zum Nachdenken. Und ich habe dann für mich entschieden: Wenn es als Profi nicht klappt, will ich etwas anderes im Fußball machen und darin erfolgreich sein. Mein Vater hatte so viel in mich investiert, all die Trainingsfahrten, die ganze Unterstützung. Ich wollte, dass das Früchte trägt. Auch wenn er es nicht mehr miterlebt.

Sie sind nun seit etwas mehr als zwei Jahren Bundesliga-Trainer und haben eine turbulente Zeit hinter sich. Sie führten Hoffenheim in die Champions League, wurden bald als Trainer-Wunderkind gehandelt und für Ihr selbstbewusstes Auftreten abseits des Platzes hoch gelobt. Zuletzt mussten Sie aber zunehmend auch Kritik einstecken. Was wissen Sie heute über das Trainerleben, das Sie gern schon zum Amtsantritt gewusst hätten?

Ich wusste das auch damals schon, aber vor allem eines ist mir noch mal bewusster geworden: Im Fußball wird immer wieder der Ruf nach sogenannten Typen laut, die eine eigene Meinung haben und klare Aussagen treffen. Wer das aber tut, bekommt von den gleichen Leuten, die das gefordert haben, früher oder später eins auf den Deckel. Damit muss man lernen umzugehen.

Für besonders viel Wirbel hat Ihre Aussage vergangenen September gesorgt, dass der FC Bayern in Ihren Träumen „schon eine größere Rolle spielt“ . . .

Ja. Dabei war das eine total lose Aussage. Ich wurde nach meinen Träumen für die Zukunft gefragt und habe darauf ehrlich geantwortet. Es ist ganz normal und menschlich, nach dem maximal Möglichen zu streben, und wahrscheinlich denken 14 von 18 Erstliga-Trainern ähnlich. Aber die Aussage wurde aus dem Zusammenhang gerissen und als Bewerbung für 2018 oder 2019 interpretiert. Dabei hatte es null zeitlichen Bezug. Deshalb finde ich die Aussage nach wie vor nicht schlimm.

Supertalent im Bälleparadies
Credit: Andreas Reeg
Julian Nagelsmann vergnügt sich in Hoffenheims Hightech- Trainingskäfig „Footbonaut“.
Credit: Andreas Reeg
In der Anlage schulen die TSG-Profis ihre Handlungs- und Entscheidungsschnelligkeit.
Credit: Andreas Reeg
Fähigkeiten, die bei Nagelsmann selbst üppig ausgeprägt sind
Credit: Andreas Reeg
Als Jugendlicher spielte Nagelsmann bei 1860 München. Verletzungen verhinderten eine Profi-Karriere
Credit: Andreas Reeg

All den Spekulationen über einen Wechsel von Ihnen nach München oder Dortmund sind die Verantwortlichen in Hoffenheim kürzlich mit der Aussage entgegengetreten, dass Sie definitiv bis 2019 bleiben müssen. Eine unbefriedigende Situation für Sie?

Nein. Ich habe den Vertrag bis 2021, inklusive einer Ausstiegsklausel für 2019, mit der Idee unterschrieben, hier zu bleiben. Auf jeden Fall bis 2019. Wenn dann kein Verein, der für mich interessant ist, die Option zieht, bleibe ich auch bis 2021. Wenn eine Anfrage kommt, denkt man natürlich darüber nach. Und man darf bei alldem nicht vergessen: Ich bin 30 und Trainer in der Bundesliga. Und da ist Hoffenheim nicht die schlechteste Adresse.

Mal überlegt, im Stile eines Aubameyang in den Streik zu treten?

Es wird niemals so sein bei mir, dass etwas im Krieg auseinandergeht. Das ist nicht meine Art.

„Wenn ich nicht sagen darf, was ich möchte, ist das nicht mehr der richtige Beruf für mich.“

Auch nicht Ihre Art ist es offenbar, Leuten etwas vorzuspielen. Sie haben kürzlich gesagt, dass Sie lieber Skilehrer werden würden, als sich für den Trainerjob extrem zu verstellen. Weil Sie einfach charakterlich so gestrickt sind?

Natürlich muss man sich ein bisschen anpassen. Aber wenn der Tag kommt, an dem ich nicht mehr sagen darf, was ich möchte, dann ist das nicht mehr der richtige Beruf für mich. Wenn ich etwas gefragt werde, dann möchte ich sagen dürfen, was ich denke. In solchen Situationen immer zu antworten, dazu sage ich nichts, entspricht nicht meiner Auffassung vom Menschsein und von meiner Rolle.

Wie sieht diese Auffassung aus?

Ich denke, als Person des öffentlichen Lebens hat man auch eine gewisse soziale Verantwortung. Und da sehe ich meine Rolle nicht darin, immer die Klappe zu halten und zu sagen, das sollen andere beantworten. Das ist ja das große Problem, auch wenn es um das Thema Politik in Deutschland geht: Es wird immer viel herumgemäkelt an dem, was die Politik tut. Aber wenn man fragt: Was ist Ihr Lösungsvorschlag? Dann heißt es: Da müssen Sie die Politiker fragen. Ich finde es wichtig, eine eigene Haltung zu gesellschaftlichen Fragen zu haben und diese auch zu äußern.

Sie haben seit Kindheitstagen ein leistungsorientiertes Leben geführt, waren als Jugendlicher in den Akademien großer Vereine, haben dann irrsinnig schnell als Trainer Karriere gemacht. Haben Sie im Rückblick das Gefühl, auch etwas verpasst zu haben?

Ja, das habe ich. Leistungssport ist extrem zeitaufwendig. Da verlierst du viel von deiner Jugend. Ich bin von der Schule direkt in den Zug, nach München zum Training, dann heim, essen und ins Bett. Ich hatte eigentlich keine Freizeit. Auch später dann, dieses Studentenleben, dass man einfach für sechs Monate irgendwo hingeht, vielleicht Surfen lernt, das hatte ich nie. Und das fehlt mir schon.

Bereuen Sie, dass Sie sich diese Zeit nie genommen haben?

Nein. Ich bin glücklich über den Weg, den ich eingeschlagen habe. Und ich glaube, dass ich mit 45 auch noch aufs Surfbrett steigen kann. Das kriege ich hin.

Können Sie sich vorstellen, dem Fußball dann komplett den Rücken zu kehren?

Ja, die Frage ist natürlich immer: Wie sieht es finanziell aus? Aber wenn ich es mir erlauben kann, ist es mein Traum, mit 40, 50 noch einmal etwas anderes zu machen in meinem Leben, als nur am Fußballplatz zu stehen.

Wie finden Sie Abstand vom Fußball und so etwas wie Ruhe?

Das ist schwer in diesem Beruf. Und noch mal schwerer, wenn man Papa ist und da ein kleiner Mensch daheim ist, der dich, völlig zu Recht natürlich, einnimmt. Um wirklich Ruhe zu finden, muss ich schon wirklich ins Outback. Selbst wenn. ich am Arlberg zum Snowboarden bin und Maske und Helm aufhabe, erkennen mich die Leute. Keine Ahnung, woran. Und so richtig frei bist du dann einfach nicht. Du kannst dich nicht einfach hinsetzen und einen Jagertee bestellen.

Wo sind Sie richtig frei?

Wenn ich irgendwo in die Alpen gehe, richtig in die Berge, mit einem Zelt oder so. Oder auf eine Hütte mit Freunden. Ich entspanne am besten beim Sport: Wandern, Snowboarden, Skitouren. Ich bin nicht so der Relaxer. Drei Wochen Malediven würden mich eher umbringen als erholen.

Sollte Ihr dreijähriger Sohn irgendwann sagen: „Papa, ich will Fußball-Profi werden“, was würden Sie nach all Ihren Erfahrungen in diesem Geschäft antworten?

Darf er sehr gern probieren. Ich glaube, dass es sehr schwer ist und mit sehr vielen Enttäuschungen verbunden sein kann. Aber ich würde ihn nicht abhalten.

Welchen Rat würden Sie ihm mit auf den Weg geben?

Schnell ein dickes Fell zu entwickeln. Und sich früh einen engen Freundeskreis aufzubauen, der über das Leben hinweg sehr ähnlich bleibt und mit dem Profi-Fußball nichts zu tun hat.

 

Das Interview ist in der Mai-Ausgabe 2018 erschienen.

Titelbild: Andreas Reeg