Katastrophen-Regisseur Roland Emmerich
Katastrophen-Regisseur Roland Emmerich
Playboy 2022/02
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Ein guter Monat für: Sportfreunde und Erotik-Fans

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Pro & Contra: Pläne machen

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Männerbar: Französische Brandys

Wein des Monats: Der Pracht-Mallorquiner „ÀN/2“ 27

Männerküche: Heiße Tipps zum Wintergrillen

Stil: Sneaker für Kälte und Schnee

Sport: Superbowl-Vorbereitung mit Patrick Esume

Reise: Urlaub mal ganz anders – in Australien

Motor: Testfahrt im Kraftpaket Kia EV6 36

REPORTAGE

Die Suche nach dem verlorenen Sohn: Als Cody Dial im costa-ricanischen Dschungel verschwindet, beginnt für seinen Vater, den US-Abenteurer Roman Dial, die schwerste Expedition seines Lebens

INTERVIEW

Roland Emmerich: Der Großmeister der Kino- Katastrophen erwartet auch von der Realität in nächster Zukunft nicht viel Gutes ...

MOTOR & TECHNIK

AMG-Chef Philipp Schiemer: Der CEO der sportlichen Daimler-Tochter zeigt uns den ersten Hybrid der Marke und verrät, wie er sie in die E-Zukunft führen will

Mein Schlitten: Sascha Rabe und sein Ford Mustang

EROTIK

Playmate: Unsere Miss Februar, Anastasia Hale, reist gern in andere Länder. Und wir hinterher!

Blende Sechs: Ein russisches Model, ein balinesisches Wald-Retreat – es braucht manchmal gar nicht viel, um sich im Paradies zu wähnen ...

TITELSTRECKE

Vor ihrem Einzug ins RTL-Dschungelcamp entspannt sich die bezaubernde Ex-„Bachelor“- Kandidatin Linda-Caroline Nobat mit uns auf Teneriffa

MENSCHEN 2022

Wer das neue Jahr prägen wird: Zehn Frauen und Männer, die mit Kunst, Kommerz oder Politik unser Leben mit verändern

STREITSCHRIFT

Farbige, Frauen, falsche Freunde: Unser Autor zeigt, dass viele Anti-Rassisten und Feministen Klischees bedienen, die sie ansonsten bekämpfen

STIL

Mode: Fünf Männermode-Klassiker, wie Sie sie garantiert noch nie gesehen haben

Pflege: So macht man Haut und Haare winterfest

LUST & LEBENSART

Porno-Talk: Frauenfeindlich? Suchtgefährdend? Die Wissenschaftlerin Madita Oeming widerspricht Vorurteilen gegen die Sexfilm-Branche

Tagebuch einer Verführerin: Sexkolumnistin Sophie Andresky übt Enthaltsamkeit

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Helge Timmerberg: Der Kultautor schreibt uns zu seinem 70. Geburtstag eine altersweise Betrachtung – „Traue keinem unter 30“

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Di., 18.01.2022
Interviews

Katastrophen-Regisseur Roland Emmerich: „Die Menschen werden erst aufwachen, wenn es zu spät ist“

Mit Blockbustern wie „Independence Day“ (1996), „Godzilla“ (1998) oder „The Day After Tomorrow“ (2004) prägte Regisseur Roland Emmerich in Hollywood das Genre des Katastrophenfilms. Seit die Welt sich nun so sehr anstrengt, seine kühnsten Fantasien zu überholen, schwelgt der Katastrophen-Kreateur auch abseits seiner Filme in Weltuntergangsstimmung. Im Exklusiv-Interview für unsere Februar-Ausgabe anlässlich seines neuen Films „Moonfall“ (Kinostart: 10. Februar) verriet er seine düsteren Zukunftsvisionen.

In all den Gesprächen mit Roland Emmerich im Lauf der letzten 20 Jahre strahlte der Erfolgsregisseur stets eine gewisse Gelassenheit aus, gepaart mit einem Schuss Ironie. Zunächst scheint sich daran nichts geändert zu haben. Auch die Tatsache, dass er für unser Telefon-Interview eigens den Schnitt seines nächsten Films unterbricht, spricht dafür, dass er immer noch Lust auf gemütliche Unterhaltungen hat. Doch dann bringt den 66-Jährigen gleich die erste Frage zu seinem neuen Katastrophen-Kracher „Moonfall“ auf einen düsteren Gedankentrip ...

Herr Emmerich, Sie sind der Meister des Weltuntergangs – in Ihrem neuen Film „Moonfall“ stürzt der Mond auf die Erde. Finden Sie nicht, dass wir in diesen Tagen allmählich reale apokalyptische Verhältnisse haben?

Natürlich. Das hat sich in den letzten drei, vier Jahren immer mehr in diese Richtung entwickelt. Ich habe das schon 2004 gewusst, als ich „The Day After Tomorrow“ über den Horror der Klimakatastrophe gedreht habe. Dass der Mond auf die Erde fällt, wird natürlich niemals passieren. Das wirkliche Desaster wird schon der Klimawandel sein.

Sie wirken äußerlich entspannt, aber eigentlich sind Sie eine Art Nostradamus, oder?

Ja, das bin ich auch.

„Die Menschen werden also erst aufwa­chen, wenn es zu spät ist“

Sie malen also die Zukunft in düsteren Farben. Denken die Menschen denn nicht langsam um?

Momentan gibt es noch viele Leu­te, die den Klimawandel leugnen. In den USA sind das alle, die die Republikaner unterstützen, al­so rund 50 Prozent der Bevölke­rung. Aber in 10, 15, 20 Jahren wird alles so schlimm, dass das niemand mehr abstreiten kann. Die Menschen werden also erst aufwa­chen, wenn es zu spät ist, denn du kannst das Klima ja nicht einfach so umdrehen. Damit stehen wir alle sozusagen auf der Abschuss­liste. Dann werden alle Länder das Gleiche machen – sie werden sich abschotten. China tut das zum Beispiel jetzt schon. Und es wer­ den rechtsgerichtete Regierungen an die Macht kommen. Es kann sein, dass es einen richtigen Knall gibt, vielleicht sogar einen neuen Krieg. Erst danach wird die Welt hoffentlich ein besserer Ort sein. Aber das wird eben nicht ohne katastrophale Krisen ablaufen.

Eigentlich wäre das für Sie der perfekte Ausgangsstoff, um viele neue Weltuntergangsfilme zu machen.

Ich habe schon die Idee, vielleicht noch einmal einen Film zu drehen, in dem es nur darum geht, dass die Leute aus Afrika und Asien nach Amerika fliehen müssen. Denn das sind die am meisten betroffe­nen Gegenden. Und dann reden wir nicht von zwei, drei Millionen Flüchtlingen, sondern von 200, 300, 500 Millionen.

Haben Sie angesichts dieser Realität überhaupt noch Lust, die Apokalypse zu inszenieren?

Es nimmt einem schon ein bisschen die Lust am Zerstören. In „Moonfall“ zeige ich das auch schon weniger. Da sinkt ein biss­chen von New York in Schutt und Asche, ansonsten konzentriere ich mich mehr auf den Mond. Wenn ich eine Fortsetzung dazu drehen sollte, wird die auch stärker auf dem Mond spielen als auf der Erde.

Aber ist diese düstere Weltsicht eigentlich angebracht? Überall reden doch die Regierungen vom ökologischen Umbau. In Ihrer Wahlheimat Amerika wurde das Klimapaket der Biden-Regierung verabschiedet.

Ja, ich weiß, Biden versucht hän­deringend, etwas zu tun, aber das wird ausgehen wie das Hornber­ger Schießen. Es kann sehr gut sein, dass in den Kongresswahlen 2022 wieder alles republikanisch wird – Senat, Repräsentantenhaus. Und dann sind Bidens letzte zwei Jahre mehr oder weniger eine Vor­bereitung für den Umsturz. Dann kommen wir genau dahin, wo wir nicht sein wollen: Donald Trump wird Präsident auf Lebenszeit.

Für Amerika sehen Sie jedenfalls schwarz?

Es kann sehr wohl sein, dass Trump 2024 wieder zurückkommt. Das ist deprimierend. Als er die Wahl nicht akzeptiert hat, hat er unsere Demokratie zerstört. Und grund­sätzlich wird es in den USA immer schlimmer. Das sieht man täglich auf der Straße. Da gibt es viele neue Bauten, aber alles andere zerfällt. Das ganze Land wird zunehmend zur Müllhalde.

Wollen Sie es da noch aushalten? Sie haben ja noch Ihre deutsche Staatsbürgerschaft.

Ich will mein Haus in Los Angeles noch behalten, aber vielleicht sollte ich mich nach London zurückzie­hen. Das habe ich mir schon über­legt. Ich kann ja überall wohnen. Und ich arbeite hauptsächlich in Kanada. „Moonfall“ ist in Montreal entstanden, wo ich ebenfalls ein Apartment habe. Da gibt es auch bessere Arbeitsbedingungen für die Film-Crews, weil da strikte Regeln gelten. In Kanada muss sich nie­mand totarbeiten, so wie das teil­weise in den USA der Fall ist.

„Wir müssen alle vegetarisch werden, denn die Art und Weise, wie wir Nahrung produzieren, trägt zum Klimawandel bei“

Aber es sind doch nicht alle Menschen so verbohrt und sträuben sich gegen Veränderungen.

Natürlich nicht. In meinem Freundeskreis gibt es viele tolle Menschen, die sich auch bemühen, die Dinge besser zu machen. Nichtsdestotrotz wird es so sein, dass die einzelnen Menschen gar nichts ausrichten können, solange die Politiker nichts tun.

Was würden Sie denn einem Joe Biden oder einem Olaf Scholz raten zu tun?

Das Erste wäre, dass wir bis 2030 alle fossilen Brennstoffe aufgeben. Und wir müssen alle vegetarisch werden, denn die Art und Weise, wie wir Nahrung produzieren, trägt ebenfalls zum Klimawandel bei. In puncto Autos sind vielleicht zwei, drei Prozent elektrisch, der Rest fährt immer noch mit Benzinverbrennungsmotoren. Das muss überall abgeschafft werden. Es gibt keinen anderen Weg. Ich hätte da schon ein paar Ideen, aber kein Mensch will mir zuhören. Denen bin ich egal.

Vielleicht können wir mit diesem Interview die Nachricht lossenden, dass Kanzler Scholz bei Ihnen anruft?

Ja, aber ich will ja eigentlich meinen Film bewerben.

Wie sieht es denn mit Ihrem eigenen umweltverträglichen Verhalten aus?

Ich gebe zu, ich hinterlasse einen relativ großen ökologischen Fußabdruck. Ich versuche zumindest, so wenig wie möglich zu fliegen. Ganz ohne Fliegen geht es in meinem Beruf nicht. Aber Presseaktivitäten zum Beispiel mache ich jetzt in der Regel per Zoom. Zum Glück kann man sich ja digital über den Computer unterhalten. Das ist genauso, wie wenn wir in einem Zimmer zusammensitzen. Hoffentlich wird es in Zukunft Flugzeuge geben, die mit anderem Treibstoff fliegen, wobei ich keine Ahnung habe, wie das funktionieren soll. Und bis dahin werden sich die Leute in ein Auto oder einen Zug setzen oder auf ein Schiff gehen auf die ganz altmodische Art und Weise. Wenn sich allerdings alle Länder voneinander abschotten, dann wird Reisen ohnehin weniger wichtig.

Haben Sie nicht auch ein Dampfschiff? Greta Thunberg dürfte davon nicht begeistert sein ...

Ja, aber das kann man auf elektrisch umbauen. Abgesehen davon ist das ein kleines Problem gegenüber allem, was es da sonst noch so gibt.

„Im Prinzip bin ich ein Optimist. Aber je älter ich werde, desto depressiver werde ich“

Jetzt steuern wir ja schon wieder Richtung Tiefstimmung. Gibt’s wirklich nichts, was Ihnen Hoffnung macht?

Ganz wenig. Im Prinzip bin ich ein Optimist. Aber je älter ich werde, desto depressiver werde ich, das muss ich leider sagen. Man braucht sich nur die Nachrichten anzuschauen.

Vielleicht sollten Sie genau das vermeiden.

Das kann man ja auch nicht machen. Du musst ein bisschen informiert bleiben. Ich schaue mir das 15 bis 20 Minuten am Tag an, und dann bin ich völlig depressiv.

Ihr Mann ist 33 Jahre jünger als Sie. Wie ist der im Vergleich zu Ihnen drauf?

Der macht sein Ding, der kümmert sich nicht so sehr darum. Eigentlich wäre das eine gute Idee, sich nicht darum zu kümmern. Denn das zieht mich eben voll runter.

Wie schaffen Sie es dann, jeden Tag aus dem Bett aufzustehen?

Es bleibt mir ja gar nichts anderes übrig. Vielleicht bin ich jetzt auch einfach während dieses Gesprächs auf einem depressiven Trip.

Wie wäre es, wenn Sie sich auch einfach nur auf Ihr Ding, also das Filmemachen, konzentrieren und Ihre Schäfchen ins Trockene bringen?

Ich drehe meine Filme nicht, weil ich meine Schäfchen ins Trockene bringen will, sondern weil ich eine Leidenschaft dafür habe und weil ich etwas zu sagen habe. Zum Beispiel weil ich es eine interessante Idee fand, dass der Mond auf die Erde herunterstürzt, und wir entdecken, dass er nicht das ist, wofür wir ihn halten.

Leidenschaft spornt ja zu Leistungen an. Haben Sie zumindest Erfolgserlebnisse, die Ihnen positive Gefühle geben?

Der Film ist sicher ein gutes Beispiel. Ich hatte schon angefangen, ihn vorzubereiten, und auf einmal wurde die Situation mit der Pandemie immer schlimmer und schlimmer, man knallte uns die Tür zu, und es gab den Lockdown. Danach saßen wir alle zu Hause herum und haben gewartet. Bis ich gesagt habe, ich fliege jetzt zurück nach Montreal. Dann saßen wir auf dem Dach meines Apartments herum und überlegten verschiedene Möglichkeiten, wie wir das hinkriegen – und irgendwie haben wir es geschafft.

Ohne Abstriche?

Ich musste meine Drehzeit um zehn Tage verkürzen – bei „Moonfall“ hatte ich 61 Tage, während es bei anderen Filmen immer 80 oder 90 gab. Das war schon hart, aber es ging irgendwie. Ich habe auch nichts herausgestrichen, der Film ist heil geblieben. Alles geht eben irgendwie, wenn man den Willen hat.

Jetzt sind wir ja doch bei etwas Hoffnungsvollem gelandet. Vielleicht können wir noch etwas anderes finden. Wie sehen Sie denn als Homosexueller den Siegeszug für Gay- und Transgender-Rechte?

Total positiv. Es muss jetzt noch mehr Filme mit unterschiedlichen sexuellen Orientierungen geben und auch mit noch größerer ethnischer Diversität. Das finde ich äußerst lobenswert.

Allerdings droht daraus ein moralischer Feldzug in Sachen politischer Korrektheit zu werden, finden Sie nicht?

Trotzdem finde ich diese Bewegung gut. Ja, es wird alles ein bisschen übertrieben. Aber das ist normal. Erst mal wird überzogen, und dann pendelt es sich ein. Wie gesagt, ich befürworte diese Entwicklung. Ohne sie ist die Welt ja beschissen genug.

„Meine Hunde sind eigentlich mein einziger positiver Punkt im Leben“

Es gibt in Ihrem Leben aber auch Wesen, die sich über die Welt nicht den Kopf zerbrechen: Ihre Mischlingshunde Bella und Bandido.

Sie sind eigentlich mein einziger positiver Punkt im Leben – die einzigen Wesen, die immer glücklich sind, wenn ich zur Tür hereinkomme. Den ganzen Tag sitzen sie neben mir oder auf mir drauf.

So gesehen hätten wir vielleicht lieber die ganze Zeit über Ihre Hunde sprechen sollen, um Sie auf andere Gedanken zu bringen. Haben Sie zumindest zum Schluss irgendeine positive Empfehlung für unsere Leser?

Sie sollen sich „Moonfall“ anschauen. Das ist ein Film, der Spaß macht – mit zwei Stunden, in denen man sich nicht langweilt. Denn was ich nicht brauche, sind Filme, die sich selbst zu ernst nehmen.
 

Titelbild: Imago