Do., 21.12.2017
Genuss

„Das Alter eines Single Malt ist nebensächlich“

Einst füllte der Kenner seine gediegene Hausbar mit möglichst betagten Raritäten. Muss er nicht mehr. "No Age Statement"-Whisky ist die zeitgemäße Schottenmode

Alter vor Schönheit – diese Regel gilt für die Whisky-Branche nicht mehr. Seit vor allem russische, chinesische und indische Millionäre ihre Vorliebe für Schottlands guten Geist entdeckt haben, sind die Fässer mit altgelagerten Schätzen fast leer getrunken. Die Restbestände erzielen mittlerweile Mondpreise bis über 1000 Euro. Für viele Liebhaber unbezahlbar.

Um die anhaltende Whisky-Nachfrage dennoch bedienen zu können, mussten die Brenner erfinderisch werden. Und dabei kamen heraus: „No Age Statement“-Whiskys (NAS). Eine neue Gattung von Single Malts, die weltweit immer mehr Anhänger findet und ohne Altersangabe auf den Markt gelangt.

Neues Aroma - mehr Experimente

Schottische Traditionsbrenner kombinieren dazu verschiedene Lagerungsstufen, können den Malt individueller gestalten sowie neue Aromaprofile schaffen. Bereits seit Jahren experimentieren findige Erzeuger mit Fässern, in denen zuvor Sherry, Cognac oder Portwein reifte.

No. 1 Single Malt - Als eher moderat gilt die neue Abfüllung von Bowmore, in unbenutzten Bourbon-Fässern gereift. Aromen von Vanille, Zimt und rauchigem Eichenholz. 29,90 Euro
Credit: PR
Glenfiddich: Projekt XX - Das Paradebeispiel: der ""Projekt XX"". Die 20 miteinander verschnittenen Fassinhalte passen perfekt als Digestif.
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Talisker: Storm - Die Brennerei Talisker liegt auf der Insel Skye an der Westküste, etwa auf demselben Breitengrad wie Alaska. Der Storm" lagert in unterschiedlich alten Eichenfässern. Der Geschmack ist pfeffrig, komplex und hat starke Rauchnoten.
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Highland Park: „Valkyrie“ - „Valkyrie“ erinnert an die Wikinger, die hier einst siedelten. Scharfes Aroma mit Vanille, Zitrus, orientalischen Gewürzen und salzigem Lakritz. Langer Abgang und dezent rauchig.
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Glenmorangie: „The Astar“ - Glenmorangie-Whiskys stammen aus den Northern Highlands, destilliert in den angeblich höchsten Brenn-blasen des Landes. Das sorgt für besondere Milde. „The Astar“ ist cremig-weich mit Noten von Honig, Aprikose und Vanille.
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Die neue Geschmacksvielfalt begeistert vor allem Scotch-Einsteiger, aber auch erfahrene Whisky-Aficionados greifen immer häufiger zu den jugendlichen Malts. Zwar fehlt den eingefleischten Fans bei den schottischen NAS-Pionieren die durch lange Fasslagerung bewirkte Komplexität. Aber bei Blindverkostungen schmecken selbst Profis nicht immer Unterschiede heraus. Schließlich müssen, wie jeder Single Malt Whisky, auch die neuen NAS-Spezialitäten drei Jahre lagern, bevor sie in die Regale kommen.

Entscheiden sind die Rohstoffe

Dass das Alter gar kein Qualitätsgarant ist, erkennen inzwischen selbst konventionelle Scotch-Genießer. Denn der perfekte Single Malt wird auch bei jungen Destillaten nach der Qualitätsformel „edel, tiefgründig, wuchtig und komplex“ produziert. Entscheidend sind vor allem Rohstoffe, Fassmanagement und dass sich Brenner am Charakter von Marke und Region orientieren.

Bill Lumsden, Direktor bei Glenmorangie und mehrfacher „Master Distiller of the Year“, gilt als Erster, der NAS-Whiskys ausschenkte. „Die Leute sollten sich allein ein Urteil über das Geschmacksprofil eines Whiskys bilden“, sagt er. „Das Alter ist bei Qualität und Aroma eines echten Single Malt nebensächlich.“

Titelbild: Playboy Deutschland