So., 09.04.2017
Sex & Lust

10 Dinge, mit denen Hef das Denken über Sex verändert hat

Am 09. April 17 feierte Hugh M. Hefner seinen 91. Geburtstag. Nach Adam Riese heißt das, dass Hef seit mehr als zwei Dritteln seines Lebens die Rolle des einzig wahren Mr Playboy gelebt hat, nachdem er im Dezember 1953 im Alter von nur 27 Jahren das Magazin gründete. Kurze Zeit später erschuf er daraus ein globales Imperium, das heute für vieles berühmt ist: Für seine Nachtclubs, ein Musikfestival, die Playboy Mansion(s), mehrere TV-Shows, das einzigartigen Bunnykostüm und das "Rabbit Head"-Logo, das auf der ganzen Welt als Zeichen des guten Lebens bekannt ist. All das floss mit ein in die Revolution des Denkens über Sex, in Amerika und der westlichen Welt. Parallel zu historischen Moment wie der Publikation des "Kinsey Reports", der Entwicklung der Pille und der finanziellen Unabhängigkeit der Frauen in der Nachkriegsära, half Hef eine sexuelle Revolution in den 50er und 60er Jahren zu entfachen.

Heute steht Playboy als Synonym für das Wort Sex, ähnlich wie Hef selbst. Aber mehr noch als nur Grenzen zu verschieben und Knöpfe in den berühmten Fotostrecken zu öffnen, hat Hef sich selbst weiterentwickelt. In anspruchsvollen Gesprächen über Sex auf den verschiedensten Ebenen, von unserem Recht auf Privatsphäre bis zu unserem Recht, unsere körperliche Lust ohne Scham zu erforschen. An jeder Stelle hat Hef dies bewerkstelligt, ohne dafür Humor, Freude und Unterhaltung zu opfern. Getreu dem Eröffnunfstexts der ersten Ausgabe: "Wir erwarten nicht irgendwelche Probleme der Welt zu lösen oder große moralische Wahrheiten zu finden. Wenn wir es schaffen, dem (amerikanischen) Mann ein paar Extra-Lacher und ein kleines bisschen Ablenkung von den Ängsten des atomaren Zeitalters zu geben, werden wir uns in unserer Existenz bestätigt fühlen."

Zu sagen, Hef habe mehr geschafft als das, ist eine Untertreibung. Heute, wenn Hef seinen 91. feiert, möchten wir die 10 größten Momente vorstellen, in denen Hef unser Denken über Sex änderte. Von der Erschaffung einer neuen Fantasie in Form des "Mädchens von nebenan", über die Spannung, die Playboy-Hefte seines Vaters zu finden, bis hin zum Streit mit der US-Regierung - Es wird wohl niemals einen zweiten seiner Art geben, keine revolutionäre, sexuelle Ikone, die so provokativ ist wie Hef. Happy Birthday, Mr Playboy.

1. Heft macht das Mädchen von nebenan zum Sexsymbol

Als Hef die erste Ausgabe des Playboy veröffentlichte, die Marilyn Monroe als erstes "Sweetheart of the Month" auf dem Titel zeigte, war diese bereits ein Hollywood-Star und in mehr als einem Dutzend Filmen aufgetreten, unter anderem im Oscar-prämierten "Alles über Eva". Während es keine bessere Frau für das erste Playboy-Cover gab, war Hef bald von der Idee überzeugt, gewöhnliche Frauen ins Rampenlicht zu stellen. Daraus resultierte die Schwärmerei des Playboy und dem Mädchen von nebenan. Die erste ihrer Art war Janet Pilgrim, eine Mitarbeiterin aus der Abo-Abteilung des Playboy.

Der Legende nach willigte Janet Pilgrim ein Miss Juli 1955 zu werden, wenn sie im Gegenzug neue Büroausstattung zu bekommen. (Die Besonderheit ihrer Bilderstrecke ist die Anwesenheit Hefners im Hintergrund.) Egal ob Anwältin, Ärztin, Surferin oder Reiterin, Hef hat lange den Sexappeal von sexy, selbstbewussten, intelligenten Frauen gefeiert, die keine Angst davor haben, sich ihrer Sexualität nach Feierabend bewusst zu sein.

2. Hef erinnert uns daran, dass Lesen sexy ist

Wem wollen Sie etwas vormachen? Jeder liest den Playboy wegen der Artikel! Seit 63 Jahren bringt Playboy wichtige Literatur der legendärsten Schriftsteller mit kunstvollen Nacktaufnahmen von wunderschönen Frauen wie Kate Moss, Marilyn Monroe, Pamela Anderson und Bo Derek zusammen. Irgendwie hat Hef einen Weg gefunden, beides gleichermaßen faszinierend wirken zu lassen. Neben der fiktiven Literatur, wie der Vorstellung von James Bond und Stücken von Ray Bradbury, Jack Kerouac und Kurt Vonnegut, beruht die literarische Reputation des Playboy auf scharfsinnigen Cartoons von Harvey Kurtzman, Jules Feiffer und Shel Silverstein. Und nicht zu vergessen sind Playboy Interviews mit Martin Luther King Jr., Malcolm X, John Lennon und Jimmy Carter.

Die langanhaltende Ehe dieser zwei Kontraste ist nur eine von vielen Facetten, die Hef zum Visionär machten. Wo bekommt man diese Mischung sonst zu sehen?

3. Hef spielte eine Rolle im Abtreibungs-Prozess "Roe gegen Wade"

Mit Hilfe der Playboy Foundation hat Hef zahlreiche Rechtsstreitigkeiten unterstützt, wie beispielsweise den Fall Cotner gegen Henry. Dieser richtete sich gegen Indianas Sodomie-Gesetz, nachdem ein Mann für drei Jahre ins Gefängnis gehen musste, wenn er Analverkehr mit seiner Frau ausübte. Aber die vielleicht bemerkenswertesten Fälle sind die, die zu einem der meist diskutierten Entscheidungen des Supreme Court führten. "Wir waren der amicus curiae im Fall Roe gegen Wade,” so Hefner, “Das ist ein Teil der Geschichte, den nur wenige kennen.”

Im Jahr 1971, beantragte Norma McCorvey (“Jane Roe”) ein Gerichtsverfahren gegen den Staatsanwalt von Dallas County (Henry Wade). Darin beanstandete sie, dass das texanische Gesetz, dass Abtreibung kriminalisierte, ihr konstitutionelles Recht auf Privatsphäre verletze. Zu dieser Zeit waren Abtreibungen in der Mehrheit der US-amerikanischen Staaten verboten oder streng reguliert und nur dann zulässig, wenn die Abtreibung das für das Überleben der Mutter notwendig war. In dem heute berühmt-berüchtigten Fall sagte Roe aus, dass ihr Leben zwar nicht in Gefahr stünde, sie aber das Recht habe ihre Schwangerschaft in einem sicheren, medizinischen Umfeld abzubrechen. Das Gericht entschied im Jahr 1973 mit 7 zu 2, dass das Gesetz gegen die US-Verfassung verstoße. Diese Entscheidung wurde - und wird auch heute noch - als einer der wichtigsten Siege der Frauenrechtsbewegung angesehen.

4. Wir sollten über das Bunnykostüm reden!

Der Komiker Derek Waters schrieb 2015 in The Drunk History of Playboy: “Hefs größte Heldentat war es wohl, einen Hasen sexy wirken zu lassen. Du musst ein Genie sein um ein Nagetier anzusehen und dabei zu denken 'Weißt du, es ist schon irgendwie sexy. Die Augen, Beine, Nase und Füße nicht so sehr... aber diese Ohren und der Schwanz sind verdammt sexy. Gekauft!"

Gut getroffen. Ursprünglich als Outfit für den Playboy Club entworfen, entwickelte sich das Bunny-Kostüm seitdem zu einem internationalen Symbol für Sex, Vergnügen und das gute Leben. Es hat sogar einen Platz im Smithsonian Institut als "echte nationale Kostbarkeit" erhalten. Außerdem ist es die einzige Service-Bekleidung, die ein US-Patent erhielt.

Trivia: Das Original-Kostüm existierte in zehn verschiedenen Farben und hatte noch keine Manchetten und Krägen, diese kamen erst 1962 dazu. Seitdem wurde es von Designer Roberto Cavalli neu gedacht, sowie von Paris Hilton, Dolly Parton, Barbara Walters, Reneé Zellweger und Star Wars-Legende Carrie Fisher getragen — nicht zu vergessen die tausenden Frauen jedes Jahr an Halloween. Im Anschluss erfand Hef natürlich noch die männliche Variante davon bekannt: Seidenpyjamas. Ganz ehrlich, wenn wir diese Liste auf nur einen Eintrag limitiert hätten, wäre dies unser Gewinner gewesen: Hasen sexy zu machen ohne sich in die Zoophilie zu verirren.

5. Ein Name: Pamela Anderson
Seien wir ehrlich: Hätte die Welt ohne Playboy jemals Pamela Anderson kennengelernt? Vielleicht — wir glauben, ihre Schönheit ist so übernatürlich, dass irgendjemand sie früher oder später entdeckt hätte. Doch als Hef Pamela fragt, ob sie in den Playboy möchte, war die 22-jährige Kanadierin nur ein Mädchen mit dem Traum Vancouver Islands zu verlassen. Rekordverdächtige 14 Cover später, hat Pamela Anderson die Rolle der blonden Sexbombe neu definiert, von ihren Rollen in Baywatch und Hör' mal wer da hämmert! bis zu ihrem Engagement für Tiere.

2016 sprach Pamela mit James Franco über ihre unerwartete Popularität: "Ich wollte nie in diese Industrie. Ich dachte nicht daran, dass diese Möglichkeit für mich existiert. Aber ich schätze, ich bin ganz gut damit gefahren, mich einfach treiben zu lassen. Und dann hat die Arbeit nie aufgehört." Während der Erfolg natürlich vollkommen Pamela selbst und ihrerer lebhaften Art und süchtig machenden Persönlichkeit zuzuschreiben ist, müssen wir aber auch dem Mann danken, der den Funken als erstes gesehen hat.

6. Der Moment, als Hef ein Männermagazin in eine politische Bewegung verwandelte
Hef rief 1965 die Playboy Foundation, das Wohltätigkeitsprogramm des Playboy, ins Leben, um die Prinzipien der Freiheit und Demokratie zu verfolgen, fortzusetzen und zu promoten. Das geschah zwei Jahre nachdem Hef in Chicago festgenommen wurde, weil er obszönes Material veröffentlicht hatte. Die Stiftung hat für zahlreiche, wertvolle Zwecke gespendet, unter anderem der Gentest-Forschung, Brustkrebs-Forschung, der Forschung menschlicher Sexualität und zivilrechtlichen Prozessen, wie oben bereits genannt. Seitdem hat die Playboy Foundation mehr als 20 Millionen US-Dollar gespendet, alle mit einem gemeinsamen Ziel: Die Rechte des einzelnen in einer freien Gesellschaft zu schützen. Wenn das nicht sexy ist!

7. Darine Stern bekommt ihr eigenes Playboy-Cover
Im Oktober 1971, 18 Jahre nach dem Start des Playboy, definierte Hef den Standard der "Mainstream-Schönheit" neu, als er dem Afro-Amerikanerin Darine Stern ihr eigenes Cover gab. Dieses heute ikonische Bild, zeigt Stern verführerisch posierend auf einem Stuhl im Hasen-Design. Es war zur Zeit seiner Erscheinung kontrovers, da Nacktaufnahmen von schwarzen Frauen, lediglich für ein schwarzes Publikum gedacht waren. Und so war es das erste mal, dass eine schwarze Frau alleine auf einem Cover zu sehen war. Playboy zeigte bereits vorher zwei schwarze Playmates, Jennifer Jackson als Miss März 1965 und Jean Bel als Miss Oktober 1969. 2005 bezeichnete die American Society of Magazine Editors das Cover als eines der wichtigsten Magazintitel der vergangenen 40 Jahre.

8. Wir müssen über Marge Simpson reden, oder?

Um das 20-jährige Bestehen der Simpsons zu feiern, zeigte Hef Marge Simpson auf dem Cover der November-Ausgabe 2009, sowie auf einer fünfseitigen Fotostrecke. Somit wurde sie der erste Comic-Charakter (und erstes blauhaariges Model), dem diese Ehre zuteil kam. Dieser ironische Schachzug war nicht nur unerwartet, weil Marge fiktiv ist, sondern weil die Figur in zwei Jahrzehnten im Fernsehen stets als zurückhaltende Frau dargestellt wurde. Für das Interview sendeten Playboy-Redakteure ihre Fragen an Matt Groening und das Simpsons-Autorenteam, um die Strecke namens "The Devil in Marge Simpson", so authentisch wie möglich werden zu lassen. Auf dem Cover posiert Marge exakt wie Diane Stern, als Verweis auf deren ikonischen und bahnbrechenden Status. Hef über die Ausgabe: "Marge Simpson ist das typischste 'Mädchen von Nebenan', das unsere Herzen vor 20 Jahren gestohlen hat und sie seitdem gefangen hält. Wir waren hocherfreut zu erfahren, dass sie die Seiten unseres Magazins zieren möchte. Ihre Bilder sind wirklich atemberaubend."

9. Hef veröffentlicht The Crooked Man
Im August 1955 veröffentlichte Hef die Geschichte The Crooked Man, von Sci-Fi-Autor Charles Beaumont. Der Plot: Ein Mann namens Jesse muss seine Heterosexualität in einer Gegengesellschaft verbergen, in der jeder homosexuell ist. Heterosexualität steht unter Strafe. Man muss sich nur das politische Klima zu jener Zeit vorstellen, um zu verstehen, warum die Veröffentlichung von The Crooked Man, dazu noch in einem Männermagazin, so wichtig und kontrovers war.

Vor 1962 war Sodomie, egal welcher Art, in jedem Staat der USA verboten und machte so Homosexuelle zu Verbrechern. Schwulen war es selbstverständlich verwehrt, im Militär zu dienen und durften öffentlich diskriminiert werden

Der sogenannte "Lavender scare", eine regelrechte Hexenjagd auf Schwule in der McCarthy-Ära, war auf ihrem Höhepunkt angekommen. Schwulen- & Lesben-Bars im Untergrund wurden von Polizeirazzien heimgesucht und Homosexuelle wurden hinters Licht geführt und verhaftet. Einen fiktiven Text abzudrucken, der Heterosexuelle zu einer unterdrückten Minderheit macht, sorgte da natürlich für Aufsehen. Als langzeitiger Verfechter der LGBT-Bewegung sagt Hef folgendes: “Wenn es falsch ist, Heterosexuelle in einer homosexuellen Gesellschaft zu verfolgen, dann ist das umgekehrte genauso falsch."

10. Hef bekämpfte William Buckley in seiner Playboy Philosophie

Zur Zeit der Gründung des Playboy waren progressive Meinungen über Sex, außerhalb von traditionellen heterosexuellen und monogamen Beziehungen praktisch nicht existent. Dann kam Hefs Playboy Philosophy im Dezember 1962. Die 25-teilige Serie, beinhaltet 160 Seiten Essays und wurde über vier Jahre veröffentlicht. Sie griff das Fundament der sexuellen und sozialen Werte und Vorschriften an, von der Scheidung, Geschlechtskrankheiten und Empfängnisverhütung bis hin zu Feminismus und gerichtlich beschlossener Obszönität. Die in seiner Philosophie vertretenen Ansichten brachten Hef in die Sendung Firing Line, in der er über das Christentum und sexuelle Sitten mit dem Konservativen William F. Buckley Jr. debattierte. " Die Playboy Philisophy ist eine Antwort auf den puritanischen Teil unserer Kultur.", so Hef. "Erhebliche technologische Errungenschaften haben uns die Möglichkeit gegeben, Sex in einem neuen Kontext zu betrachten, der überhaupt nicht im Zusammenhang mit der Fortpflanzung steht. Diese Suche nach neuen moralischen Werten, basierend auf mehr als nur sturen Regeln, die vor Jahrzehnten festgelegt wurden, ist etwas, das nur gutes hervorbringen kann."

Bis zum heutigen Tag bezeichnen Hef viele als Entfacher der amerikanischen Sex-Revolution in der Mitte des letzten Jahrhunderts. Und egal auf welcher Seite der Debatte man steht, niemand kann verleugnen, welchen Einfluss sein aufgeschlossener Ansatz hatte: Männer und Frauen sind sich ihrer Sexualität bewusst, anstatt sich dafür zu schämen.

Der ultimative Lackmustest, um zu sehen wie weit wir gekommen sind — und wie weit wir noch gehen müssen? Nehmen sie sich einen Playboy und irgendein anderes Magazin, legen Sie sie beide auf ihren Tisch und beobachten Sie, welches Heft ihr Gast als erstes in die Hand nimmt. Wir wetten, es kommt zu einigen angeregten Gesprächen über Sex, mit welchem Ergebnis auch immer.

Von Bobby Box und Shane Michael Singh, übersetzt von David Goller.

Titelbild: Playboy Deutschland