Oscars 2022: Will Smith verpasst Chris Rock eine Ohrfeige
Mo., 28.03.2022
Lifestyle

Will Smiths Ohrfeige bei den Oscars 2022: Total gerechtfertigt oder aufgeblasenes Macho-Gehabe?

Dieser Moment wird wohl in die Geschichte der Academy Awards eingehen: Bei der Verleihung der Oscars 2022 verpasst Schauspieler Will Smith dem Komiker Chris Rock eine Ohrfeige, nachdem dieser einen Witz über Smiths Frau Jada Pinkett Smith machte. Als Schlagzeile geht die Ohrfeige gerade um die Welt – und entfacht eine Diskussion: War Will Smiths Reaktion berechtigt und verständlich oder doch nur aufgeblasenes Macho-Gehabe? Und vergessen wir bei all dem Wirbel, dass es sich hier um Gewalt in der Öffentlichkeit handelt?  

Haben Sie mitbekommen, was Krasses bei den Oscars 2022 passiert ist? Nee, wir meinen nicht die Sensation, dass die Tragikomödie „Coda“ den Oscar in der wichtigsten Kategorie „Bester Film“ abstauben konnte – und der Goldjunge damit zum ersten Mal an eine Produktion eines Streamingdienstes ging. „Coda“ läuft nämlich exklusiv bei Apple TV+. Wir meinen natürlich das zweite Gesprächsthema des Abends, das diese (für die Branche nicht ganz irrelevante) News leider etwas in den Schatten stellt: Schauspieler Will Smith ohrfeigte Komiker Chris Rock auf der Bühne und vor laufenden Kameras. 

Will Smith bei den Oscars 2022: So kam es zur Ohrfeige

Chris Rock war gerade dabei, den Oscar für den besten Dokumentarfilm zu verleihen. Während seiner Rede stichelte er jedoch gegen Jada Pinkett Smith, Will Smiths Ehefrau: „G.I. Jane 2 – ich kann es nicht abwarten, das zu sehen“, sagte Rock und spielte damit auf den Film „G.I. Jane“ aus dem Jahr 1997 an, für den sich Demi Moore in ihrer Rolle als Leutnantin den Kopf rasierte. Denn auch Jada Pinkett Smith trug an dem Abend der Oscar-Verleihung ihre Haare raspelkurz – was allerdings alles andere als ein modisches Statement oder gar eine Rollen-Bewerbung war. Die 50-Jährige leidet aufgrund der Autoimmunkrankheit „Alopecia areata“ unter kreisrundem Haarausfall und trägt aus diesem Grund ihre Haare kurzgeschoren. Den Kampf mit der Krankheit teilt sie auch öffentlich auf ihren Social-Media-Kanälen.

Durch die Masse ging ein Raunen, Jada Pinkett Smith verdrehte die Augen, Will Smith lachte kurz. Dann drehte sich seine Stimmung: Er marschierte zur Bühne, holte aus, verpasste Chris Rock eine Ohrfeige und setzte sich wieder. Rock wirkte überrascht – und überspielte die Szene lachend: „Wow. Will Smith just smacked the shit out of me“. Will Smith hingegen war immer noch nicht wieder zum Lachen zumute: Er schreit nach vorne, dass Chris Rock den Namen seiner Frau nicht in den Mund nehmen soll. Den Satz „Keep my wife's name out of your fucking mouth!“ wiederholte der Schauspieler, nachdem Chris Rock erwiderte, dass er einfach nur einen G.I.-Jane-Witz gemacht hätte. Verdutzt stand Chris Rock auf der Bühne, fing sich dann aber wieder und witzelte: „Das war die größte Nacht in der Geschichte des Fernsehens.“

Viele fragten sich zunächst, ob diese Ohrfeige ein Gag war und vielleicht zum Programm gehörte. Doch der Ton im amerikanischen TV wurde direkt nach der Ohrfeige stumm und blieb das auch einen Moment. Und spätestens als Will Smith kurz darauf seinen ersten Oscar als bester Hauptdarsteller für seine Rolle als Vater der Tennis-Legenden Serena und Venus Williams in „King Richard“ erhielt, war klar: Hier hat jemand impulsiv gehandelt. Denn unter Tränen bedankte er sich für die Auszeichnung mit einer Rede, die ungeprobt und spontan wirkte. In ihr zog er Parallelen zu seinem Filmcharakter, der laut Smith auch als „erbitterter Verfechter seiner Familie“ gilt – und entschuldigte sich. Diese Entschuldigung richtete sich an die Academy und seine nominierten Kollegen, nicht aber an Chris Rock. „Vielen Dank für diesen Moment“, schloss er seine Rede ab. „Ich hoffe, die Academy lädt mich wieder ein.“ Später gingen Schauspiel-Kollegen wie Bradley Cooper auf Will Smith zu und nahmen ihn in den Arm. 

Will Smith bei den Oscars 2022: Deshalb entfacht seine Ohrfeige eine Diskussion

Mit etwas Abstand zum Schockmoment tun sich immer mehr Fragen auf: War Will Smiths Ohrfeige eine berechtigte Reaktion auf einen beleidigenden Witz, für die man Verständnis zeigen kann? War es mutig, dass er sich – ohne Rücksicht auf mögliche Konsequenzen – mit dieser Aktion vor seine Frau stellte? Oder war die Ohrfeige vor Hollywoods Crème de la Crème und laufender Kamera nichts als aufgeblasenes Macho-Gehabe? War es eine impulsive, total überhitzte Reaktion von einem, der aufgrund seiner eigenen Nominierung ohnehin unter Strom stand und deswegen eine kürzere Zündschnur hatte, als vielleicht sonst? Und selbst wenn – zählt das als Rechtfertigung? Ist es generell okay, zuzuschlagen, wenn man seine Liebsten verteidigen will? Und welche Rolle spielt, dass es sich bei Will Smiths Ohrfeige unter dem Strich um Gewalt in der Öffentlichkeit handelt? 

Zugrunde liegen der Handgreiflichkeit bei den Oscars 2022 übrigens vorangegangene Auseinandersetzungen. Denn Will Smith und Chris Rock waren auch vor dem Zwischenfall alles andere als gute Freunde. Bereits bei der Oscar-Verleihung 2016, die Chris Rock moderierte, machte der Komiker Witze auf Kosten von Jada Pinkett Smith. Die Schauspielerin hatte in diesem Jahr die Verleihung wegen der stark überwiegend weißen Nominierten boykottiert. „Dass Jada die Oscars boykottiert ist so, als würde ich Rihannas Höschen boykottieren", sagte Rock damals, „Ich war nicht eingeladen“.

Aktuellen Informationen zufolge hat Chris Rock keine Anzeige erstattet. Die Academy teilte auf Twitter, dass sie „keine Form von Gewalt duldet“. 

Will Smiths Ohrfeige bei den Oscars 2022: Zwei Haltungen zum Thema Gewalt 

Innerhalb der Playboy-Redaktion diskutierten wir bereits vor einiger Zeit über das, was dem Aufreger-Thema des Tages zugrunde liegt: Sollten sich Männer für Frauen prügeln? Welche guten Gründe gibt es für Gewalt – und ab wann ist ein Grund überhaupt gut genug? Das Pro und Contra zum Thema lesen Sie hier.

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