Urlaubstrend 2022: Warum verreisen immer mehr Menschen mit dem Wohnmobil? Levin Klocker hat Antworten
Herr Klocker, besitzen Sie selbst einen Camper?
Ich habe tatsächlich keinen. Das ist jetzt aber in der Planung. Wenn man Mitte 30 ist, fühlt man sich langsam erwachsen genug und in dem richtigen Alter dafür (lacht).
Gerade in Ihrer Altersgruppe wird Camping tatsächlich beliebter, das zeigen Statistiken. Da ändert sich gerade was, oder?
Ja, in Deutschland war Camping schon immer ein großes Thema, aber es war mitunter mit einem Rentner-Image behaftet. Da hat es in den letzten Jahren einen Imagewandel gegeben. Immer mehr junge Menschen interessieren sich fürs Camping und sogar auch dafür, sich eigene Fahrzeuge zu kaufen ich sehe das auch auf den Wohnmobil-Messen. Vor ein paar Jahren waren die Nutzer unserer Plattform Yescapa durchschnittlich 45 Jahre alt, heute sind sie im Schnitt 39. Wohnmobilreisen sind heute auch etwas für junge Familien oder allein reisende Paare.
Woran liegt das?
Diese Art des Reisens passt einfach perfekt zum Zeitgeist, zu unserem Bedürfnis nach Entschleunigung, nach Natur, nach Minimalismus und Freiheitsgefühl. Zurück zu den Wurzeln. Es ist ein Gegenpol zum All-inclusive-Urlaub, wo Sie schon vor dem Hinfug genau wissen, was Sie wann machen werden und um wie Uhr das Büfett öffnet. Beim Camping steht dagegen Flexibilität im Vordergrund. Sie können jederzeit die Zelte abbrechen und losdüsen, wenn es Ihnen irgendwo nicht gefällt. Und wenn der italienische Bäcker um die Ecke besonders gut und freundlich ist, bleiben Sie eben etwas länger. Sie können der eigenen Nase nach in Ihrem Tempo reisen.
Bei Yescapa kann sich jeder Individuelle Camper ausleihen, ähnlich wie bei Airbnb – worauf muss man beim Ausleihen achten?
Ein wenig Vorbereitung ist schon wichtig. Überlegen Sie sich, wo Sie hinfahren wollen und wie viele Kilometer Sie insgesamt und täglich fahren wollen. Wenn Sie mit der Familie unterwegs sind oder etwas mehr Struktur brauchen, sollten Sie vorher die Campingplätze reservieren, auch weil die derzeit schon lange vorher ausgebucht sind. Beschäftigen Sie sich ein bisschen mit dem Camper-Leben: Wie funktioniert ein Gaskocher oder eine Camper-Heizung, wenn Sie im Winter unterwegs sind. Noch wichtiger ist aber, dass Sie sich auch nicht zu viel vorbereiten und spontan bleiben.
„Beim Camping steht Flexibilität im Vordergrund. Sie können jederzeit die Zelte abbrechen und losdüsen“
Gibt es Leute, für die das nicht die richtige Reiseform ist?
Camping ist auf jeden Fall kein Luxusurlaub, in dem Sie rundum vom Hotelpersonal bedient werden und bei dem Ihnen egal ist, wenn Sie etwas umwerfen, weil das sowieso jemand für Sie repariert – und bei dem Sie zum Schluss vielleicht sogar noch die Hotelschlappen mitgehen lassen. Fürs Camping interessieren sich Leute, die wissen, dass man sich mitunter auch mal am Fluss die Zähne putzt und selbst anpacken muss.
Wie früh muss ich buchen, damit ich einen Camper bekomme?
Wenn Sie in der Hochsaison unterwegs sein wollen, also Juni bis August, empfiehlt es sich schon, frühzeitig zu buchen, also bestenfalls bereits zum Jahresbeginn. Aber Sie finden grundsätzlich auch kurzfristig immer noch etwas, da auch immer mehr Besitzer ihre Camper zum Vermieten einstellen. Die Yescapa-Flotte umfasst beispielsweise derzeit rund 12.500 Fahrzeuge. Über die vergangenen Jahre haben wir ein starkes Wachstum gesehen, das weiter anhält und wodurch auch laufend neue Anzeigen hinzukommen.
Was sind derzeit die beliebtesten Camper-Reiseziele?
Die deutschsprachigen Urlauber reisen nach wie vor sehr viel in Deutschland selbst, auch weil das Land einfach viel hergibt, gerade was die Infrastruktur an Campingplätzen betrifft. Danach ist bei uns Spanien der absolute Knüller, darunter natürlich auch die Balearen und die Kanaren. Immer beliebter wird Portugal, gerade für Surfer, und weil es generell ein spannendes und sehr preisgünstiges Land ist.
Camper-Kapitän Levin Klocker
Camping als Urlaubstrend 2022: Diese vier Roadtrips durch Europa sind perfekt für den Urlaub auf (vier) Rädern
1. Für Geniesser: Amalfi Küste, Italien
Fischerdörfer, steil abfallende Küsten, weites Meer – die Küstenstraße Amalfitana am Golf von Salerno ist kein Geheimtipp, aber ein spektakulärer Trip nicht nur fürs Auge. Während der Fahrt gibt’s grandiose Aussichten auf das 100 Meter tiefer liegende Mittelmeer, abseits des Weges warten süditalienische Küche, viel Kultur und hervorragender Wein. Am Steuer sollten geübte Fahrer sitzen – es gibt kaum eine gerade Passage auf der 50 Kilometer langen Strecke.
2. Für moderne Pilger: Jakobsweg, Spanien
Nach Santiago de Compostela zu Fuß wandern? Kann man machen. Statt ewig „einfach mal weg“ zu sein, können Sie den Jakobsweg aber auch motorisiert zurücklegen – und die Strände bei San Sebastián sowie die Basken-Metropole Bilbao (im Bild das dortige Guggenheim-Museum) besuchen. Fahren Sie die Route am Atlantik entlang – atemberaubend! Von Santiago aus sind Sie übrigens ganz schnell in Portugal und Portos Weinkellern.
3. Für Insel-Hopper: Ring of Kerry, Irland
Auf rund 180 Kilometern umrundet der Ring of Kerry die Halbinsel Iveragh im Südwesten-Irlands. Ein Eldorado für Geschichtsfreaks mit menschlichen Kulturspuren aus der Steinzeit. Zwischen Menhiren, Klöstern und alten Herrenhäusern gibt’s viel Grün und viele Schafe, Seen, Felsenküste und sogar weiße Strände zum Baden – und sowieso unzählige instagramtaugliche Aussichtspunkte. Auch geeignet für eine Reise mit dem Rad.
4. Für nordische Abenteurer: Trollstigen, Norwegen
Berge, Täler, Wasserfälle – die norwegische Straße 63 führt durch archaische Naturlandschaften, bekannt ist sie als Trollstigen („Trollsteige“). Ihr bekanntester Abschnitt, die Adlerstraße (Ørnevegen), windet sich in elf Haarnadelkurven ziemlich steil den Berg hinauf. Oben von der Aussichtsplattform können Sie bis zum Weltnaturerbe Geirangerfjord sehen, auf dem Sie im Sommer unbedingt mit dem Schiff fahren sollten.