Fr., 17.09.2021
Interviews

Schönheitschirurg Dr. Atila: "Schönheit ist für mich eine Lebensaufgabe"

Was ist schön? Und was noch schöner? Dr. Mehmet Atila beschäftigt sich täglich mit Fragen wie diesen – er ist Facharzt für plastische und ästhetische Chirurgie und Leiter des Medical Inn, eines Spezialzentrums für Schönheitschirurgie in Düsseldorf. Wir sprachen mit ihm über Schönheits-Trends, OPs, die ihm in Erinnerung blieben und sein ganz eigenes Schönheitsempfinden.

Herr Dr. Atila, was bedeutet Schönheit für Sie persönlich? 

Schönheit ist für mich nicht nur eine Trenderscheinung bestimmter Maße und Zielvorgaben. Schönheit ist für mich eine Bestimmung, eine Lebensaufgabe. Deswegen heißt es im Claim von Medical INN auch „Schönheit (er)leben“. Das gilt bei uns für alle Bereiche. Neben meiner Passion für die ästhetische Chirurgie gehört dazu auch die Ästhetik meines Umfeldes: Innendesign, Architektur – überall wird bei uns das Motto als Einheit von Innen und Außen greifbar. Für mich ist jeder Mensch schön. Meine Aufgabe als Chirurg ist es, diese Schönheit im Bedarfsfall zu verfeinern und die Besonderheiten der einzelnen Person hervorzuheben.

Auf Ihrer Website kann man wählen zwischen “Schön mit OP” und “Schön ohne OP”. Was wird in der letzten Zeit häufiger gefragt?

Tatsächlich ist es so, dass der Bereich „Schön mit OP“ inzwischen am häufigsten nachgefragt wird. Das ist in meinen Augen auch der Pandemie geschuldet, da Lockdown und Homeoffice dafür einen guten Rahmen bieten. Gleichzeitig ist insbesondere auch bei Männern die Akzeptanz solcher Eingriffe stark gestiegen. Nicht zuletzt bedingt durch die Omnipräsenz und Wirkungskraft der sozialen Netzwerke. Man muss sich heute nicht mehr verstecken. Der eigene Körper, das eigene Aussehen sind zu einem wichtigen Statussymbol geworden.

Für viele Frauen symbolisieren Instagram-Filter ein neues Schönheitsideal – hohe Wangenknochen, volle Lippen und so weiter. Welchem Schönheitsideal eifern Männer nach? 

Männer verwenden im Schnitt deutlich weniger Filter bei Instagram. Ganz klar geht hier der Trend zu einem betont maskulinen Aussehen. Role Models sind dabei schon seit vielen Jahren charismatische Typen wie Matt Damon und Brad Pitt, die für eine ausgeprägte und erwachsene Männlichkeit stehen. Besonders deutlich wird dies an einer hervorgehobenen Jawline, also einer ausgeprägten Kinnpartie, welche dieses männliche Ideal unterstreicht.

Dafür spritzen Sie Hyluron zwischen Kieferknochen und Oberhaut. Wie häufig muss man diese Behandlung wiederholen? 

Das ist sehr unterschiedlich und hängt im Wesentlichen vom individuellen Stoffwechsel unserer Patienten ab. In der Regel ist es so, dass Hyaluron-Unterspritzungen in einem Intervall von zwölf bis 15 Monaten wiederholt werden, da ab diesem Zeitpunkt die Wirkung erkennbar nachlässt. Wir streben bei Unterspritzungen heute in erster Linie einen natürlichen Look an. Bei Männern bedeutet dies vor allem, dass nicht wirklich jede Falte weggespritzt werden muss. Es geht vielmehr darum, die individuelle Ausdrucksstärke des Mannes positiv hervorzuheben.

"Ein relativ neuer Trend ist die männliche Intimchirurgie"

Wenn wir über das Gesicht hinausgehen: Vielen Promi-Damen wird nachgesagt, auch beim Körper nachhelfen zu lassen, etwa den Po voluminöser zu gestalten. Wie sieht es hier bei Männern aus? An welchen Körperstellen lassen die meisten nachhelfen?

Grundsätzlich sind Männer viel eitler als man gemeinhin denkt. Neben Haarausfall, den wir durch Transplantation sehr gut behandeln können, besteht die größte Nachfrage bei der Entfernung sogenannten Hüftgolds. Im Falle von sport- und diätresistenten Fettpolstern im Hüft- und Bauchbereich tendieren viele Männer zu einer gezielten Körperformung durch Fettabsaugung. Auch im Falle einer zu weiblichen Brust bei Männern können wir durch Absaugung und Modulation tolle Ergebnisse erzielen und das Gesamtbild sehr viel maskuliner gestalten. Ein relativ neuer Trend ist die männliche Intimchirurgie. Hier gilt es auch im nackten Zustand im wahrsten Sinne des Wortes „seinen Mann zu stehen“. Ein passendes Bild durch straffe Hoden und ein voluminöser Penis gehören für viele einfach dazu.

Welcher Typ Mann kommt zu Ihnen?

Der Typus Mann, der sich bei uns mit dem Wunsch nach einer Schönheitsoperation vorstellt, ist sehr unterschiedlich. Wir erleben hier alles: Vom extrem selbstsicheren Manager im Maßanzug, der genau weiß, was er will. Aber auch den eher unsicheren Patienten, der durch einen ästhetischen Eingriff sein Selbstbewusstsein verbessern und attraktiver wahrgenommen werden möchte.

"In der Regel kommen gut situierte Männer mit einer akademischen Ausbildung und entsprechendem Einkommen zu uns"

Wie alt sind die Patienten, die zu Ihnen kommen und zu welcher Gesellschaftsschicht gehören sie? 

Das Durchschnittsalter unserer männlichen Patienten liegt zurzeit bei 40 Jahren. Los geht es bei einigen allerdings schon mit Anfang, Mitte 30. Im Zuge der Midlife-Crisis wächst dann erkennbar das Bedürfnis nach Selbstoptimierung und damit auch die Inanspruchnahme unserer ästhetischen Leistungen. Dabei kommen unsere Patienten generell aus allen Gesellschaftsschichten. In der Regel handelt es sich aber schon um gut situierte Männer mit einer akademischen Ausbildung und entsprechendem Einkommen.

Im Vergleich zu vor zehn Jahren: Was korrigieren Sie heute häufiger, was weniger? Und vor allem: wen? 

OPs bei Männern sind in den vergangenen zehn Jahren stark angestiegen. Bei weitestgehend konstanten Trends haben sich allerdings die von uns angewandten Methoden stark verfeinert. Sie sind deutlich minimal-invasiver geworden. Das heißt, die Operationen sind weniger belastend, der Patient kann schneller in seinen Alltag zurück und die Ergebnisse sind wesentlich besser geworden. Ein gutes Beispiel hierfür ist die Liposuktion. Durch den Einsatz innovativer Laser- bzw. Plasma-Technologien können wir unter der Behandlung den Körper besser konturieren und so zum Beispiel sehr natürlich aussehende Sixpacks entstehen lassen.

Was war Ihr bisher aufwendigster Eingriff? 

Besonders anspruchsvoll und aufwendig ist es, wenn ein Patient im Vorfeld sehr viel Gewicht verloren hat und dadurch sehr viel Hautüberschuss besteht. Die Straffung des gesamten Körpers stellt in einem solchen Fall eine sehr hohe Herausforderung an den Operateur dar und gehört daher unbedingt in die Hände eines Fachmanns.

Und Ihr, wenn man das so ausdrücken kann, ekligster?  

Generell gibt es für mich keinen Eingriff, der eklig ist, denn jeder Eingriff ist Teil meines Berufs und damit auch Teil meiner Leidenschaft für die plastische und ästhetische Chirurgie. Natürlich hat jeder Chirurg im Rahmen seiner Ausbildung und Laufbahn schon skurrile und weniger schöne OPs erlebt. Bei mir liegen diese Erfahrungen aber schon lange zurück und stammen noch aus meiner Zeit in der Allgemeinchirurgie. Besondere Herausforderungen waren damals für mich zum Beispiel Darm-Eingriffe bei Verschlüssen. Daraus resultierende Nekrose von Darm-Organen kann mitunter sehr übelriechend sein.

Was war die verrückteste Anfrage, die Sie bekommen haben?

Einige der verrücktesten Anfragen, die ich bekommen habe, kamen von Frauen, die beispielsweise Rippen für eine Wespentaille entfernt haben wollten, oder das Becken durch Brechen zu verkleinern gedachten. Ich erinnere mich auch an einen Fall, bei dem ich die Muskulatur der Waden entfernen sollte. Das sind natürlich alles Eingriffe, die medizinisch in keiner Weise zu rechtfertigen sind und die ich daher grundlegend ablehne. Bei Männern kann man sagen, dass solche skurrilen Wünsche eher selten bis gar nicht vorkommen, da sie sich weniger Illusionen hingeben und in der Regel auch keinen gesundheitlichen Schaden in Kauf nehmen. Die Tendenz ins Extrem zu gehen und Risiken zu Gunsten der eigenen Wunschvorstellung zu verdrängen, beobachte ich eher bei Frauen – wenn natürlich auch dort nur bei einer sehr kleinen Minderheit.

"Die skurrilste Anfrage von einem Mann war der Wunsch nach einem dritten Hoden aus Silikon"

Gab es schon Anfragen von Männern, die Sie abgelehnt haben?

Die skurrilste Anfrage von einem Mann war der Wunsch nach einem dritten Hoden aus Silikon, der auf einer sexuellen Phantasie basierte. Dies wurde von mit selbstverständlich – wie auch viele andere Eingriffe, die schädlich für den Körper sind – abgelehnt.

Sind Sie selbst operiert? 

Bis jetzt bin ich selbst noch nicht operiert. Ich muss allerdings sagen, dass ich dies im Bedarfsfall jederzeit in Erwägung ziehe. Sollte der altersbedingte Haarausfall zunehmen, käme für mich auf jeden Fall eine Transplantation in Frage. Das gleiche gilt auch für eine Fettabsaugung, wenn ich bestimmte Stellen nicht mehr durch Training oder Diät definieren könnte. Im Alter werde ich mich bestimmt auch für eine Gesichtsstraffung und Straffung des Oberlids entscheiden. Ich finde, dass die Vorteile hier eindeutig überwiegen und eine wichtige Verbesserung der Lebensqualität bedeuten. Prophylaktisch lasse ich bereits jetzt Unterspritzungen mit Botox gegen eine Vertiefung von Gesichtsfalten durchführen. Ein Eingriff, den ich jedem Mann ab 40 aufrichtig empfehle.

Haben Sie schon Eingriffe durchgeführt, die Sie persönlich überflüssig fanden bzw. ungern gemacht haben?

Die meisten Eingriffe, die wir durchführen, sind in der Regel Luxus-Eingriffe. Sie entspringen zumeist dem Bedürfnis des Patienten nach einer äußerlichen Selbstoptimierung. Natürlich kommt es dabei auch immer wieder zu OP-Wünschen, die sich nicht zwingend mit meinem eigenen Schönheitsideal decken. Dies kann zum Beispiel ein sehr voluminöser Po oder eine überproportional große Brust bei einer zierlichen Frau sein. Die Frage, die ich mir im Vorfeld immer stellen muss, ist die der medizinischen Unbedenklichkeit. Des Weiteren nutze ich natürlich auch unsere sehr intensiven Beratungsgespräche im Vorfeld, um sicher zu gehen, dass die Patienten sich über die Dimension und die möglichen Konsequenzen ihres gewünschten Eingriffs im Klaren sind. Auch informiere ich, wenn sinnvoll, über potentielle Alternativen. Letztlich gilt in unserer Branche aber: Der Kunde ist König.

"Der Beruf 'Schönheitschirurg' hat offensichtlich eine hohe Anziehungskraft auf Frauen"

Wie reagieren Frauen darauf, dass Sie Schönheitschirurg sind? 

In den langen Jahren meiner beruflichen Tätigkeit konnte ich beobachten, dass der Beruf „Schönheitschirurg“ offensichtlich eine hohe Anziehungskraft auf Frauen hat. Schon in den frühen Jahren meiner Ausbildung habe ich diese besondere Affinität zu spüren bekommen. Auch heute ist es so, dass es keine Veranstaltung gibt – sei sie privater oder beruflicher Natur – bei der mich die Damen nicht auf meinen Beruf ansprechen. Gerne auch verbunden mit der Frage, welche Möglichkeiten zur Optimierung ich bei ihnen sehe. Das kann manchmal ein wenig ermüdend sein, man lernt aber damit umzugehen. Mir ist es natürlich immer lieber, wenn sich die Menschen, die mich kennenlernen, für mich als Person interessieren. Aber ich habe mich daran gewöhnt und kann damit umgehen.

Scannen Sie die Gesichter und Körper von Menschen, die Sie neu kennenlernen oder auf der Straße sehen, danach ab, ob man etwas verbessern könnte?

Es ist natürlich so, dass ich die Personen in meinem Umfeld immer auch durch die Brille des Schönheitschirurgen wahrnehme. Das ist ein ganz automatischer Reflex, den man in meinem Beruf nicht einfach an- und ausstellen kann. Wenn ich mich mit einem Freund oder Geschäftspartner treffe und dieser hat zum Beispiel Schlupflider, dann fällt mir das natürlich schon auf. Aber ich nehme das nicht als Makel war. Denn in meinem privaten Umfeld geht es ja primär eben nicht um Äußerlichkeiten. Insofern scanne ich jetzt auch nicht jede neue Begegnung von Kopf bis Fuß ab. Ich würde auch außerhalb meiner Praxis nie Empfehlungen aussprechen.