Mo., 30.03.2020
Berater

10 Survival-Tipps: Wie ich lernte, den Lockdown zu lieben

Playboy-Autor Stefan Maiwald lebt in Italien – und ist wie viele andere Menschen in Europa daheim gefangen. Der Buchautor und Journalist hat uns deshalb einen 10-Punkte-Plan geschrieben, wie man als Mann den Lockdown überlebt.

Einerseits ist es ja etwas Wunderbares, im Süden zu leben – das brauche ich nicht weiter zu erklären. Andererseits: Dieses Mal hat es uns böse erwischt. Im März ereilte uns Corona und Lockdown als eines der ersten Länder. Wir haben also einen echten Erkenntnisvorsprung. Hier kommen meine 10 Tipps, damit Sie die häusliche Quarantäne stilvoll, elegant und stressfrei überstehen.

1. Hamstern Sie vernünftig

Nach vier Wochen Erfahrung kann ich ziemlich sicher sagen: Alle kaufen falsch ein. Reis und Nudeln reichen bei uns allen wahrscheinlich bis zur nächsten totalen Sonnenfinsternis, aber Schokolade war als erstes weg – generell sind wir und unsere Freunde mit dem Süßigkeitenvorrat überraschend schnell auf Grund gelaufen. Kein Wunder, dass es auf den Schwarzmärkten nach dem Krieg selten um Toilettenpapier ging, sondern vor allem um Zigaretten und Schokolade.

Und noch etwas: Die riesigen Supermärkte haben in dieser Krise schon genug verdient. Es gibt vieles Notwendige auch beim Tante-Emma-Laden – sofern überhaupt noch vorhanden –, beim Metzger oder beim Gemüsehändler um die Ecke. Diese Läden haben gerade jetzt unsere Unterstützung verdient!

2. Seien Sie kreativ

Man kann nicht den ganzen Tag im Schlafanzug auf der Couch hocken und Netflix inhalieren. Also, man kann es schon (ich habe es versucht), aber glauben Sie mir: Nach zwei, drei Tagen verliert das seinen Reiz.

Es ist wichtig, sich etwas Vernünftiges vorzunehmen: eine Sprache lernen, neue Bücher entdecken, den Balkon bepflanzen. Das Internet ist diesbezüglich ein Segen, es gibt Sprachkurse, Zeichenkurse – und wer von einer Karriere als Tiger Woods träumt: So ziemlich jeder Golf-Professional bietet derzeit Online-Kurse an.

3. Print gewinnt

Alle wollen jetzt Kochen lernen – sehr gut! Zwar gibt es im Internet Kurse für jeden Geschmack und jede Könnerstufe. Aber das Kochen lernt man am besten aus Büchern, weil man nach seiner eigenen Geschwindigkeit vorgehen kann. Und wer will schon den Laptop neben den heißen Herd stellen? Wichtiger Tipp: Greifen Sie zu den älteren Kochbüchern aus den 1980er- und 1990er-Jahren, die Sie entweder daheim ganz hinten im Regal oder beim Zentralen Verzeichnis Antiquarischer Bücher (zvab.com) finden. Erstens sind die Küchengeräte dort noch überschaubar – Sie benötigen keine Vakuumierer oder ähnliches Zauberzeug –, zweitens müssen Sie nicht für jede geheimnisvolle, unaussprechliche Zutat in den Asia-Shop rennen, drittens wurde damals noch ordentlich mit Butter und Sahne gekocht, und diese Wuchtigkeit können wir alle jetzt brauchen.

Meine beiden Teenie-Töchter haben übrigens heute ihr erstes Brot gebacken. Da sie sonst stundenlang kopfüber in ihren Smartphone-Displays stecken, ist das für mich ein echtes Wunder.

4. Mut zur Wissenslücke

In der vierten Woche ist mir das ein echtes Anliegen: Bleiben Sie den Neuigkeiten, den »Eilmeldungen« und dem »Liveticker« auf den Nachrichtenseiten und den Sondersendungen im TV auch mal fern. Es ist gut, informiert zu sein. Aber einmal am Tag reicht völlig. Diese Beschränkung ist gut für die innere Hygiene.

5. Machen Sie sich einen Plan

Ich habe mir für meine »freie« Zeit einen rigiden Stundenplan vorgenommen und präzise Zeitfenster angelegt. Sonst kommt man ins Schlingern und landet doch wieder bei den Hobby-Virologen von Facebook oder auf der Sudoku-App.

Selbst gebackenes Brot – verblüffend köstlich!

6. Seien Sie nicht zu ehrgeizig

Am Anfang unseres Lockdowns habe ich mir üppige Sportprogramme aus dem Internet geladen und war entschlossen, täglich zu trainieren. Aber wir wissen es alle: Sport daheim ist eine fade, freudlose Sache und funktioniert bei den Wenigsten. Nichts gegen ein paar Liegestütze oder Hampelmänner, aber überschätzen Sie sich nicht, dann ist der Frust am Ende nur umso größer. Ich habe mir zunächst das berühmte 7-Minuten-Workout angeschaut (finden Sie überall im Netz), doch so verrückt es klingt: Das ist mir zu anspruchsvoll. Wie hart können 7 Minuten sein? Versuchen Sie’s selbst und berichten Sie mir.

Credit: Playboy Deutschland
La famiglia in quarantena.

7. Die Freuden der Siesta

Ein Mittagsschläfchen ist besser als jede Art der Meditation. Falls Sie Ihre Zeit frei einteilen können: Genießen Sie das kurze Abschalten nach dem Essen. Viele Studien haben den Nutzen einer Siesta für die Gesundheit eindeutig nachgewiesen, und auch große Geister wie Einstein und Churchill waren Siesta-Anhänger.

8. Reden Sie!

Niemand soll in diesen Tagen allein sein. Telefonieren Sie, mailen Sie – und funken Sie gerade diejenigen an, die jetzt besonders einsam sind und die im bisherigen Alltag zu kurz gekommen sind. Eltern, Großeltern, Onkel und Tante, aber auch Freunde und Verwandte, von denen Sie lange nichts gehört haben, freuen sich über eine kurze Nachricht. Für NASA-Astronauten, die monatelang auf der ISS leben (400 Kilometer von jedem Erdenbürger entfernt), gehören die täglichen Videogespräche mit den Angehörigen zu den wichtigsten psychischen Stabilisatoren. Bonustipp: Wie wäre es mal wieder mit einem schönen, handschriftlichen Brief? Damit machen Sie jetzt richtig Eindruck!

9. Sassicaia jetzt

Die Flasche Wein, die Sie sich für einen ganz besonderen Anlass aufgehoben haben? Genau jetzt ist der ganz besondere Anlass. Wozu warten? Gönnen Sie sich in diesen Zeiten etwas Schönes. Seien Sie bloß nicht zu streng mit sich.

Und: Niemand sollte jetzt anfangen, Kalorien zu zählen oder seine Ernährung umzustellen. Wohlfühlessen ist angesagt! Wohlfühlessen heißt übrigens neuerdings »Comfort Food«; meine Oma hätte dazu »Nervennahrung« gesagt.

10. Seien Sie ein Gentleman

Es gibt viele Leute, die unseren Dank verdient haben. Apotheker und Krankenschwestern, Ärzte und Polizisten, Straßenreiniger und Müllabfuhr – ja, die auch. Aber für mich sind die echten Heldinnen die Kassiererinnen im Supermarkt oder im Tante-Emma-Laden, die nach jedem Einkauf ein Dankeschön bekommen sollten. Sie arbeiten an vorderster Front, ohne professionell auf so eine Situation vorbereitet zu sein, und auch Masken und Desinfektionsmittel müssen sie sich selbst kaufen. Ich finde, jeder Ort und jeder Stadtteil sollte, wenn alles vorbei ist, diesen Heldinnen eine Party schmeißen.

Über den Autor:

Stefan Maiwald, 49, berichtet auf www.postausitalien.com von seinem Leben im Süden mit und ohne Virus. Nach seinem Volontariat beim Playboy und der Chefredaktion des Reisemagazins GLOBO wanderte der gebürtige Braunschweiger und studierte Politologe nach Norditalien aus. Mit seiner Frau und den beiden gemeinsamen Töchtern lebt und schreibt der passionierte Golfer, Journalist und Buchautor in Grado am Golf von Venedig. Zu seinen bekanntesten Büchern gehören »Laura, Leo, Luca und ich – wie man in einer italienischen Familie überlebt« sowie der historische Roman »Der Spion des Dogen«, der von der Autoren- und Kritikervereinigung HOMER zum besten Debüt 2017 gewählt wurde. Sein Venedig-Krimi »Wenn die Gondeln untergehen« erscheint im April.

Weitere Bücher und Kolumnen unseres Autors finden Sie auf seiner Webseite postausitalien.com
Credit: Playboy Deutschland
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Titelbild: Playboy Deutschland