Playboy 2023/08

Männer im Abseits?

Das „aktuelle sportstudio“ feiert in diesem Jahr seinen 60. Geburtstag. Das ZDF nahm das Jubiläum jetzt zum Anlass, tief ins Archiv einzutauchen, und förderte dabei bemerkenswerte, teils legendäre Momente der Fernsehgeschichte zutage. Unvergessen beispielsweise der Studiobesuch von „The Greatest“, Muhammad Ali, im Jahr 1975. Aber auch das Gespräch des Moderators Rainer Günzler mit dem deutschen Boxer Norbert Grupe, das keines war, bleibt in Erinnerung. Grupe schwieg nämlich beharrlich.

Der Grund: Der „sportstudio“-Moderator hatte zuvor einen kritischen Beitrag über den Faustkämpfer gezeigt. Und auch der hitzige Schlagabtausch zwischen dem damaligen Bayern-Manager Uli Hoeneß und Köln-Trainer Christoph Daum ist in die Geschichte eingegangen. Frauen fanden natürlich ebenfalls statt im „aktuellen sportstudio“. Sie hatten es in den Anfangsjahren der Sendung allerdings nicht immer leicht. 1973 durfte mit Carmen Thomas erstmals eine Frau die populäre Sport-Show moderieren – was viele Männer damals ablehnten. Auch die „Bild“-Zeitung schoss sich früh auf Thomas ein und schlachtete jeden Fehler der Moderatorin aus. Ihr harmloser Versprecher vom 21. Juli 1973 schaffte es schließlich auf die Titelseite: „Schalke 05“ wurde zum Klassiker der „sportstudio“-Historie und machte Carmen Thomas unfreiwillig berühmt.

Es ging aber noch erbärmlicher. Aus heutiger Warte geradezu unglaublich mutet ein TV-Kommentar des langjährigen und damals hochgeschätzten Fernsehmanns Wim Thoelke an. Zu den Schwarz-Weiß-Bildern des ersten inoffiziellen Länderspiels der Frauen-Nationalmannschaft am 28. März 1970 ätzte der Moderator verächtlich: „Da sind die Damen Fußballerinnen … Da hat Mutter eine wunderbare Flanke nach halblinks gegeben … Junge, Junge, Junge: Laufen, Erna, laufen. Erna ist nicht flink genug ... Foul. Die Zuschauer brauchen sich gar nicht aufzuregen, die Frauen waschen doch ihre Trikots selber … Decken, decken, nicht Tisch decken. Richtig Mann decken …“

Heute, 53 Jahre später, müsste sich der TV-Chauvi Thoelke nach einer solchen Moderation wohl einen neuen Job suchen. Im Jahr 2023 ist der deutsche Fußball deutlich weiblicher und die deutsche Frauen-Nationalmannschaft sogar ein heißer Kandidat auf den WM-Titel. Und: dabei auch noch deutlich beliebter als die männlichen Kollegen (siehe Playboy-Umfrage des Monats auf Seite).

Gute Gründe für ein Playboy-Interview mit Nationalspielerin Sophia Kleinherne. Die Verteidigerin von Eintracht Frankfurt zeigt sich im Gespräch mit meiner Kollegin Julia Haase sogar durchaus angriffslustig. Das Interview mit der 23-jährigen DFB-Kickerin lesen Sie ab Seite 82. Ich verspreche Ihnen eine Ausgabe mit einer Vielzahl spannender Themen – und ganz vielen starken Frauen.

Ihr

Florian Boitin, Chefredakteur