Do., 13.08.2020
Kommentar

Russisch Roulette und die große Tattoo-Debatte

Verschwörungstheoretiker müssen jetzt umdenken. War bisher ausgemachte Sache, dass Bill Gates die Welt impfen werde, stellte sich gestern heraus, dass der Mann an der Spritze deutlich weiter östlich zu orten ist: in Russland nämlich. Wladimir Putin verkündete mit sichtlichem Stolz, den Impfstoff gegen Covid-19 – und damit den Schlüssel zum weltweiten Impfmonopol – in Händen zu halten. Das ist sicher eine tolle Nachricht. Vielleicht mit ein paar kleinen Schönheitsfehlern.

Aktuell weiß man weltweit von mindestens 172 Impfstoffprojekten. Alle großen Nationen – USA, China, Australien, Indien, Brasilien, Kanada, aber auch Deutschland – forschen seit Monaten nach der rettenden Formel. Warum alle eingesetzten Dollarmilliarden noch zu keinem Ergebnis geführt haben, hat den Grund, dass eine verantwortungsvolle Impfstoffentwicklung in drei zeitlich aufeinanderfolgenden Phasen abläuft.

In Phase I wird ein Impfstoff erstmals an Menschen getestet – und zwar an einer kleinen Gruppe gesunder Frauen und Männer, die in der Regel zwischen 18 und 55 Jahre alt sind. Im Fokus steht hierbei die Verträglichkeit des Medikaments. In Phase II wird der Impfstoff an einer deutlich größeren Gruppe (bis zu 1000 und mehr Probanden) getestet. Ziel dieser Studienphase ist es, die bestmögliche Dosierung zu ermitteln. Üblicherweise dauert diese Phase mehr als zwei Jahre. Bei den aktuellen Covid-19-Studien hoffen viele allerdings die Lösung in wenigen Monaten zu finden.

Phase III ist der aufwändigste Teil der Impfstoffentwicklung. Mit einigen tausend Freiwilligen, die sich in ihrem normalen Alltag mit dem Virus infizieren könnten, soll sich jetzt erweisen, ob der Impfstoff zuverlässig vor einer SARS-CoV-2-Infektion schützt. Erforscht wird das in der Regel in zwei Gruppen, von denen eine den Impfstoff verabreicht bekommt – und die andere (natürlich ohne es zu wissen) ein Placebo. Hier finden sich erstmals auch ältere Menschen unter den Testpersonen. Das ist für die Gesamtstudie natürlich essentiell, da Menschen ab 55 am stärksten von der Pandemie betroffen sind und den Kern der Risikogruppe bilden.

Bedauerlicherweise haben Putins Forscher offenbar Phase III übersprungen – und machen so die knapp 145 Millionen Einwohner Russlands zu einer gigantischen Testgruppe. Klingt irgendwie nach einer aktuellen Version von Russisch Roulette.

Credit: imago

Weit weniger gefährlich als einen unausgereiften Corona-Impfstoff verabreicht zu bekommen, ist es, sich farbige Tinte unter die Haut zu spritzen. Ich hatte Sie vor zwei Wochen an dieser Stelle gefragt, wie Sie persönlich zum Thema Tattoos stehen. Und was soll ich sagen? An Feedback Ihrerseits mangelte es wahrlich nicht. Willi C. sagt zum Thema „Tätowieren: ja oder nein“ beispielsweise folgendes: Ich für meinen Teil habe noch nie auch nur einen Menschen gesehen, der durch seine Tattoos irgendwie attraktiver oder schöner geworden wäre.“ Und Thorsten W. findet an Tattoos längst nichts Extravagantes mehr: „Früher haftete der Tätowierung etwas Verruchtes an“, heute habe aber „jede Hausfrau aus Wanne-Eickel und jeder Bankkaufmann aus Hintertupfing das Geburtsdatum des Sohnes, den ersten Sex mit der neuen Freundin oder irgendwas Schlaues aus China“ auf den Körper geschrieben. Bernd M. weist in seinem Feedback auf die gesundheitlichen Risiken der Körperkunst hin, die so vielen unter die Haut geht: Ich glaube fest daran, dass es in unserer vernetzten und gesundheitsbewussten Gesellschaft nicht mehr lange dauert, bis jemand herausfindet, dass die Farbe unter der Haut ungesund ist.“

Prof. Dr. Wolfgang B. ergänzt: „Meine gute Bekannte und niedergelassene Dermatologin Dr. Yael Adler hat dem medizinischen Aspekt der tätowierten Haut in ihrem letzten Bestseller ,Hautnah‘ sogar ein ganzes Kapitel gewidmet. Neben der Gefahr der Infektion mit Hepatitis-Viren und dem daraus resultierenden Verbot Blut zu spenden, enthalten die zum Teil bunten Farbpartikel auch krebserregende Stoffe. Außerdem können sie Allergien auslösen oder unterhalten.“ Der erfahrene Arzt berichtet in derselben Mail aber auch über sehr erfreuliche Nebenwirkungen von Tattoos: „Einem Patienten während meiner medizinischen Ausbildung in Südafrika hat das Tattoo aber das Leben gerettet. Es sollte ihm ein Bein amputiert werden, und er lag schon bereit auf dem OP-Tisch, als einem Pfleger auffiel: Das ist doch das falsche Bein! Auf dem zu entfernenden Bein ist ein Excalibur-Schwert tätowiert!“ Glück gehabt.

Diskutieren Sie gerne mit – und schreiben Sie mir weiter Ihre Meinung zum Thema Tattoos unter boitin@playboy.de. Wie attraktiv kunstvolle Tattoos auf perfekten Frauenkörpern wirken, zeigen wir Ihnen in der digitalen Special Edition „Best of Tattoo Girls“ mit 180 gestochen scharfen Fotos in einer Ausgabe!

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