Mode-Designer Philipp Plein
Mode-Designer Philipp Plein
Mo., 20.11.2023
Interviews

„Wir stehen für Luxus und Rock ’n’ Roll“

Kaum ein zweiter Modeschöpfer polarisiert so stark wie der Münchner Philipp Plein. Zum Erscheinen seiner Biografie sprachen wir mit dem „King of Bling“ über seine verrückte Erfolgsgeschichte, wilde Achterbahn­fahrten und ob er sich selbst als Narzissten sieht …

Herr Plein, Sie haben vor Kurzem eine neue Sport-Linie und eine neue Uhren-Kollektion herausgebracht, Anfang Oktober sind Sie zum dritten Mal Vater geworden, und Ende Oktober erschien Ihre erste Biografie. Bis Ende des Jahres soll Ihr neues Anwesen in Los Angeles fertiggestellt werden, und Anfang nächsten Jahres eröffnen Sie Ihr erstes Hotel in Mailand. Schlafen Sie eigentlich irgendwann auch mal?

Gute Frage (lacht). Mit Schlafen ist es momentan wirklich schwierig. Ich habe inzwischen drei Söhne, einer ist bereits zehn Jahre jung und lebt in Brasilien, aber die anderen zwei sind quasi noch Babys und schlafen oft bei mir im Bett. Deswegen schlafe ich gerade ganz wenig. Aber ich denke, wenn du besessen von etwas bist, bekommst du entsprechend Adrenalin durch deine Arbeit. Dein Energiepegel steigt ungemein, wenn du etwas wirklich willst im Leben. Dann spürt man auch die Müdigkeit nicht mehr so sehr.  

Vor zehn Jahren – damals fingen Sie gerade an, richtig durchzustarten – habe ich Sie in einem Interview gefragt, wofür Philipp Plein steht. Und Sie antworteten: für Luxus und Rock ’n’ Roll. Gilt das heute noch genauso? 

Wir stehen nach wie vor für Luxus und Rock ’n’ Roll, auch wenn wir aufgrund unserer heutigen Größe deutlich demokratischer sind als früher. Sprich: Wir sprechen eine größere Zielgruppe an, wir haben uns weiterentwickelt in den letzten Jahren, auch wenn wir irgendwie immer noch eine Nischen-Brand sind. Die Modewelt ist sehr schnelllebig, aber wenn man in der Lage ist, sich schnell genug anzupassen, macht genau das oft den Erfolg aus.

Mode-Designer Philipp Plein im Playboy-Interview: „Laut zu sein war unsere Strategie“

In dem Gespräch damals haben Sie sich mit Napoleon verglichen und wollten wie er die Welt erobern. Wie viel von der Welt haben Sie schon erobert?

Nur einen ganz kleinen Teil (lacht). In dieser verrückten Modezirkuswelt sind wir nur ein ganz kleiner Fisch. Von den Größenverhältnissen sind wir so etwas wie Monaco, während ein Konzern wie Louis Vuitton die Größe der USA und Kering sogar die von China hat. Das meine ich natürlich nur bildlich. Wir sind so etwas wie der kleine Nemo, während die anderen die schweren Walfische sind. Die sind zwar langsamer als wir, dafür aber größer und mächtiger. Für uns ist es wichtiger, profitabel als groß zu sein.

Jetzt kam gerade ein Buch über Sie heraus. Ist Ihr Alter von 45 Jahren nicht etwas jung für eine Biografie?

Ich hätte, ehrlich gesagt, selbst kein Buch über mich geschrieben, wenn nicht Tobias Bayer mit dieser Idee auf mich zugekommen wäre. Der ist Journalist, hat früher für die „Financial Times Deutschland“ und für die „Textilwirtschaft“ geschrieben. Er kannte meine Firma schon sehr lange und wollte meine Geschichte aufschreiben. Aber aus seiner eigenen Perspektive heraus. Ich fand diese Idee spannend, auch wenn ich bestimmt einige Passagen anders aufgebaut hätte.

Autobiografie von Philipp Plein
Der Journalist Tobias Bayer beschreibt in dieser klassischen „Vom Tellerwäscher zum Millionär“-Geschichte (oder eher vom Salem-Schüler zum King of Bling) die Erfolgsstory des deutschen Modemachers (24 Euro, Lübbe Life)
Credit: Philipp Plein

Ursprünglich hatte das Buch den Untertitel „Die Erfolgsstory des King of Bling“, warum wurde das geändert? Ist Ihnen der Begriff unangenehm?

Überhaupt nicht. Als ich in Mailand mit der Mode begonnen habe, gab es gerade so einen Wandel von den leisen zu den lauten Tönen. Also kamen wir mit einem stark dekorierten Produkt heraus, das sich abgehoben hat von allem anderen, was es um uns herum gab. Laut zu sein war unsere Strategie. Zu dem Zeitpunkt kannte niemand unsere Marke, also mussten wir auf uns aufmerksam machen. Das Bling hat uns von den anderen differenziert und ist heute ein Teil unserer Marke. Dazu stehe ich auch. Ich bin der Erste, der sagt: Ich bin der King of Bling. Und darauf bin ich stolz. Aber man muss es auch richtig einordnen und erklären, was es bedeutet. In Deutschland wird das leider oft mit etwas Negativem verbunden. 

Bekannt wurden Sie auch durch Ihre spektakulären Shows, richtig?

Ja, das stimmt. Wir haben mit unseren Events etwas ganz Neues in der Modeindustrie geschaffen. Früher war eine Fashion-Show immer mehr oder weniger das Gleiche, es gab 15 Minuten Catwalk vor einem sehr begrenzten Publikum, total exklusiv. Wir dagegen wollten immer inklusiv sein, sprich: Wir haben jeden reingelassen. Ganz demokratisch. Dafür waren unsere Events dann auch immer sehr groß, das waren richtige Massenspektakel.

Mode-Designer Philipp Plein im Playboy-Interview: „Wenn du einfach nur machst, was alle anderen machen, dann bist du austauschbar“

Was war das Verrückteste, das Sie je gemacht haben?

Wir haben viele verrückte Sachen gemacht. Einmal haben wir sogar eine komplette Achterbahn für unsere Show aufgebaut. Wir haben die Models da reingesetzt und beim großen Finale ihre Reaktionen während der Fahrt gefilmt. Und das haben wir dann überall per Video an die Wand projiziert. Normal sehen alle Models so perfekt aus, und bei uns haben sie die ganze Zeit geschrien und gekreischt. Das war schon irre. Wir sagen immer: We are born to be different, das ist unser Überlebenscredo.

Wieso Überlebenscredo?

Wenn du einfach nur machst, was alle anderen machen, dann bist du austauschbar. Dein Produkt ist austauschbar. Dann geht es irgendwann nur noch über den Preis. Aber wenn du ein Produkt hast und ein Image, das sich wirklich abhebt, dann kannst du jeden Preis dafür verlangen. Dann bewegst du dich außerhalb der Konkurrenz.

Ein Konkurrent hat mal über Sie gesagt, Sie seien vielleicht nicht der beste Designer, aber der beste Marketing-Stratege. Ist das das Geheimnis Ihres Erfolgs? 

Absolut. Das Designen selbst ist wahrscheinlich der kleinste Part, der den Erfolg eines Modeunternehmens ausmacht. Erfolg hat viel mit Marketing zu tun oder anders gesagt: Erfolg ist planbar. Das ist nicht einfach nur Glück. Du kannst vielleicht ein- oder zweimal Glück haben, aber nicht jeden Tag, 25 Jahre lang. Erfolg ist 100 Prozent Planung, Organisation und Umsetzung. Und nichts anderes. Natürlich gehört auch Kreativität dazu, aber das allein zählt nicht.

Bevor der große Erfolg kam, hat die Modewelt oft ein bisschen hoch­näsig auf Sie herabgesehen. Hat Sie das gestört?

Am Anfang ja. Doch vielleicht war es sogar gut, dass ich nicht diese Akzeptanz hatte. Deswegen habe ich mich von der Konkurrenz und auch der Modepresse distanziert. Ich habe mir gedacht, ich mache mein eigenes Ding, und ihr könnt von mir aus sagen, was ihr wollt. Ich habe nicht mehr nach ihren Regeln gespielt. Und das war meiner Meinung nach auch ein Boost für meinen Erfolg. 

Mode-Designer Philipp Plein im Playboy-Interview: „Ich glaube nicht, dass ich ein Narzisst bin“

Werden Sie heute anders wahrgenommen als damals? 

Ich glaube schon. Ich will mich jetzt nicht mit Elon Musk vergleichen, aber der kam damals auch mit einem Produkt in den Markt, das komplett anders war als alles andere. Und die ganze Industrie hat sich damals gegen ihn gewendet und gesagt, so ein elektrisches Auto funktioniert nicht. 

Trotzdem fahren Sie keinen Tesla, sondern Ferrari und Lamborghini.

Das hat mir Maye Musk, Elons Mutter, auch schon mal gesagt, sie ist großer Fan meiner Marke und war schon auf einigen Shows. Aber wenn ich ganz ehrlich sein soll, gefällt mir das Design nicht so gut. Ich finde Marken wie Ferrari und Lamborghini attraktiver. Ich habe mir aber gerade den Spectre von Rolls-Royce bestellt, das ist ein vollelektrisches Auto. Trotzdem mag ich Elon Musk sehr, ich habe viel Sympathie für Underdogs, weil ich mich selbst als einen sehe.

Ihr Buch trägt jetzt auch den Untertitel „Die Erfolgsstory eines Underdogs“.

Genau so ist es. Über unsere Fashion-Shows haben damals alle die Nase gerümpft. Zu vulgär oder kommerziell. Aber wenn du dir heute eine Show von Louis Vuitton ansiehst, da gibt es jetzt auch einen Star-Auflauf, da gibt es Rapper und eine riesige Performance-Show-Einlage. Genau wie bei einer klassischen Plein-Show. Nur dass das damals neu war, als ich es das erste Mal gemacht habe. Snoop Dogg, Nicki Minaj oder 21 Savage, die sind alle schon bei mir aufgetreten. Dabei war Hip-Hop früher gar nicht Luxus, das war Street. Das habe ich geändert, und jetzt machen das alle. In der Modeindustrie wird traditionell sehr viel kopiert oder um es positiver zu sagen: Man inspiriert sich gegenseitig. Und ich glaube, dass sich viele Leute mittlerweile an uns orientieren. Sie kopieren den Plein-Way. 

Vor ein paar Jahren kam es auch zu einer Kooperation mit dem Playboy. Was hat Sie daran gereizt?

Hugh Hefner war für mich immer so etwas wie ein Role Model. Ich meine: Wer will nicht wie Hugh Hefner leben oder gelebt haben? Das ist jemand, der hat seine Träume umgesetzt und zur Realität gemacht. Genau wie ich. Und der ist damals bestimmt auch gegen viele geschlossene Türen gelaufen. Obwohl er eigentlich für bestimmte Ideale gekämpft hat, wurden auch immer wieder negative Stimmen laut. Doch am Ende des Tages war er einfach unglaublich erfolgreich und hat etwas geschaffen, das es so vorher noch nicht gegeben hat. Deswegen fand ich die Marke Playboy immer schon interessant.

Philipp Plein für Playboy
Sein Markenzeichen – auffällig, laute Designs – kombiniert Philipp Plein auch mit der Marke Playboy – und entwarf Kollektionen mit dem ikonischen Bunny-Logo
Credit: Imago

Eine letzte Frage: Sie haben auf Ihren Armen das berühmte Zitat von Cäsar, „veni, vidi, vici“ (zu Deutsch: „Ich kam, sah und siegte“), sowie Ihren eigenen Namen tätowiert. Würden Sie sich selbst als Narzissten bezeichnen?

Nein. Ich glaube nicht, dass ich ein Narzisst bin. Ich habe einfach sehr früh erkannt, dass ich meine Schwächen in meine Stärken umwandeln muss. Wir haben weniger Marketing-Budget, weniger Erfahrung und weniger Brand Awareness als unsere Mitbewerber. Aber was wir haben, ist eine Person, die mit ihrem Namen für die Marke steht. Und das ist der Designer Philipp Plein. Einen Hugo Boss zum Beispiel gibt es nicht. Früher gab es einen Gianni Versace, eine Jil Sander oder einen Wolfgang Joop. Aber heutzutage gibt es keine aktiven Designer mehr, die ihre eigene Marke gestalten. Also benutze ich die Person Philipp Plein, um die Marke Philipp Plein zu bewerben. Als Mittel zum eigenen Zweck. Deswegen gebe ich Interviews oder stelle Bilder auf Instagram. Das alles hilft ungemein dabei, meine Marke zu präsentieren und erfolgreich zu machen.


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Titelbild: PR