Um die Geschichte der Beatles nach ihrem eigentlichen Ende, dem 10. April 1970, zu erklären, springt man am besten an den Anfang der 90er Jahre. Damals trafen sich die drei verbliebenen Mitglieder Paul McCartney, George Harrison und Ringo Starr, um an der Beatles Anthology zu arbeiten. Die Anthology war ein Rückblick auf das Schaffen der Band, bei der alte unveröffentlichte Demos und Aufnahmen, sowie Interviews und ein begleitendes Buch veröffentlicht wurden. Lennon-Witwe Yoko Ono steuerte für das Projekt mehrere Kassetten bei, auf denen sich Aufnahmen von John Lennon mit bis dahin unveröffentlichten neuen Songs befanden.
„Now and Then“ von den Beatles: Die Arbeit am Lied schien unmöglich
Die beiden Lennon-Lieder „Real Love“ und „Free as a Bird“ wurden daraufhin von den verbliebenen Mitgliedern überarbeitet und vollendet. Die Songs wurden schließlich in den Jahren 1995 und 1996 als Beatles-Singles veröffentlicht. Die Gesangsaufnahme zu „Now And Then“, die Lennon 1977 in seinem Zuhause in New York vor seinem Tod aufnahm, genügte qualitativ jedoch nicht für eine Bearbeitung und anschließende Veröffentlichung. Es befanden sich zu viele Hintergrundgeräusche auf der Kassette, zudem war es nicht möglich, Lennons Gesang von der Klavierbegleitung zu trennen, was die weitere Arbeit an dem Lied unmöglich machte. Stattdessen wurde die Arbeit an „Now And Then“ auf Eis gelegt und die Demo-Aufnahmen für beinahe 30 Jahre ins Archiv gestellt.
Sprung ins Jahr 2021: Peter Jackson, weltberühmt geworden als Regisseur der Herr-der-Ringe-Trilogie, veröffentlicht die dreiteilige, fast achtstündige Beatles-Doku „Get Back“, für die er alte Video- und Tonaufnahmen der Band mit neuester Technik restaurierte. Auch künstliche Intelligenz und moderne Rauschunterdrückungs-Software nutzt Jackson, um die Gespräche und Diskussionen der Band während ihrer Studioarbeit für das Publikum verständlich zu machen. Jacksons Arbeit mit neuester Technologie ließ auch in Paul McCartney neue Hoffnung aufleben, die Arbeit an „Now And Then“ doch noch zu vollenden.
Für McCartney hat der Titel eine ganz besondere Bedeutung: die letzten Worte, die sein Freund John Lennon vor seinem Tod persönlich an ihn richteten, finden sich im Titel „Now And Then“ wieder. „Think about me every now and then, old friend“ („Denk ab und zu mal an mich, alter Freund“), so die Abschiedsworte, als sich Lennon und McCartney 1974 ein letztes Mal trafen. Noch dazu standen auf der Kassette mit den Probeaufnahmen zu „Now And Then“ die Worte „For Paul“ („Für Paul“). Viele Fans und Experten spekulieren deshalb, dass das Lied von Lennon ursprünglich als Hommage an Paul McCartney gedacht war. Immer wieder sprach McCartney ehrgeizig über die verbliebene Aufnahme und seine Pläne, den Song irgendwann zu vollenden und schließlich zu veröffentlichen.
„Now and Then“ von den Beatles: Ein Song mit einer Entstehungsgeschichte, die über fast sechs Jahrzehnte verteilt
Mittels neuester Sound- und KI-Technik wurde der Gesang nun von der mehr als 40 Jahre alten Kassette extrahiert und optimiert. McCartney versicherte jedoch, dass dabei nichts künstlich geschaffen oder verändert wurde: „Es ist alles echt und wir spielen alle darauf. Wir haben einige bestehende Aufnahmen bereinigt – ein Prozess, der sich über Jahre hinzog.“ Die Technik diene lediglich dazu, die Stimme vom Rest des Sounds der Aufnahme zu trennen.
Der Song hat also eine Entwicklungsgeschichte hinter sich, die sich über sechs Jahrzehnte verteilt. Auch der 2001 verstorbene George Harrison, der während der Anthology-Session 1994 Gitarren-Aufnahmen beisteuerte, wird auf „Now And Then“ zu hören sein. Die beiden verbleibenden Beatles, Paul McCartney und Ringo Starr, trafen sich im Studio für neue Aufnahmen für „Now And Then“, außerdem wurden Streicher aufgenommen, die auf dem Lied zu hören sein werden. Im Laufe der Jahre wurde immer wieder von Medien und Fans spekuliert, ob der Song jemals veröffentlicht wird.
Am 2. November wird das lange Warten ein Ende haben, wenn „Now And Then“ von den Beatles offiziell erscheint.
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