Die The BossHoss Frontmänner auf der Bühne
Di., 08.08.2023
Interviews

„Live sind wir echt eine Maschine!“

Nicht nur die Musik ist es, für die Alec Völkel und Sascha Vollmer brennen – ihre Live-Auftritte sind das, was „The BossHoss“ seit Band-Gründung ausmacht. Auch mit ihrem neuen Album „Electric Horsemen“ touren die Cowboy-Rocker ab dem 15. September durch Deutschland. Wer dabei sein will, kann hier mit etwas Glück Karten für eine Stadt seiner Wahl abstauben – und wer die The-BossHoss-Frontrocker davor erst noch besser kennenlernen will, hier weiterlesen …

Herr Vollmer, Herr Völkel Ihr neues Album sowie Ihre Tour, auf der Sie sich gerade befinden, heißen „Electric Horsemen“. Ein Film mit Robert Redford von 1979 heißt ganz ähnlich. Zufall?

Sascha Vollmer: Das ist kein Zufall. Wir sind die Cowboys. Wir sind die Horsemen. Und wir bringen den Menschen Energie.

Alec Völkel: Ich fand das Film-Cover fancy, den Titel einfach griffig. Elektrisch geladen sein, der Rock’n’Roll-Charakter, das passt total zu uns. Das drückt Kraft aus! Mit unseren Songs auf die Bühne zu gehen, das ist unser Leben, das ist unser Motor. Und wer BossHoss kennt, weiß auch, dass das unsere Stärke ist und dass wir live echt eine Maschine sind.

Haben Sie auch ihren Musikstil etwas verändert? Ist er elektronischer?

Völkel: Wir hätten nicht gedacht, dass das so viele Leute in die Irre führt (lacht). Wir wurden nun schon oft gefragt, ob wir jetzt in die EDM-Richtung gehen. Beim Titel des Albums geht es aber eher ums Energielevel.

Vollmer: Das Album heißt ja nicht „Electronic Horsemen“, sondern electric. Und unter Strom stehen wir schon: Wir arbeiten mit Verstärkern, E-Gitarren und E-Bässen. Bei der Tour wird einiges vom neuen Album dabei sein, aber natürlich spielen auch wir die älteren Hits. Es wird ein Best-of der letzten 20 Jahre. Da jagt ein Hit den nächsten.

„Electric Horsemen“ ist das zehnte Album, das Sie herausgebracht haben. Tun Sie sich schwer, immer neue Ideen zu sammeln?

Vollmer: Im Gegenteil! Mit den Jahren kommen immer mehr Einflüsse und Eindrücke hinzu. Der Tellerrand über den wird blicken, wird immer größer.

Sie würden also sagen, die Musik geht Ihnen nun leichter von der Hand?

Völkel: Manche Sachen fliegen einem zu, manche muss man sich erarbeiten. Aber natürlich hat man mit den Jahren eine gewisse Erfahrung. Eine, die uns zum Beispiel gelehrt hat, dass man an bestimmten Stellen nicht verzweifeln muss.

Vollmer: Gewisse Abläufe und Prozesse werden einfach gelernt über die Jahre. Wir sind eingegrooved, haben ein beständiges musikalisches Umfeld, unser eigenes Studio, all das Equipment. Aber klar: Es gibt Songs, die flutschen, andere eben nicht.

Sie beide sind durch The BossHoss erst im Erwachsenalter berühmt geworden. Denken Sie, das ist besser so?

Völkel: Na, klar! Ich denke, das hat sehr viele Vorteile. Man kann es viel besser genießen und wertschätzen. Wir hatten die 30 gerade geknackt und den Traum, mit einer Band durchzustarten, eigentlich auf Eis gelegt. BossHoss ist ohne die Intention entstanden, eine erfolgreiche Band zu werden. Wir waren völlig frei im Kopf. Außerdem hat man keine Flausen mehr im Kopf. 

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Haben Sie eigentlich Groupies?

Völkel: Wir haben schon viel gefeiert! Groupies sind eher so ein Klischee – bei uns haben sie zumindest nicht am Bus Schlange gestanden (lacht).

Vollmer: Als wir gemerkt haben, dass unsere Musik, unser Thema ankommt, haben wir alles auf eine Karte gesetzt. Gerade am Anfang waren wir daher viel unterwegs und sehr wenig zuhause. Damals hatten wir aber auch noch keine Familien (lacht).

Was sagen Sie zu den Vorwürfen, mit denen sich Rammstein-Sänger Till Lindemann aktuell konfrontiert sieht?

Völkel: Ganz schwieriges Thema! Irgendwie haben sich alle daran abgearbeitet. Ich finde, man sollte sich nicht in etwas einmischen, wenn man nicht weiß, was da gelaufen ist. Ansonsten ist für uns klar, dass man sich vernünftig verhält. Fans sind das A und O. Ohne die ist man als Musiker nichts. Das zelebrieren wir, aber immer auf einer respektvollen Ebene.

Auch, wenn Sie nun schon seit über 20 Jahren im Business sind: Begleitet Sie die Angst, irgendwann einmal nicht mehr erfolgreich zu sein, trotzdem?

Vollmer: Angst ist vielleicht das falsche Wort. Aber wir haben uns total dran gewöhnt. Es macht uns alles riesigen Spaß, und wir wollen natürlich schon, dass es auch so weitergeht. Wir haben keine großen Ziele – wir wären einfach happy, wenn es so bleibt. Wir können stolz auf unsere 20 Jahre im Business sein! Wir haben viele Künstler kommen und gehen sehen in dieser Zeit.

Party, gute Laune, Freiheit – all das sind Dinge, die man mit Ihrer Musik assoziiert. Lassen Sie schwere und politische Themen bewusst außen vor?

Vollmer: Durchaus. Natürlich sind wir privat politisch interessierte Menschen, haben unsere Sorgen und Ängste. Aber wir sehen unsere Aufgabe nicht darin, den Finger in die Wunde zu legen. Wir wollen, dass die Menschen ihre Sorgen ausblenden können, wenn sie unsere Musik hören oder auf unsere Konzerte kommen.

Im Song „Nice But No“ dagegen gibt es schon eine deutliche Message. Er kritisiert das Musikgeschäft …

Völkel: Was der Song meint, ist, dass die Mainstream-Radiosender, die im Endeffekt entscheiden, wie erfolgreich Musik ist, wenig Wert auf Individualität und Vielfalt legen. Es ist alles sehr gleichförmig. Wenn man erfolgreich sein will, passt man sich an. Wir haben aber gelernt, dass das der falsche Weg ist.

Vollmer: Wir sind mit unserem Genre generell außen vor. Aber wenn man etwas für die Ewigkeit schaffen möchte, muss man anders sein als andere. Sonst verschwindet man im Einheitsbrei. Wenn wir alles so gemacht hätten, wie es uns die Industrie teilweise diktiert, würden wir nicht 20 Jahre am Markt sein.

Wie stehen Sie zu Streaming?

Völkel: Es bietet auf der einen Seite die Möglichkeit, Musik einfach zu veröffentlichen. Auch als Musiker ohne Label. Andererseits gibt es ein Wahnsinns-Überangebot. Reinzukommen ist leicht, rauszustechen schwer. Und dass der Algorithmus Dinge bestimmt, ist auch schwierig. Wenn man einen Song released und der in den ersten Tagen nicht gewisse Klickzahlen draufhat, kommt man nicht in die Playlists rein, rutscht nicht weiter nach vorne. Das ist nicht gerade förderlich für die Vielfalt. Außerdem ist das ein Deal, der zwischen den Plattenfirmen und den Streamingdiensten gemacht wurde. Es machen sich alle die Taschen voll, nur die Künstler nicht. 

Vollmer: Es geht auch nur noch um Songs, nicht mehr um Alben. Früher hat man als Band ein Gesamtkunstwerk rausbringen können. Die Leute haben es zuhause durchgehört, hatten zwar ihre Lieblingssongs, aber haben sie selbst entdeckt.

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Apropos Gesamtkunstwerk: Können Sie als Cowboys eigentlich reiten?

Völkel: Nicht wirklich! Ich kann auf dem Pferd sitzen, vielleicht einen Spazierritt machen, aber für mehr reicht es nicht. Wir sind schon eher die Großstadt-Cowboys. Schwingen uns eher auf die Harley oder in die Muscle-Cars (lacht).

Sind Harleys und Muscle-Cars in Zeiten, in denen sich Menschen für den Umweltschutz auf die Straße kleben, ein Aufreger?

Vollmer: Kritisiert werden wir eigentlich nicht. Uns ist total bewusst, dass sich vieles ändern muss und dass wir auch unseren Teil dazu beitragen müssen. Wenn wir aber dreimal im Jahr unser Muscle-Car aus der Garage holen, machen wir dadurch nichts schlechter. Das ist ein Kulturgut, das seine Berechtigung hat.

Völkel: Es gibt auch einfach den Unterschied zwischen der Kunstwelt und dem ganz privaten Leben. Genauso wenig wie wir beim Interview gerade einen Cowboyhut tragen, fahren wir den ganzen Tag mit einem Dieselmotor durch die Gegend. Wir führen vernünftige Leben und überzeichnen in unseren Musikvideos natürlich etwas. Wir leben gerade in einer schwierigen Zeit bezüglich vieler gesellschaftlicher Themen. Die Gemüter sind erhitzt. Das ist natürlich normal in einer gewissen Umbruchszeit. Aber es ist dennoch schade, dass man sich gegenseitig so arg angeht. Es gilt immer noch: Leben und leben lassen. Die großen Probleme der Welt spielen sich nicht am Motorrad vom Nachbarn ab.

Darf man sich Ihrer Meinung eigentlich als Cowboy und Indianer verkleiden?

Völkel: Dürfen? Klar! Nur, ob es allen gefällt, ist die Frage. Ich finde, dass man das Fass zu weit aufmacht, wenn man davon spricht, dass Kinder sich beim Fasching nicht als Indianer verkleiden dürfen. Von mir aus können sie das tun. Ich glaube, es geht eher darum, dass man zuhause darüber spricht, was das historisch eigentlich bedeutet. Es geht um Respekt, Kulturverständnis. Das Thema wird sehr verkürzt an manchen Punkten.

Vollmer: Vor allem darf man keine Einzelfälle rausziehen. Winnetou beispielsweise steht für Respekt, Toleranz, Frieden, Freiheit, Freundschaft und Ehre. Diese Kunstfigur kann also durchaus Vorbild sein. Nun stammt er in der Erzählung nun mal vom Stamm der Apachen – und dass geschichtlich nicht alles richtig lief, ist auch klar. Hier muss man aufklären!

Völkel: Absolut. Ich finde auch, dass viele Dinge heute an Problemen festgemacht werden, statt sich die verbindenden Elemente anzuschauen. Die Freundschaft zwischen Winnetou und Old Shatterhand ist ja ein Paradebeispiel dafür, dass man Grenzen überwinden und über Kulturklischees hinwegsehen kann. Wenn es darum geht, dass alles geschichtlich sauber sein muss, darf man gar keine Filme mehr gucken.

Sie sind kürzlich auf unserer „Playmate des Jahres“-Verleihung aufgetreten. Was gefällt Ihnen am Playboy?

Völkel: Der Playboy ist Kult. Seit wir denken können, gibt es ihn schon. Es geht viel um Ästhetik, um schöne Fotografie. Und ich finde, dass das nichts mit unangebrachter Sexualisierung zu tun hat. Man kann die Weiblichkeit ruhig feiern.

Vollmer: Wir sind bekennende Männer. So, wie man sie sich vorstellt (lacht). Alles, was Männern Spaß macht, habt ihr im Heft abgebildet. Und damit meine ich nicht die nackten Frauen, sondern auch Themen wie Motorsport, Zigarren, Whisky, Musik. Und auch in diesen Zeiten kann man sagen: Ihr seid zwar ein Männermagazin, aber es gibt durchaus viele Frauen, die sich auf Eurer Bühne frei entfalten können.


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Titelbild: Pascal Buenning