Di., 10.05.2016
Berater

Was tun bei Nachbarschaftsstreit?

Und wieder klingelt es an der Tür, weil dem Nachbarn Ihre Musik zu laut ist, ihr Hund zu oft frei Schnauze bellt oder die Kinder umhertollen? Es gibt viele Gründe für einen Nachbarschaftsstreit. Und viele Wege, den Nachbarn in die Schranken zu weisen. Oder sind Sie der Genervte? Wir geben Hilfestellungen für beide Seiten der Wohnungswand.

Tür an Tür, Zimmer an Zimmer – 85 Prozent der Deutschen können ihre direkten Nachbarn durch die Wohnungstrennwände und –decken hören. Das zeigten die Ergebnisse einer Online-Umfrage des "Umweltbundesamtes für Mensch und Umwelt". 60 Prozent der Befragten fühlen sich vom Lärm des Nachbarn sogar gestört oder beeinträchtigt. So die Praxis. Die Theorie sieht eigentlich anderes vor: Der "Deutsche Mieterverbund" spricht davon, dass Mieter in einem Mehrfamilienhaus Anspruch auf größtmögliche Ruhe haben. Was tun, wenn die Realität von der Theorie abweicht und einen Nachbarschaftsstreit entfacht?

Tipp 1 bei Nachbarschaftsstreit: Schreien ist Silber, Reden ist Gold

Da die Erfolgschancen bei einer Klage in den meisten Fällen nicht vielversprechend sind, sollte der genervte Nachbar seinen lauten Nachbarn zunächst in einem Gespräch auf die Ruhezeiten hinweisen. Oftmals ist sich der lärmende Nachbar gar nicht darüber bewusst, dass seine Musik, die Gespräche mit dem Besuch oder der Lärm der Kids durch die Wände dröhnt. Deshalb heißt es – auch wenn Sie genervt sind: Ruhe bewahren! Lassen Sie Ihren inneren Löwen im Käfig und versuchen Sie ruhig und sachlich mit dem Nachbarn zu reden. Übeltäter als auch Kläger sollten sich gegenseitig geduldig zuhören. Das Ziel soll schließlich eine gütige Einigung sein!

Tipp 2 bei Nachbarschaftsstreit: Ruhe bewahren – vor allem in den Ruhezeiten

Die Ruhezeiten sind leider unanfechtbare Ruhezeiten. Und das tagtäglich von 22 bis 6 Uhr. In dieser Zeitspanne ist lautes Musikhören, Bohren oder sonstiger Lärm verboten. Je nach Hausordnung und Wohnort gibt es auch noch Mittagsruhe. Und sonntags sowie an Feiertagen ist sowieso Ruhe angesagt. Das bedeutet: Musik und andere elektronischen Lärmmacher und auch der Besuch müssen auf Zimmerlautstärke gedreht werden. Zimmerlautstärke bedeutet nach einer Definition des Landgerichts Berlin, dass auch laute Geräusche außerhalb einer abgeschlossenen Wohnung, insbesondere in den Räumen oberhalb oder unterhalb der Geräuschquelle, nicht mehr oder zumindest kaum noch wahrnehmbar sind. Halten Sie sich an diese Zeiten: Sonst ist das bei einem bereits entfachten Nachbarschaftsstreit, wie Öl in die Flammen zu gießen! Doch was ist mit dem Hund und den lärmenden Kindern? Nun, da muss der Nachbar leider durch. Und hat rechtlich auch keinerlei Chancen gegen diesen Lärm anzugehen.

Tipp 3 bei Nachbarschaftsstreit: technische Spielereien für wenig Geld

Ist man selbst der Übeltäter, kann man sich – dem Nachbarn, dem Nachbarschaftsstreit und den eigenen Nerven zuliebe – mit technischen Spielereien Abhilfe schaffen. Bass, der durch den Boden dröhnt, lässt sich durch sogenannte Schall-Absorber abschwächen. Diese sind nichts anderes wie kleine Gummi-Füßchen, die einfach unter die Musikboxen gelegt werden und so die Schwingungen der Boxen abfedern. Eine ähnliche Wirkung erzielt ein Styroporzuschnitt, der unter die Stellfläche der Box gelegt wird. Auch ein Teppich kann dabei helfen, sowohl Musikanlage und Fernseher, als auch stampfende Kinderfüße abzudämpfen. Ebenso eine Lösung können Schallabsorber in Form von Platten, Mobiles oder Deckenkörpern sein. Sie helfen den Schall im Raum aufzufangen. Und natürlich nicht zu vergessen: Auch Erziehung kann bei lärmenden Kindern und Hunden helfen – falls Sie auf diese Idee noch nicht gekommen sein sollten.

Tipp 4 bei Nachbarschaftsstreit: Recht im Unrecht

Was kann ein Nachbar bei Lärmbelästigung tun, welche Rechte hat er? Welche Rechte besitzt der Angeklagte? Wie anfangs schon erwähnt, hat jeder Mieter in einem Mehrfamilienhaus Anspruch auf größtmögliche Ruhe. Gleichzeitig hat jeder Bürger – und dies ist in den Grundgesetzen verankert – das unangefochtene Recht, seine Persönlichkeit frei zu entfalten. Und somit auch: Musik zu hören, sich mit Bekannten zu unterhalten, die Kinder herumtollen zu lassen etc. Erst wenn die Lärmbelästigung für den Nachbarn unerträglich ist, kann dieser Mietminderung beanspruchen, Anzeige erheben oder zu guter Letzt eine Unterlassungsklage zu erheben. Dafür muss der Kläger jedoch erst einmal nachweisen, dass der Nachbar durch rücksichtsloses Verhalten übermäßig gelärmt hat, Zeugen finden und Lärmprotokolle über den Zeitraum der Belästigungen führen. Da steht das Recht eindeutig beim lärmenden oder besser: sich auslebenden Nachbarn. Deshalb ist es ratsam, sich als Lärmbetroffener an den Mieterschutzbund zu wenden. Dieser kann als Schlichter beim Nachbarschaftsstreit fungieren und Sachlichkeit in den Streit bringen.

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