Foto Aufmacher: Fabian Edler
Playboy: Herr Dörr, wie wird man Supercar-Dealer?
Rainer Dörr: Also im Grunde genommen bin ich einfach ein Autohändler, so stelle ich mich auch anderen Leuten vor. Schon meine Eltern hatten ein BMW-Autohaus, das ich 1997 übernommen habe. Ich fing mit zehn Mitarbeitern an und habe das dann auf 140 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und vier Standorte ausgebaut. Im Jahr 2011 habe ich entschieden, alles zu verkaufen und ins Segment der Supersportwagen einzusteigen.
Wie kam es zu der Entscheidung?
Autos von BMW zu verkaufen hat mir keinen Spaß mehr gemacht, da wird einem viel vom Hersteller diktiert. Und als ich mitbekam, dass McLaren sein erstes Straßenfahrzeug entwickelt, habe ich die Gelegenheit beim Schopf ergriffen. Der Clou war, dass wir uns nicht als ehemaliger BMW-Händler beworben haben, sondern als Motorsport-Team.
Als Motorsport-Team?
Ja, ich engagiere mich schon seit 1999 im Rennsport, bin früher in meinem BMW sogar selbst Rennen gefahren. Angefangen hat das mit Langstreckenrennen auf der Nordschleife, später kamen dann das 24-Stunden-Rennen und die GT3-Rennfahrzeuge dazu. Solche Events sind natürlich perfekt, um potenzielle Kunden kennenzulernen und sich ein Netzwerk aufzubauen.
Sie mussten als frischgebackener McLaren-Händler also nicht auf gut Glück die Spielerliste des FC Bayern anschreiben.
Nein, so funktioniert das ohnehin nicht. Außerdem war unser erster Showroom von McLaren in Frankfurt. Ich weiß noch, dass hinter meinem Schreibtisch ganz viele Ordner standen, die aber alle leer waren. Um das zu ändern, haben wir Adressen gekauft und angefangen, eigene Motorsport-Events zu veranstalten. Das war der Schlüssel zum Erfolg.
Wie kamen neben McLaren so namhafte Marken wie Lamborghini, Pagani oder Bugatti dazu?
Das hat sich alles irgendwie ergeben. Wir haben mit McLaren Frankfurt angefangen und das Geschäft um McLaren Stuttgart erweitert. Irgendwann hat dann Lamborghini angeklopft. Genauso war es mit Bugatti und Pagani. Ich musste mich gar nicht bei denen bewerben, sondern sie haben sich bei uns gemeldet. Bugatti war natürlich wie ein Ritterschlag, ich meine, was gibt es Exklusiveres als einen Bugatti? So eine Marke ist im Automobilsektor das Maß der Dinge, die absolute Benchmark.
Haben diese unterschiedlichen Marken nicht ein Problem damit, dass sie alle als Konkurrenten beim selben Händler stehen?
Das haben die Hersteller früher so gesehen. Aber mittlerweile haben sie verstanden, dass sie sich in diesem Segment gegenseitig nicht wehtun. Wir haben nicht den typischen Autokunden, der zwischen zwei Marken hin und her überlegt, und sich dann für ein Auto entscheidet. Im Zweifel nimmt er beide.
Was sind das für Kunden, die sich gleich mehrere Supercars leisten können?
Das Gros unserer Kunden sind selbstständige Unternehmer mit rund 300 bis 400 Mitarbeitern. Aber natürlich haben wir auch Prominente oder Manager von großen Unternehmen.
Was für Prominente zum Beispiel?
Ein paar Fußballer, ein paar Schauspieler, ein paar Sänger. Und das eine oder andere Vorstandsmitglied. Ich darf Ihnen da keine Namen nennen. Aber die sind schon sehr bekannt. Einige spielen in Nationalmannschaften, ein prominenter Sänger ist dabei und der eine oder andere Rapper.
Wie muss man sich das vorstellen, gibt es ein klassisches Verkaufsgespräch mit anschließender Probefahrt?
Die meisten, die sich ein solches Auto leisten, kaufen das einfach direkt. Nur zwei von zehn wollen überhaupt noch eine Probefahrt. Einem guten Kunden allerdings überlassen wir das Auto auch mal übers Wochenende, damit er sich ein bisschen mit dem Fahrzeug beschäftigen kann.
Kann jeder zu Ihnen kommen und eine Probefahrt machen?
Wir verlangen jetzt keinen Kontoauszug, wenn Sie das meinen. Und rein vom Aussehen oder vom Dresscode kann man heute sowieso nicht mehr darauf schließen, ob sich jemand so ein Auto leisten kann oder nicht. Oft sind sogar die, die ganz leger im T-Shirt oder in Turnschuhen kommen, diejenigen, die dann wirklich so ein Auto kaufen. Daher ist meine Einstellung: Lieber machen wir eine Probefahrt zu viel als eine zu wenig.
Nach dieser Aussage werden sich bestimmt ein paar tausend Leser von uns bei Ihnen für eine Probefahrt anmelden.
Gerne, wir freuen uns auf neue Kunden. Aber letztendlich kommt es immer auch auf das Bauchgefühl des Verkäufers an. Hat der ein gutes Gefühl, dann ist eine Probefahrt kein Problem. Außerdem machen wir in der Regel nur begleitete Probefahrten, der Verkäufer ist also immer dabei.
Gilt das auch für einen über 2,5 Millionen Euro teuren Bugatti?
Nein, bei Bugatti organisieren wir die Probefahrten nicht selbst. Da fahren wir mit dem Kunden in das Werk in Molsheim, wo er das Auto dann fahren kann. Und bevor das passiert, werden seine Daten gecheckt, auch zum Beispiel wie groß sein Fuhrpark ist und welche Marken er bereits besitzt. Ähnliches gilt übrigens auch für Pagani, da sind die Stückzahlen ohnehin so gering, dass wir keine Autos in Deutschland vorrätig haben. Da fährt man dann mit dem Kunden runter nach Italien.
Und wenn ich das Auto dabei aus Versehen zu Schrott fahre?
Das ist, ehrlich gesagt, noch nie passiert, höchstens die eine oder andere Felge wurde mal kaputtgefahren. Und abgesehen davon gibt es eine Selbstbeteiligung von 15.000 Euro, das hemmt die meisten, eine allzu rasante Ausfahrt zu machen.
Hat sich Corona auf Ihr Geschäft ausgewirkt?
McLaren war knapp vier Monate zu und Lamborghini zwei. Das versuchen wir jetzt aufzuholen. Ich hatte eigentlich mit 30 Prozent weniger Umsatz gerechnet, Stand heute werden wir aber den Umsatz von 2019 halten können. Vermutlich weil viele Leute dieses Jahr Zeit hatten, sich mit dem Kauf eines neuen Autos auseinanderzusetzen.
Fahren Sie selbst ab und an mit einem der Supercars durch die Gegend?
Klar, wenn ich einen Termin bei einem Kunden habe, nehme ich immer einen der Supersportwagen. Aber zur Arbeit fahre ich mit meinem Mini.
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