Do., 23.03.2017
Sport

Mille Miglia – 1000 Meilen Rennfakten

Das berühmteste Autorennen der Welt feiert sein 90. Jubiläum: Auch dieses Jahr liefern sich Stars am Steuer rollender Raritäten bei der Mille Miglia ein heißes Rennen. Wir haben die interessantesten Fakten zum Oldtimer-Rennen auf 'Tausend Meilen' zusammgestellt

1. Die Bahn kommt

Das wilde Privatrennen von Graf Aymo Maggi, Graf Franco Mazzotti, Giovanni Canestrini und Renzo Castagneto gegen die Eisenbahn war die Geburtsstunde der Mille Miglia.

2. Open Minded

Harte Männer fahren ein Auto ohne Dach, die ganz Harten sind zudem ohne Helm unterwegs. In jedem Fall erkennt man den echten Mille-Fahrer am sonnenverbrannten Gesicht.

3. PS-Brüder

Ein Mille-Fahrer fragt nicht: "Wer bist du?", sondern "Was fährst du?". Das förmliche "Sie" enttarnt den Neuling.

4. Avanti, Avanti

Rote Ampeln, riskantes Überholen, alles kein Problem. Im Gegenteil: Wer sich an Tempolimits hält, behindert das Rennen und wird rausgewinkt. Ihre Stoppkellen benutzen die Polizisten nur, um Schleicher anzutreiben.

5. Die Eilpraktiker

Die Regeln sind eindeutig, aber kaum einer hält sich dran: Offiziell soll auf der „Mille Miglia Storica“ gähnend langsam gefahren
werden. Doch die Haudegen von einst können es auch heute nicht lassen: lieber Spaß mit Vollgas und dann vor der Zeitnahme ein
paar Minuten warten. Zeit für Attraktionen wie das Kolosseum in Rom bleibt bei so einer Hetzjagd selten.

6. Immer der Erste

Erster Mille-Miglia-Sieger war 1927 ein O.M. (Officine Meccaniche) mit den Werksfahrern Ferdinando Minoja und Giuseppe Morandi.
Seitdem eröffnet stets ein O.M. 665 Superba das Rennen. Der Wagen wurde in Brescia gebaut.

7. Sandkiste

Die Gentlemen-Driver schonen ihre Autos nicht. Immerhin: Am Ende des Rennens sieht so mancher Fahrer älter aus als sein Auto.

8. Petrus ist ein Fußgänger

Seltsam, aber wahr: Der Wetterapostel Petrus stellt die Autofans jedes Jahr auf eine harte Probe. Es gilt die eiserne Regel: Die Mille Miglia startet, wenn das Wetter schlecht ist.

– Die Mille Miglia 2016 –

9. Immer dem Jubel nach

Stirling-Moss-Beifahrer Denis Jenkinson erfand das „Gebetbuch“ mit den Streckenangaben in Kurzform. Doch auf der Mille Miglia es ist eigentlich überflüssig. Die Grundregel lautet: „Hast du einen Kilometer keine jubelnden Fans gesehen, dann bist du falsch."

10. Prinzenrolle

Prinz Luitpold „Poldi“ von Bayern ist ein erfahrener Mille-Pilot. Sein Tipp für alle, denen auf dem alten Autogestühl der Hintern schmerzt: Wem der Hohlraum zwischen Sitzfläche und Lehne Beschwerden bereitet, der kann mit einer Plastikflasche aushelfen. Die sorgt für Halt und Dämpfung zugleich.

11. Stilsicher

Die Rallye hat ihre eigene Kleiderordnung: Beliebt sind Leder, Cord, Schurwolle und dünne Steppjacken, teils gewagt kombiniert mit knallroten Kappen. Bentley- und Jaguar-Fahrer starten stilsicher mit englischer Country-Mütze und qualmender Pfeife, manche

schnallen antike Koffer auf ihren Oldtimer. Herrenteams aus Schottland treten gern im Kilt an.

12. Batmobil

Tausende bewerben sich um eine Starterlaubnis, aber nicht alle dürfen mit. Die Veranstalter stellen jedes Jahr eine neue exklusive Mischung aus GTs, Roadstern und Limousinen zusammen. Der außergewöhnliche Lotus Mk9 im Batmobil-Design war erstmals im Jahr 1955 dabei. 2006 durfte er wieder starten und belegte schließlich Platz 321.

13. Viva la macchina

Schon nach wenigen Meilen fühlt man sich wie ein Gesetzloser – so beschreiben Teilnehmer die wilde Jagd über die Landstraßen Italiens. Erst die Ankunft am Etappenziel drosselt Motoren und Herzschlag wieder auf Normalniveau. Die Fahrer werden wie Helden begrüßt und durch historische Gassen gelotst. Es gibt Luftküsse, Backwerk und Getränke. La Dolce Vita im Vorbeirollen.

14. Tragischer Tod

Sein Unfall führte 1957 zum Verbot des Rennens. Ferrari-Pilot Alfonso de Portago schleuderte bei Tempo 250 in die Zuschauer und riss zehn von ihnen mit in den Tod. Erst 1977 wurde die Mille Miglia wiederbelebt – als Oldtimer-Rallye „Mille Miglia Storica“.

15. Mille-Sekunden

Mit Kontaktschläuchen werden die Zwischenzeiten gestoppt: Es geht darum, bestimmte Strecken in vorgegebenen Zeiten zu

passieren – Könner schaffen es auf die Hundertstelsekunde genau.

16. Ein toller Käfer

1954 versuchte der Schorndorfer Volkswagen-Händler Paul Ernst Strähle das Unmögliche: Er trat mit einem auf 60 PS hochgezüchteten Brezel-Käfer an. Der 650 Kilogramm leichte VW war 160 km/h schnell und schaffte einen unglaublichen Schnitt von 110 km/h. Das reichte für Platz 43. Die historische Vorlage für die späteren „Herbie“-Filme.

17. Mille-Grazien

Der Stau vor der Zeitnahme hat seine eigenen Reize. Junge Mädchen laufen zu den Oldtimern und posieren für Fotos. Derweil zwängt sich mancher Pilot aus seinem engen Cockpit und lernt wie ein Kleinkind wieder das Gehen.

18. Scharfes Duell

Mit elf Siegen war Alfa Romeo bis 1955 der unumstrittene Herrscher der Mille. Dann gründete der Leiter des Alfa-Teams eine eigene
Scuderia. Sein Name: Enzo Ferrari. Er holte Sieg um Sieg, konnte Alfa allerdings nie einholen. Der Stand heute: 13 zu neun Siege für Alfa.

19. PS-Pfarrer

Er ist der Gnädigste: Pastor Furza aus Bologna lässt am Tag der Mille in seiner Gemeinde Gnade vor Gott walten. Zur Halbzeit bricht der Geistliche seine Messe ab, greift zur Trillerpfeife und schwenkt ein handgemaltes Plakat mit der Aufschrift: „Ganz gleich, ob Kinder des Himmels oder Höllenhunde – gebt Gas, gebt Gas!“

20. Husch, Huschke

1940 gewann Huschke von Hanstein mit seinem BMW 328. Er war der zweite deutsche Sieger nach Rudolf Caracciola 1931 auf Mercedes SSKL. Während des Zweiten Weltkriegs führte die Strecke über einen 100-Kilometer-Kurs in der Po-Ebene, der neunmal
umrundet wurde.

21. Kopflos gewinnt

Die Mille Miglia belohnt die Mutigen: 1954 raste Porsche-Pilot Hans Hermann auf eine geschlossene Bahnschranke zu. Er schlug seinem Beifahrer Herbert Linge auf den Helm, und beide zogen die Köpfe ein. Ihr 550 Spyder schoss unter der Schranke hindurch, knapp vor dem Expresszug Mailand–Ancona. Die beiden siegten.

22. Schnellster aller Zeiten

Stirling Moss fuhr die 998 Meilen (1606 km) 1955 in zehn Stunden, sieben Minuten und 48 Sekunden – ein Schnitt von knapp 158 km/h. Sein Rekord ist bis heute ungebrochen.

23. Bewegende Bewegtbilder

Die Mille Miglia erstmals in Spielfilmlänge: Für ihre DVD „The Spirit of a Legend“ blickten Philip Rattray Selkirk und Stephan Heimann in die Historie und drehten 2006 satte 130 Stunden mit. Cool: die Musik vom Heidelberger Lounge-Projekt De-Phazz.

Titelbild: Enrico Ferorelli/Agentur Focus, Museo della Mille Miglia, Deepol/Selkirk Heimann