Tagebuch einer Verführerin: Nichts törnt Frauen so ab wie aufdringliche Männer

Männer sind wunderbar. Ausgenommen die, die sich selbst so großartig finden, dass sie keinerlei Absagen akzeptieren. Das Tierreich hat wunderbare Ideen in solchen Situationen der weiblichen Bedrängnis, in denen mir manchmal die Einfälle fehlen. Leider kann man diese Strategien nicht auf Begegnungen mit nervigen, grenzüberschreitenden Menschenmännern übertragen. 

Das Froschweibchen zum Beispiel stellt sich einfach tot, wenn es einen Bewerber nicht warzig oder quakig genug findet. Mit dem Kopf vornüber auf die Bar zu schlagen und röchelnde Sterbelaute von sich zu geben, ist aber keine Option, wenn der Typ neben mir unbedingt versucht, mir einen klebrigen Cocktail zu spendieren. Nicht dass der sich dann noch zu Beatmungsaktionen bemüßigt fühlt.

Schmetterlingsfrauen nun wieder, diese grazilen Feen der Lüfte, stinken, um sich unerwünschte Flatterlinge vom Leib zu halten. Was soll ich daraus lernen? Pupsen, sobald sich ein Horst nähert? Beherzt in eine Stulle mit Gammelhai beißen? Und auch Libellenfräuleins sind keine Hilfe. Die tun nämlich so, als wären sie ein Kerl. Egal, ob ich mir einen Schnurrbart anklebe oder mir ein Holzfällerhemd umhänge, ich gehe mit keiner Maskerade als Mann durch, ausgeschlossen.

Diese absurde Vorstellung von mir als Holzfäller soll jetzt aber nicht davon ablenken, dass das ein ernstes Thema ist. Denn Männer, die keine Absagen akzeptieren, sind mehr als nervig, sie sind gefährlich. (Wart ihr schon mal zu aufdringlich? Wie kam es dazu? Erzählt es mir unter sophie@andresky.com.)

Diese Männer halten sich für ein Geschenk an die Frauschaft, sie sind davon überzeugt, dass sie ein Recht darauf haben, eine Frau kennenzulernen, denn warum sonst stünde sie in dieser Bar, wieso sonst geht sie alleine aus und hat sich in ein sexy Kleid gepellt, wenn sie nicht angesprochen werden will? 

Nur noch mal der Vollständigkeit halber: Vielleicht hatte sie einfach Lust auf einen eiskalten Cosmopolitan. Vielleicht hat sie gerade 20 Kilo abgenommen und freut sich, dass sie in ihren Minirock wieder reinpasst. Vielleicht will sie tatsächlich angesprochen werden, nur eben nicht von dir, der du ungefragt deine Hand auf ihr Knie legst und ihr immer wieder das Schälchen mit den Erdnüssen hinschiebst, als wäre sie eine Ratte in einem Versuchslabor.

Es ist eben nicht nur ein dummer Spruch, wenn jemand nach einem Korb ausfällig wird. Im Internet geht das in rasender Geschwindigkeit. Ich hatte schon Facebook-Nachrichten, die von „Hey Hübsche, was machst du heute Abend“ über ein Dickpic bis hin zu „Du blöde hässliche Schlampe, fick dich doch“ keine drei Minuten brauchten. Sprache ist eine Vorstufe von Gewalt. Jeder körperlichen Auseinandersetzung geht ein verbaler Schlagabtausch voraus. Beschimpfungen oder blöde Kommentare senken die Hemmschwelle, immer aggressiver zu werden.

Selbst ernannte Alpha-Orks auf TikTok schaffen ein Klima, in dem auch vorsichtigere Männer glauben, sie dürften übergriffig werden. Und da seid ihr gefragt! Ihr, die echten Männer, die guten. Bitte schreitet in solchen Momenten ein. Live und online. Auch wenn es euer Kumpel ist. Auch wenn ihr die Frau selbst ein bisschen arrogant findet. Die ist vielleicht nur so, weil sie an den dunklen Parkplatz vor dem Club denkt, wo sie diesem Typen keinesfalls wieder begegnen will. 

Sagt was. Stellt euch gegen den Widerling mit seiner großen Klappe und seinem kümmerlichen Ego. Ihr seid die Ritter, bei denen man als Frau weder stinken noch sich tot stellen oder als Kerl verkleiden muss. Eure Stimme zählt. Danke schon mal, wenn diese Stimme laut ist.