Wiesn-Security Freddy Gebhart im Interview
Mi., 20.09.2023
Interviews

„Ohne ein gutes Nervenkostüm kann man den Job nicht machen“

Seit 1998 arbeitet Freddy Gebhart als Wiesn-Security-Mann für das Schützenfestzelt. Pünktlich zum Oktoberfest 2023 berichtet er von irren Erlebnissen, Verletzungen und Bestechungsversuchen.

Herr Gebhart, Sie sind seit 25 Jahren Security-Mann im Schützenfestzelt und seit 2008 für den Reservierungseingang S1 verantwortlich. Den Schriftzug haben Sie sich auf den linken Unterarm tätowieren lassen – warum?

Das war eine lustige Geschichte: Der Komiker Harry G und ich waren zusammen auf dem Filser-Ball, haben ordentlich getrunken, und dann hat er aus Spaß gesagt: „Du machst den Eingang zu einem besonderen. Du solltest ihn dir tätowieren lassen.“ Ich fand die Idee gut. Zwei Tage später habe ich mir das Tattoo stechen lassen und ein Bild davon an Harry geschickt. Er meinte nur: „Du bist nicht ganz dicht.“

Wiesn Security Freddy Gebhart im Interview
Dem Job treu: Freddy Gebhart mit seinem Tattoo
Credit: Lara Kinnmann

Bereuen Sie das Tattoo?

Ganz und gar nicht! Ich kann mich mit meinem Job identifizieren. Ich mache das schon so lange, dass ich den Großteil unserer Gäste persönlich kenne und ein gutes Verhältnis zu ihnen habe. Und zur Wirtsfamilie sowieso.

Was ist die typischste Ausrede, die Leute Ihnen auftischen, um bei Überfüllung des Zeltes trotzdem Einlass zu bekommen?

Da gibt es einige Dinge. Sie reichen von „Ich bin zuckerkrank und habe meine Spritzen am Tisch vergessen“ bis zu liegen gelassenen Jacken. Und die Frauen versuchen, ein bisschen mit ihren Reizen zu spielen. Aber dafür bin ich nicht empfänglich. Ich bin glücklich verheiratet.

Wiesn-Security Freddy Gebhart im Interview: „Bestechung funktioniert bei mir nicht“

Wie sieht es mit Bestechungsversuchen aus?

Ja, die gibt es immer wieder. Teilweise werden Summen bis zu 500 Euro aufgerufen. Aber jeder, der mich kennt, weiß, dass Bestechung bei mir überhaupt nicht funktioniert. Es gibt Auflagen, an die wir uns halten müssen. Und die wiederum gibt es nicht ohne Grund.

Was sind No-Gos bei einem Besuch im Wiesn-Zelt?

Auf den Tischen tanzen, den Maßkrug exen, den Anweisungen nicht Folge leisten. Rauchen ist auch verboten. Punkten kann man mit Geduld und Freundlichkeit – Gewalt und Beleidigungen gehen natürlich gar nicht.

Gab es mal eine besonders brenzlige Situation, in der Sie dazwischengehen mussten?

Ja, bei einem Maßkrug-Schläger. Wir haben ihn gemeinsam mit der Polizei festgenommen, und er hat sich ziemlich gewehrt. So stark, dass ihm beim Handschellenanlegen eine Schulter ausgekugelt wurde. Und dann hat er noch die Frechheit besessen und uns angezeigt!

Wiesn-Security Freddy Gebhart im Interview: „Mir wurde mal in die Hand gebissen“

Wurden Sie schon mal verletzt?

Ja, mir wurde mal in die Hand gebissen. Wir haben das Zelt geschlossen, und ein Gast – der war ziemlich groß und wog um die 140 Kilo – wollte einfach nicht gehen. Also haben wir zu dritt versucht, ihn rauszubringen. Und bei einem Griff hat er dann richtig zugebissen. Ich musste ins Krankenhaus und konnte drei Monate lang meine Finger nicht mehr richtig bewegen, weil ich mir eine Infektion eingefangen hatte.

Das klingt ja krass!

Und was im Zeitalter der Handys auch nervig ist: dass alles gefilmt wird. Aber eben erst, wenn es zur Festnahme kommt. So wird die Situation völlig falsch eingeschätzt. Wir sind immer mehrere Personen, wenn wir kommen, um jemanden rauszuwerfen. Zum einen aus Selbstschutz, zum anderen, um jemanden möglichst schonend rauszukriegen. Aber wenn sich jemand wehrt, sieht das natürlich immer schlimm aus. Und die Freunde mischen sich dann auch noch ein. Wissen Sie, im Lauf der Jahre ist viel Respekt verloren gegangen.

Inwiefern?

Ich höre oft von meinen Kollegen, dass nicht nur die Security-Leute, sondern auch die Polizisten und sogar die Sanitäter angegriffen und beleidigt werden. Unser Publikum im Schützenfestzelt ist zum Glück wesentlich unkomplizierter und höflicher. Wenn sich bei uns jemand danebenbenommen hat, kommt er am nächsten Tag wieder und entschuldigt sich.

Was macht für Sie eine gute Wiesn-Security aus?

Manche Leute bewerben sich bei der Security, um sich wichtig machen zu können. Davon halte ich gar nichts. Wenn man so kleine Rambos im Team hat, muss man ihnen den Zahn ziehen, denn sie werfen ein sehr schlechtes Licht auf die Sicherheitsbranche. Ohne ein gutes Nervenkostüm kann man den Job nicht aushalten. Die Leute, die an der Tür arbeiten, sind zehn Stunden lang Beleidigungen und Stress ausgesetzt. Teilweise werden sie sogar angespuckt. Das ist schon was, was man verkraften muss. Außerdem muss man am Abend abschalten können.

Titelbild: Lara Kinnmann