Star-Fotograf Rankin
Di., 30.05.2023
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„Das Blöde an Handykameras ist, dass es dadurch noch mehr beschissene Fotografen gibt“

Rankin zählt nicht nur zu den renommiertesten Fotografen unserer Zeit, sondern wohl auch zu den unterhaltsamsten. Das stellte er bei der Eröffnung seiner Ausstellung „Zeitsprünge“ im Ernst Leitz Museum in Wetzlar nun unter Beweis. Dort erzählte der Brite unter anderem, was er über Social Media, Künstliche Intelligenz und Topmodel Heidi Klum denkt …

Das Ernst Leitz Museum in Wetzlar zeigt noch bis zum 27. September 2023 die Ausstellung „Rankin: Zeitsprünge“ – und präsentiert hier sowohl einige der berühmtesten Werke des britischen Star-Fotografen als auch noch völlig unbekannte Fotografien. Rankin, der in Deutschland vor allem durch seine Auftritte bei „Germany's Next Topmodel“ einem breiten Publikum bekannt wurde, ließ es sich nicht nehmen, zur Ausstellungs-Eröffnung höchstpersönlich durch die Galerie zu führen. Hier gab der Künstler auch Einblicke in Leben und sein Schaffen.

Star-Fotograf Rankin über seine Motivation, Ideen und Shooting-Abläufe

Viele seiner Motive sind weltberühmt. Aber wie schafft Rankin es, solche zu kreieren? „Ich zwinge oder dränge ein Model nicht dazu, meine Ideen umzusetzen. Ich will, dass sich die Person wohl am Set fühlt. Denn je besser die Beziehung zwischen Subjekt und Kamera ist, desto besser ist das Bild“, so Rankin. Seine Aufgabe bestünde dann darin, rüberzubringen, was er in dem Model sieht. Er dazu: „Mein Weg ist nicht der beste, aber es ist meiner.“

Rankins Anspruch an sich selbst hat es jedoch in sich. Auf die Frage, mit welcher Motivation er an Shootings herangeht, antwortet er: „Mein Anspruch ist der, ein Bild zu machen, das für immer bleibt. Das Beste, das je von einer Person gemacht wurde. Ich halte die Kamera in der Hand und versuche nicht, den richtigen Moment einzufangen – ich will ihn kreieren. Ich bin ein Macher von Bildern.“

Star-Fotograf Rankin über sein Foto-Shooting mit Queen Elizabeth II

Ob David Bowie, Kate Moss oder Madonna – Rankin hat bereits mit einigen Mega-Stars zusammengearbeitet. Wenn er jedoch über sein Fotoshooting mit Queen Elizabeth II spricht, scheint ihn das noch immer in Aufregung zu versetzen. Als einer von zehn Fotografen hatte er die Ehre, ein Bild der Queen anlässlich ihres goldenen Thronjubiläums im Jahr 2002 einzureichen. „Ich war sehr überrascht davon, dass ich angefragt wurde, das Foto zu machen. Ich komme aus Schottland und bin absolut kein Monarchist. Aber wenn du darum gebeten wirst, die berühmteste Person der Welt zu fotografieren, ergreifst du die Chance natürlich.“

Für das Fotoshooting selbst hatte er lediglich fünf Minuten Zeit. Die erste Begegnung mit der Queen im Buckingham Palace beschreibt Rankin folgendermaßen: „Als sie mit ihrer Entourage an Security auf mich zukam, lachte sie. Und da wusste ich: Ich will, dass sie auf meinem Foto lacht.“ Weiter: „Obwohl sie so eine kleine, zierliche Frau war, strahlte sie unglaubliche Macht aus.“ Später, so sei ihm laut Gerüchten zu Ohren gekommen, wurde ihm mitgeteilt, dass sein Foto eines der Lieblings-Portraits der Queen gewesen sei.

Star-Fotograf Rankin über die Auswahl seiner Models

„Wenn ich ein Model caste, achte ich zuallererst auf die Persönlichkeit. Dann auf das Verhalten, die Einstellung. Ich habe schon genug Models erlebt, die sauer waren, wenn sie nicht mindestens 10.000 Pfund für ein Shooting bekommen. Am drittwichtigsten ist mir dann die Optik“, so der Brite.

Star-Fotograf Rankin über sein Verhältnis zu Heidi Klum

In der Ausstellung „Zeitsprünge“ kommt auch Heidi Klum vor: oberkörperfrei, mit einem frechen Lachen und emporgestrecktem Mittelfinger. Rankin über das inzwischen ikonische Foto: „Das war das erste Mal, dass ich Heidi begegnet bin. Das Bild ist 20 Jahre alt und – verdammt nochmal – sie sieht einfach noch immer so heiß aus. Blöd für mich, denn ich tue das nicht.“

An das Shooting selbst scheint er sich noch immer gut erinnern zu können: „Ich war damals sehr aufgeregt, denn ich fand schon immer, dass sie ein fantastisches Model ist. Während des Shootings wollte sie immer mehr Fotos machen und konnte kein Ende finden. In der Hinsicht ähneln wir uns sehr. Wir haben uns gegenseitig mit Ideen übertroffen.“ Gleichzeitig war das Shooting der Beginn einer engen Freundschaft. Die einzige, die er zu einem Promi pflegt. Wie das zustande kam? „Sie hat mich immer wieder für Shootings angefragt. Eine Zeit lang habe von zwölf Monaten drei mit ihr zusammengearbeitet. Eigentlich sollte ich eine Plakette in meinem Haus anbringen, auf der steht: Dieses Haus habe ich Heidi zu verdanken.“

Dass er seit Jahren in der TV-Show „Germany's Next Topmodel“ mitwirkt, sei ein Freundschaftsdienst, so Rankin. „Ich mag ihre TV-Show. Sie ist herrlich realitätsfremd und wahnsinnig lustig. Deutschland ist übrigens das einzige Land, in dem ich erkannt werde. Ich liebe GNTM.“

Wow! Diese Motiv schoss Rankin 2003 für die italienische GQ
Wow! Diese Motiv schoss Rankin 2003 für die italienische GQ
Credit: Rankin

Star-Fotograf Rankin über Handys, Social Media und Künstliche Intelligenz

Rankin, und das spürte man während man seiner Führung durch die Ausstellung „Zeitsprünge“, ist niemand, der mit seiner Meinung hinter dem Berg hält. Besonders deutlich äußerte er sie über Social Media: „Social Media hat die Demokratie zerstört und treibt die Spaltung zwischen Menschen voran. Ich glaube, es ist das Schlimmste ist, was Menschen seit 200 Jahre passiert ist. Abgesehen von künstlicher Intelligenz. Sie ist die Schlimmste aller Erfindungen.“

Was genau er damit meint? „Das Problem mit Künstlicher Intelligenz ist, dass es scheiß Fotografen gut aussehen lässt. Sie lassen die Künstliche Intelligenz Dinge machen, die sie selbst nie geschafft hätten. Und dann behaupten sie, es wäre ihr Bild. Aber nein, das ist es verdammt nochmal nicht. Damit schaden sie wirklich guten Fotografen, Fotografen wie mir.“ Und obwohl er selbst auch gerne mit der Kamera seiner Handys Bilder macht, erkennt er auch hier ein Problem für wahre Künstler: „Das blöde an Handykameras ist, dass es dadurch noch mehr beschissene Fotografen gibt.

Star-Fotograf Rankin über Print-Medien

„Ich liebe Print. Wenn du ein Magazin, ein Buch oder ein Poster kreierst, bringst du es in die Realität. Du fängst ein, wie du sie gesehen und wahrgenommen hast. Wenn du dir Print in 20 Jahren anguckst, macht man eine Zeitreise. Man versteht, wie der Künstler damals dachte und wie er seine Gedanken kommunizieren wollte. Das Digitale ist dagegen bedeutungslos.  Wo sind diese blöden Websites aus den 90ern? Die gibt es nicht mehr! Sie wurden neu designt, sind verschwunden.“

Star-Fotograf Rankin über Nachwuchs-Fotografen

Auf die Frage, ob Rankin einen Tipp für alle jene habe, die als Fotografen durchstarten wollen, antwortet der Brite: „Gebt auf (lacht). Nein, im Ernst: In der Zukunft kann Fotografie lediglich ein Hobby sein. Es sei denn, du bist sehr berühmt und hast bereits einen Ruf. Die Künstliche Intelligenz wird einen wahnsinnigen Einfluss darauf haben, was wir machen. Man sollte auf jeden Fall einen Plan B haben, ein Backup.“

Star-Fotograf Rankin über Akt-Fotografie

Einige seiner berühmtesten Werke sind Akt-Fotografien, doch in letzter Zeit macht Rankin kaum noch welche. Eine bewusste Entscheidung, wie der Fotograf während der Führung verrät: „Es gibt einfach zu viele Meinungen und Ansichten zu Themen wie Geschlecht und Geschlechtsidentitäten. Die Diskussion ist wahnsinnig aufgeladen. Du wirst angegriffen, sobald du eine Meinung äußerst. Es ist, als würdest du einen Raum betreten, in dem Leute sich anschreien und streiten. Und das würde ich ja auch nicht freiwillig tun. Zumal ich dazu keine Meinung habe.“

Titelbild: Rankin