Mi., 08.01.2020
Kommentar

Streitschrift des Monats: Gegen den Gender-Wahn

Die Frage klingt seltsam in einem Männermagazin wie diesem, das sich seit vielen Jahrzehnten erfolgreich mit Sex und Geschlechtlichkeit befasst – aber: Kennen Sie eigentlich die Unterschiede zwischen Männern und Frauen? Lachen Sie jetzt nicht, die Frage ist ernst gemeint!

Autor: Dr. med. Burkard Voss

In Deutschland befassen sich an den Hochschulen heute mehr Professoren mit sogenannten Gender Studies als zum Beispiel mit Pharmazie. Wer braucht schon Apotheker? Und nicht wenige dieser Experten für die sozialen Rollenbilder von Mann und Frau (Gender) weiten ihr Hoheitsgebiet auch auf den naturwissenschaftlichen Bereich der Geschlechterbiologie (den Sex) aus. Schließlich genießen sie in Bildung und Politik mittlerweile einen höheren Stellenwert als Ärzte und Apotheker. Sie wollen nicht mehr bloß Denkgewohnheiten hinterfragen. Sie gehen aufs Ganze – und nehmen sich auch gleich unsere Penisse und Vaginen vor. Weg damit! Natürlich nicht etwa in Form operativer Eingriffe, dazu bräuchten sie medizinisches Faktenwissen. Nein, mit Behauptungen. Mit Lehrmeinungen. Damit machen sie Schule: Es gehe darum „aufzuzeigen, dass es das typisch Männliche und das typisch Weibliche nicht gibt“, erklärte neulich der Sexualwissenschaftler Heinz-Jürgen Voss von der Hoch- schule Merseburg im Deutschlandfunk. Mit anderen Worten: Auch Penis und Vagina sind nur soziale Konstrukte – also im Grunde nichts anderes als die Haarfarbe in einem Blondinenwitz: komplett bedeutungs- los und nur Anlässe für dumme Vorurteile.


Im Denken, Fühlen und Verhalten, darin ist sich die neue Expertenelite einig, gebe es keine Unterschiede zwischen Männern und Frauen. Und falls doch, seien sie auf gesellschaftliche Einflüsse wie schlechte Erziehung zurückzuführen. Diese Annahme droht sich langsam als Common Sense durchzusetzen. Dabei handelt es sich um völligen Nonsens.

Bei aller beschworenen Gleichheit von Mann und Frau offenbart sich nämlich sehr wohl mancher Unterschied – nicht nur beim Sex, auch im Gehirn. Zahllos sind die neuroanatomischen Geschlechtsunterschiede zwar nicht, aber sie lassen sich auch nicht auf null reduzieren.

Beim männlichen Fötus beginnt schon ab der sechsten Schwangerschaftswoche das Wachstum der Hoden, die Testosteron produzieren, was wiederum das Wachstum der linken Gehirnhälfte verlangsamt. Die rechte Gehirnhälfte kommt nun mehr zum Zug – und sie ist es, die bei Männern dominiert. Sie ist zuständig für Abstraktion und räumliches Vorstel­lungsvermögen.

Es entspricht der allgemeinen Lebens­erfahrung, dass Männer Wege sicherer finden als Frau­ en. Diese wiederum sind sprachlich besser drauf, was eine Funktion der linken Gehirnhälfte ist, die sich ohne Einfluss von Testosteron besser entwickeln kann. Im Kleinkindalter bevorzugenJungen daher eher mechanisches Spielzeug wie Rollen oder Bälle, erweitern ihren räumlichen Ak­tionsradius, während Mädchenstärker dazu neigen, fürsorgliches menschliches Verhalten im Spielmit Puppen zu wiederholen.

Ja, schon als Säuglinge springen Jun­gen stärker auf Dinge an und Mädchen auf Menschen. Frauen sind statistisch freundlicher und weniger aggressiv als Männer. Männer gehen mehr Risiken ein. Krieg um Territorien ist männ­lich. Wären diese Unterschiede nicht biologisch bedingt, wie soll­te man dann erklären, dass sie in nahezu allen Kul­turen nachweisbar sind? Auch in skandinavischen Ländern, wo die größte Geschlechtergerechtigkeit herrscht, sieht man sie – zum Beispiel in der Studien­wahl: Mehr Frauen streben in sprachwissenschaftliche Fächer, mehr Männer in den Maschinenbau. Eine Folge kultureller Prägung und sozialer Erwartung?

Nein, auch Hormone und Gehirnarchitektur ent­ scheiden mit. Östrogen und Testosteron beeinflussen unsere kognitiven Fähigkeiten. Beispiel räumliche Orientierung: Testosteron fördert, Östrogen hemmt sie. Wenn Östrogen bei der Menstruation die niedrigs­te Serumkonzentration aufweist, schneiden Frauen in Tests zur räumlichen Orientierung am besten ab. Am schlechtesten sind dann ihre verbalen Leistungen. Da­für wissen – Stichwort Gehirnarchitektur – ihre Hirn­ hälften verlässlich besser, was die jeweils andere tut. Das verbindende Nervenfaserbündel ist bei Frauen meist stärker ausgeprägt als bei Männern.

Bei Män­nern hingegen ist einer der ältesten Teile unseres Zen­tralorgans, auch Mandelkern oder Amygdala genannt, in einem Bereich bis zu 65 Prozent größer als bei Frau­ en: in jenem Teil, der anspringt, wenn sexuell aktivie­rende Duftstoffe die Nasenschleimhaut kitzeln. Bei bestimmten Gerüchen denken Männer öfter an Sex als Frauen. Und nicht nur bei Gerüchen.

Es ist eine alte Therapeutenerfahrung, dass zu we­nig Sex für Männer ein größeres Problem darstellt als für Frauen. Zwar zeigen Metaanalysen, dass sich das Sexualverhalten der Geschlechter heute zunehmend angleicht – ganz gewiss eine erfreuliche Folge der se­xuellen Befreiung und der wachsenden Gleichberech­tigung –, doch es gibt klassische Muster, die konstant bleiben: Männer sind stärker interessiert an unver­bindlichem Sex. Hauptsache, Sex – fast egal, mit wem, das ist eine mehr oder minder seltene Verfassung, die vorzugsweise die männlichen Exemplare des Homo sapiens mit Reptilien gemeinsam haben – aus evolu­tionspsychologischer Sicht übri­gens eine Folge der Eroberung des Lebensraums Land: Seit die Vorfahren der heutigen Säuger das Wasser verließen, wo Eier und Samen schwimmend zuein­ander fanden, und sich stattdes­sen die innere Befruchtung durchsetzte, entwickelten sich, so sagen Evolutionspsycholo­gen, zwei Strategien der Partner­wahl. Der reproduktive Auf­ wand der Frauen ist seither gewaltig und die mögliche An­ zahl ihrer Nachfahren begrenzt, sie müssen daher Sexpartner mit Bedacht wählen.

Männer hinge­gen müssen für ihre Reproduktion nur vergleichswei­se wahllos herumvögeln – Hauptsache, Sex. Dass sich dies mit der modernen Menschenwirklichkeit nicht allzeit gut verträgt, versteht sich von selbst. Auch der Leidensdruck untersexter Patienten erzählt davon.

Aber eben nicht nur das Leid, sondern auch die Lust, der Flirt, das Abenteuer des Lebens und seine Fortsetzung über Milliarden von Generationen und Kulturen liegen in diesen winzigen, aber großartigen Unterschieden der Geschlechter begründet. Statt Männer und Frauen für gleich zu erklären und die Natur zu leugnen, wie die Gender-­Experten es tun, sollten wir uns unserer Unterschiede erfreuen – und den biologischen Fakten ins Auge sehen. Nur so kön­nen wir soziale Gleichheit für Männer und Frauen schaffen, gleiche Rechte, gleiche Chancen, gleiche sexuelle Freiheit. Eine auf Verleugnung der Unter­ schiede basierende Beziehung ist zum Scheitern ver­ urteilt und garantiert nicht von Dauer. Denn wie wusste schon der römische Dichter Horaz: „Man kann die Natur mit einer Mistgabel hinausjagen, sie kommt dennoch stets zurück.“

Titelbild: Playboy Deutschland