„Ich war einer, den jeder in der Mannschaft haben wollte“


Der zweite Aufstieg des einstigen Bro’Sis-Stars Giovanni Zarrella zu einem der beliebtesten Solo-Künstler Deutschlands war steinig. Belohnt hat er den 47-Jährigen mit drei Alben, die an der Chartspitze landeten, mit eigener Samstagabend-Show im ZDF, und nun tourt er auch wieder: Ab dem 6. Juni bringt der Sänger und Entertainer „Eine italienische Sommernacht“ auf die Open-Air-Bühnen des Landes, und 2027 geht es auf große Arena-Tournee. Wir treffen Zarrella in der Lanxess Arena zum Interview. Deutschlands größte Veranstaltungshalle hat für ihn symbolischen Charakter. Hier begeisterte er mit der Gruppe Bro’Sis zu Beginn der 2000er-Jahre vor ausverkauftem Haus seine Fans. Nun knüpft er an diese Zeit wieder an, und so schließt sich ein Kreis für den im baden-württembergischen Hechingen geborenen Italiener, der ebenso gut ein Fußball-Star hätte werden können (er spielte unter anderem in einer Jugendmannschaft der AS Rom). Bis heute sind Sport und Musik seine zwei großen Leidenschaften. Wie passend, dass kurz vor unserem Termin Deutschland und Italien in der Nations League aufeinandertrafen.
Mit dem 2 : 1-Sieg der Deutschen in Mailand und dem 3 : 3 in Dortmund ist Italien aus der Nations League ausgeschieden. Wie geht es Ihnen nach so einem Wochenende, Herr Zarrella?
Für die italienische Seite in mir ist es ernüchternd. Aber es hat sich bei den letzten beiden EMs schon abgezeichnet. Auch die EURO 2021 haben wir meiner Ansicht nach nicht gewonnen, weil wir so viel Spielfreude und Talent hatten. Es war eher ein Rest alter Fußballkultur mit Spielern wie Bonucci und Chiellini. Mich erinnerte der Titel eher an die Überraschungserfolge von Dänemark 1992 oder Griechenland 2004.
Sie sehen Italien nicht mehr als Favoriten?
Nein. Wir haben im EM-Finale 2021 gegen England gewonnen, und da muss ich den jüngsten Äußerungen von England-Coach Thomas Tuchel recht geben: Die Engländer haben in den letzten Jahren unter Southgate eher gespielt, um nicht zu verlieren, und nicht, um zu gewinnen. Wären die Engländer – in Wembley – anders gegen uns aufgetreten, hätten sie uns schlagen können. Und man darf auch nicht vergessen, dass wir zweimal im Elfmeterschießen das Glück auf unserer Seite hatten. Ich vergleiche die Situation gern mit der DFB-Elf vor anderthalb Jahren. Erst mit Nagelsmann und der EM in Deutschland gab es einen Ruck und Euphorie. Das hat die deutsche Elf den Italienern voraus. Uns fehlt es aktuell an Talent und Tiefe im Kader. Das sieht man ja auch in der italienischen Liga. Wir brauchen mehr Fußballschulen, wir müssen mehr ausbilden, wir müssen die jüngeren Leute früher ranlassen.
Was für ein Typ Spieler waren Sie in jungen Jahren?
Ich hatte einen guten linken Fuß und bin sehr viel gelaufen. Und ich war sehr fleißig. Ich war keiner, der Spiele alleine gewonnen hat, aber der, den jeder in der Mannschaft haben wollte. Ein Arbeiter auf dem Feld. Mit starker Mentalität. Ich wollte immer gegen den besten Gegner spielen. Da konnte ich nicht schlafen vor Aufregung. Und bis heute ist es so. Für mich gibt es im Leben drei Dinge: die Familie, den Fußball, die Musik. Das sind die drei Säulen, auf denen mein Leben basiert. Das sind die Sachen, die mich glücklich machen.