Rap-Star Sido
Sido ist mit seinen 20 Jahren Erfahrung ein alter Hase im Rap-Business.

Inhalt

UPDATE

First Lady: Kalender-Schönheit Sophia Thomalla

Ein guter Monat für: Fotografie-Kenner und Sportfans

Playboy-Umfrage des Monats: Wer ist Deutschlands Mann des Jahres 2022?

25 Fragen an . . . Sido

Reise: Fünf Winterziele für jeden Typ

Helge-Timmerberg-Kolumne: Der Zeitgeist und ich

Männerküche: Ein paar Festtagsideen mit Stern aus dem Berliner Restaurant „Nobelhart & Schmutzig“

Pro & Contra: Böllern an Silvester

Motor: Der Elektro-„Bulli“ VW ID. Buzz im Test

AKTION

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INTERVIEW

H.P. Baxxter: Der Scooter-Frontmann über Mascara, Midlife-Crisis und wie er mit Kritik umgeht

REPORTAGE

Patient St. Pauli: Wie geht es Deutschlands größtem Vergnüngungsviertel in Zeiten von Corona und Internet-Sex? Unser Reporter sucht Antworten auf der Reeperbahn

MOTOR & TECHNIK

Porsche 911 GT3 RS: Der aggressivste und dynamischste 911er aller Zeiten im Renntest in Silverstone

Mein Schlitten: Robert Präßler und sein Wartburg 353 76

Streitschrift

Feminismus ist keine Mode: Wenn Firmen und Institutionen mit Fem-Washing ihr Image polieren, wird das politische Ideal zum schlechten Scherz

EROTIK

Playmate: Unsere Miss Januar, Sharina van der Vliet, strebt in die Modeindustrie. Uns zeigt sie sich mit wenig und ganz ohne Textilien

LEBENSART

Gipfel-Abenteuer: Der Moderator Achim Bogdahn lässt sich von Ski-Star Felix Neureuther auf der Zugspitze zum Äußersten motivieren

Geschenke-Guide: Worüber Männer sich freuen und was Frauen zu Weihnachten wirklich wollen

LUST

Sex-Trends 2023: Was legt uns das neue Jahr ins Bett? Mehr Single-Frauen, neue Orte und ein paar bislang unbekannte Liebesspielarten

Tagebuch einer Verführerin: Sophie Andresky über Männer mit Geld und echte Sexyness

STIL

Männerwerkzeuge: Tools für Typen, die sich zu pflegen verstehen

KULTUR

James Cameron: Wie der einstige Lkw-Fahrer zum Kino-Großmeister wurde und warum sein „Avatar  – The Way of Water“ ein Kino-Großereignis wird

Literatur, Musik & Film: Das Beste des Monats

TITELSTRECKE

Vor James-Bond-Kulisse in Sölden eröffnen unsere Schönsten mit scharfen Schüssen den Wahlkampf: Wer wird Playmate des Jahres? 

STANDARDS
  • Editorial
  • Making-of
  • Leserbriefe
  • Berater
  • Witze
  • Cartoon
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  • Bezugsquellen
  • Playboy Classic
Do., 08.12.2022
Interviews

„Gehetzt, getrieben, gejagt. So kommt mir mein ganzes Leben vor“

Morgen erscheint Sidos neues Album, das heißt wie er selbst mit Vornamen – „Paul“. Im Interview erzählt der Rap-Star, was dieser Paul alles hinter sich hat: Einsamkeit, Drogensucht, ein Leben ohne Vater, die Suche nach Männlichkeit und einen musikalischen Wandel.

Grau melierter Bart statt Totenkopfmaske: Auch nach über 20 Jahren im Musik-Business zählt Sido (bürgerlich Paul Hartmut Würdig), geboren 1980 in Ost-Berlin, zu den erfolgreichsten Rappern Deutschlands. Unzählige Preise, Hits und ausverkaufte Arenen sprechen für sich. Genauso auch seine Erfahrungen mit Ups and Downs, wie der Rapper nicht nur in seinem neuen Album, sondern auch hier im Interview erzählt.

Sido, Ihr neues Album „Paul“ ist harter Tobak. Es handelt unter anderem von Einsamkeit, Schmerz und Sucht. Warum teilen Sie so persönliche Dinge mit der Öffentlichkeit?

Ich glaube, dass es Leuten hilft, das Album zu hören. Es könnte vielen Leuten ähnlich gehen wie mir.

Inwiefern ähnlich?

Ich habe eine Drogenentzugstherapie gemacht. Und mir hat die Gruppentherapie besonders viel geholfen. Ich habe mich in den Geschichten der anderen wiedererkannt und dadurch nicht mehr so einsam gefühlt. Das Gefühl kann ich mit diesem Album auch bei anderen Leuten auslösen.

Was war der Auslöser für Sie, so eine Entzugstherapie zu machen?

Freunde. Ich habe Anrufe mit weinenden Stimmen bekommen. Die haben gesagt: „Kümmer dich, wir wollen nicht, dass du stirbst.“ Dann hat mich meine Ex-Frau bei einer Klinik angemeldet und mich hingefahren.

Wie kam es zu Ihrer Drogensucht?

Ich war geschieden und habe mich mit sehr vielen Frauen getroffen. Ich habe mich sexuell ausgelebt ohne Ende, und dann kamen immer mehr Drogen ins Spiel. Die Damen hatten oft Drogen dabei – das war dann auch Teil vom Sex. Und irgendwann ging es nur noch ums High- und Druffsein, das wurde dann sehr exzessiv. Warum das aber so exzessiv wurde, ist mir auch erst später klar geworden.

Und warum?

Ich hatte so einen Zwist in mir zwischen Sido und Paul. Da ist so ein 20-Jähriger in mir, der aufgehört hat zu existieren. Ich war für jeden Sido und musste immer Sido sein. Das hat mich als Privatperson sehr einsam gemacht. Ich habe mich unverstanden und ungesehen gefühlt. Das wurde dann mein Problem. Das sehr Zerrissene, das zeigt das Cover auch.

Sido im Playboy-Interview: „Gehetzt, getrieben, gejagt. So kommt mir mein ganzes Leben vor“

In „Atmen“, dem ersten Track auf dem Album, heißt es: „41 Jahre da, und die Tage war’n wie Atmen unter Wasser.“ Das klingt so, als sei Ihr ganzes Leben ziemlich düster verlaufen.

Was ich damit meine, ist dieses richtig entspannte Durchatmen, das ich nie hatte. Immer dieses Hecheln. Gehetzt, getrieben, gejagt. So kommt mir mein ganzes Leben vor. Ich wusste einfach nicht, was da in mir rumschwirrt. Dafür brauchte ich die letzten zwei Jahre. So schwer die auch waren. Die haben mir die Augen geöffnet. Wäre das nicht passiert, ich weiß nicht, wie lange ich das noch gemacht hätte. Mein Körper war auch sehr kaputt.

In „Monde“ rappen Sie: „Ich komm überall rein, nur nicht ins Reine.“ Wie sieht es jetzt aus, sind Sie mit sich im Reinen?

Ich arbeite daran. Das geht jetzt besser, weil ich weiß, wohin ich möchte. Ich weiß jetzt, dass diese Löcher kommen werden. Damit weiß ich jetzt besser umzugehen, als mich abzuschießen. 

Was genau meinen Sie mit Löchern?

Nach Konzerten werde ich immer in ein Loch fallen und denken: Die haben jetzt aber nicht mich gefeiert. Da standen 14.000 Leute vor der Bühne, die alle Sido toll fanden und nicht Paul. Wo bleibe ich da jetzt? Vielleicht wird es auch irgendwann gut für mich sein, weil es eine Abgrenzung zu meinem Privatleben ist. Im Moment gibt es aber mein Privatleben nicht. Das ist alles eins.

Was wäre Ihr Ratschlag an junge Künstler – wie kann man vermeiden, in so ein Loch zu fallen?

Ich glaube, wenn du alles richtig machst, kommst du irgendwann an den Punkt. Es wird nicht ausbleiben. Dann hoffe ich aber, dass du das nicht für immer mit dir rumschleppst. Kritisch ist es dann, wenn es in der Karriere nicht mehr läuft und es dir schlecht geht, weil du nur das hast und nur das bist. Wenn sich keiner mehr für Sido interessieren würde, dann wäre ich nichts mehr. Dabei wäre es schön, wenn es dann Paul gäbe, der glücklich und zufrieden ist und ein Leben hat. 

Was spielt der Freundes- und Bekanntenkreis für eine Rolle? Fängt der einen nicht auf?

Freunde und Verwandte sehen halt auch alle Sido in mir. Sie erwarten Sido und seine Stärke. Diese Erwartungshaltung macht einsam. Ich vergleiche das immer mit meinen Freunden, die Comedians sind. Egal, was sie sagen – die Leute lachen. Weil sie erwarten, dass als Nächstes ein Witz kommt. Das muss auch wahnsinnig einsam machen. Und so sehe ich das bei mir auch. 

In „Versager“ geht es um die Beziehung zu Ihrem Vater. Darum, dass er nie für Sie da war. Inwiefern spüren Sie seine Abwesenheit noch heute?

Ich habe das mein Leben lang abgetan. Gedacht, es stört mich nicht und dass ich keinen Vater brauche. Meine Mutter hat immer schon gesagt: „Junge, da ist was in dir.“ Ich dachte immer, sie will mir das einreden. Den Satz „Du bist ein Versager“, so wie er im Song vorkommt, konnte er nie zu mir sagen, weil er nie da war. Er hat mir das aber gezeigt, indem er abwesend war. Indem er sich an meinem Geburtstag nicht gemeldet hat. Das hieß für mich als kleinen Jungen: Ich bin es nicht mal wert, dass mein Vater mich anruft. Ich bin wertlos. Mit diesem Gedanken geht man dann durchs Leben. Und eine Sache, die mir fehlt, ist mein Vorbild für Männlichkeit. Ich bin von Frauen umgeben groß geworden. Ich hatte nur meinen Opa, der aber auch eher als Pantoffelheld verschrien war. An meinem Bild von Männlichkeit arbeite ich bis heute. Ich suche danach. 

Sido im Playboy-Interview: „Wenn Männer die Macht oder das Sagen bekommen, nutzen sie es oft aus“

Das heißt, was Männlichkeit für Sie bedeutet, können Sie nicht sagen?

Nee. Ich halte mich schon für angemessen männlich, aber ich arbeite immer noch daran, alles richtig zu machen. Auch nicht über Grenzen zu gehen. Wenn Männer die Macht oder das Sagen bekommen, nutzen sie es oft aus. Das ist ein großes Problem. Da die Balance zu finden wird wahrscheinlich immer ein Thema für mich bleiben. 

Ist das Verhalten Ihres Vater ein Mahnmal im Umgang mit Ihren Kindern für Sie? 

Ich wollte immer anders sein als mein Vater, aber das hat bisher nicht funktioniert. Ich arbeite daran, dass es nicht komplett so wird, aber meine Idealvorstellungen habe ich jetzt schon nicht geschafft. 

Was sind denn Ihre Idealvorstellungen?

Eine Familie. Mutter, Vater. Kind. Immer fürei­nander da sein. Ich hatte jetzt schon vier Anläufe. Also mit drei Frauen, vier Anläufe – und das hat nicht funktioniert. 

Viele Menschen, gerade die, die Sie nicht verfolgen, bringen Sie noch immer mit Skandalen und Provokationen in Verbindung. Wie denken Sie heute darüber?

Alles jut. Es gehört alles dazu.

Wie viel von dem Sido von damals steckt heute noch in Ihnen?

Die Neugierde. Ich bin schon sehr wissbegierig und interessiere mich auch viel für Quatsch, der keinen anderen interessiert. Ich muss aber nicht mehr provozieren mit meiner Musik. Ich muss keine Aufmerksamkeit mehr erheischen durch meine Texte. Das Roughe, dieses Stilmittel brauche ich heute nicht mehr. Die Aufmerksamkeit ist ja da – mitunter sogar zu viel für mich und mein Gehirn. 

Früher machten Sie Straßen-Rap, trugen eine Totenkopfmaske, heute landen Sie Hits mit Mark Forster oder Andreas Bourani. Sie und Ihre Musik sind gut gealtert. Steckt da eine Strategie dahinter?

Nein, mein Anspruch an Musik. Ich will angemessene Musik machen. Eine, die zu mir passt und hinter der ich stehen kann. 

Sie äußern sich häufig zur Rap-Szene in Deutschland. Was denken Sie, wie entwickelt sie sich zurzeit?

Ich glaube, dass man satt ist vom Gehaltlosen. Aktuell will man wieder was gesagt bekommen und über Textzeilen länger nachdenken. 

Muss ein Rapper nicht vor allem live gut performen?

So was musst du lernen. Corona hat jetzt auch noch reingefickt. Manche Leute sind kurz vor Corona berühmt geworden und hatten nie die Möglichkeit, ein Konzert zu spielen und das zu üben. Dann verkaufen sie 10.000 Tickets, haben aber keine Erfahrung. Die guten Leute haben das von der Pike auf gelernt. Die sind auch vor zehn Leuten aufgetreten. Mussten vielleicht mal ein Konzert absagen, weil keiner kam. Ich probe immer noch wie ein Schwein, überlasse nichts dem Zufall. 

Sido im Playboy-Interview: „Die Medien haben Rap gar nicht als Musik wahrgenommen“

Sie haben auch ab und an den Umgang der Medien mit Rap kritisiert …

Das Gute ist, dass es heute viele Leute gibt, die mit Rap groß geworden sind. Sie nehmen das ernster und verschreien das nicht. Noch vor ein paar Jahren gab es Leute, die mit Rap überhaupt nichts zu tun hatten, aber trotzdem ihre Positionen vertreten haben. Sie haben das gar nicht als Musik wahrgenommen und fanden das lächerlich. Aber das hat sich durch die Leute geändert, die mitgewachsen sind. 

Ich habe gehört, dass Sie auch schon für den einen oder anderen Schlagerstar einen Songtext geschrieben haben. Für wen?

Ich habe für Beatrice Egli ’nen Song geschrieben. Und für Marie Reim. 

Wie schaffen Sie es, von Rap auf Schlager umzu­switchen?

Ich weiß nicht, ob ich das sagen sollte (lacht), aber ich schreib das immer mit ’nem Lächeln im Gesicht. Mit so ’nem: Wow – krass, dass ich den Satz jetzt schreibe. Es ist halt ’ne eigene Kunst, so eine Musik zu machen. Es gibt da ’ne ganz eigene Wortwahl, einen eigenen Rhythmus. Mir macht’s Spaß, es geht mir leicht von der Hand – und ich find’s ein bisschen lustig. 

Egal ob mit oder ohne Totenkopfmaske: Ab dem 24. Oktober 2023 geht Sido mit „Paul - Live mit dir 2023“ auf Tour.
Egal ob mit oder ohne Totenkopfmaske: Ab dem 24. Oktober 2023 geht Sido mit „Paul - Live mit dir 2023“ auf Tour.
Credit: 360°

Mit „Liebst du mich“ oder „Mit dir“ gibt es auch Lovesongs auf Ihrem Album. Sind diese an eine bestimmte Person gerichtet?

„Liebst du mich“ richtet sich an alle Personen, die ich liebe. Ich verliebe mich schnell. Und ich liebe meine Freunde so stark, wie ich auch ’ne Frau lieben kann. Es ist eine andere Art von Beziehung, aber dieselbe Art von Liebe. Und „Mit dir“ ist meine Betriebsanleitung für eine Frau, die Interesse an mir hat. Der Beipackzettel, wenn du mich kaufst. 

Was macht Frauen für Sie attraktiv?

Eine gewisse Art, sich zu bewegen, zu stehen. Ich mag auch diese Kurve überm Hintern. Sehr roter Lippenstift zum Beispiel, das macht Frauen für mich sehr attraktiv und sexy. Ansonsten ein gewisses Selbstbewusstsein. Einen bestimmten Typ habe ich nicht – groß, klein, dick, dünn. Ich habe kein Idealbild, es ist eher die Art.

Haben Sie noch einen Beziehungstipp für unsere Leser? 

Eine Beziehung sollte 50 : 50 sein. Man muss Kompromisse eingehen oder gucken, dass man auf bestimmte Dinge verzichtet. Oft ist es so, dass die Männer mehr fordern als die Frauen. Und die Frauen sind oft bereit, alles zu geben. Ich gehe davon aus, dass viele Beziehungskrisen von Männern ausgehen. Männer sollten nach Hause kommen und direkt neben das Schlüsselbrett ihre Eier hängen. Wenn sie rausgehen, können sie die dann wieder mitnehmen. Das ist ein wohlgemeinter Rat.

Titelbild: Vitali Gelwich