Mo., 29.05.2017
Coverstars

Wirklich wahr?

John F. Kennedy wäre am 29. Mai 2017 100 Jahre alt geworden. Ein Attentat im Jahr 1963 kam dem Greisenalter aber zuvor und ist bis heute mythenumwoben. Die zahlreichen Verschwörungstheorien um den Mord am 35. Präsidenten der USA haben uns eines gelehrt: Wenn man weiß, wie es geht, kann man behaupten, was man will

Die ganze Welt wird überwacht! Die Geheimdienste wissen alles über uns!" Vor wenigen Jahren hätte man den Urheber dieser Sätze als Spinner abgetan, mittlerweile muss man ihm Recht geben. Ein seltener Triumph für die Verschwörungstheoretiker. Bleiben die meisten ihrer anderen Thesen doch auf ewig unbestätigt. Egal, auch ohne Beweise finden sie immer neue Anhänger. Und auch neue Theorien können sich etablieren - das funktioniert erfahrungsgemäß in drei Schritten.

Entwicklung

Es ist der 22. November 1963, als der US-Präsident John F. Kennedy auf dem Rücksitz seiner Limousine zusammensackt. Ein Schuss in den Hals, einer in den Kopf - Kennedy ist sofort tot. Die Polizei verhaftet Lee Harvey Oswald, zwei Tage später wird dieser selbst ermordet. Schnell bilden sich wilde Theorien um die wahren Hintermänner des Attentats. War Oswald ein Einzeltäter? Wer gab den Auftrag? Die CIA, die Mafia oder Fidel Castro? Bis heute ungeklärt. Große Emotionen, ein Mangel an Fakten und viele offene Fragen machen Ereignisse wie das JFK-Attentat zu perfekten Vorlagen für Verschwörungstheorien. Die Menschen fordern Antworten, doch der Staat verschanzt sich hinter Geheimhaltungsklauseln. Hier springen die Verschwörungstheoretiker ein, mischen die Fakten durch und stellen einen neuen Zusammenhang her, der schockiert. Wichtig: Dabei dürfen nur die Fakten hervorgehoben werden, die die Theorie stützen. Dass manche auch dagegensprechen, muss ja keiner wissen. Hüstel.

Verbreitung

Im Internet-Zeitalter lässt sich jede noch so absurde Verschwörungstheorie effektvoll inszenieren - das hilft enorm, um sie populär zu machen. Unter dem Namen "Loose Change" (etwa "beginnender Wandel") kursiert ein Video im Internet, dessen Urheber behaupten, die US-Regierung habe die Anschläge vom 11. September selbst verübt, um die Kriege im Irak und in Afghanistan zu rechtfertigen. Dafür werden die Zuschauer in schneller Abfolge mit Fakten bombardiert - um sie zu prüfen, bleibt keine Zeit. Der Film wurde über zehn Millionen Mal angeklickt.

Verteidigung

Rationale Gegenargumente sind die größte Gefahr für Verschwörungstheorien. Wie man sie trotzdem mit Leichtigkeit abschmettern kann, zeigt die Bielefeld-Verschwörung. 1993 beginnt der Informatiker Achim Held zusammen mit ein paar Kommilitonen zu behaupten, dass Bielefeld nicht existiert. An Stelle der Stadt liege ein Eingang zu Atlantis, von dem niemand wissen dürfe. Auch das Autokennzeichen BI, der Fußballverein Arminia Bielefeld und sämtliche Erwähnungen der Stadt in den Medien seien nur Teil der Propaganda. Natürlich versuchen viele, Held von der Lächerlichkeit seiner Theorie zu überzeugen. Doch der hat einen ultimativen Trick auf Lager: Er behauptet einfach, dass der Zweifler selbst zu den Verschwörern gehöre. Klingt verrückt? Soll es auch. Denn die Bielefeld-Verschwörung ist in Wirklichkeit ein Satireprojekt, mit dem die Initiatoren zeigen wollten, dass überzeugte Verschwörungstheoretiker nicht therapierbar sind.

Titelbild: Getty Images