Der VAR beim Spiel zwischen dem FC Bayern und dem SC Freiburg
Fr., 18.08.2023
Kommentar

Zum Bundesliga-Start: Schafft den Videobeweis endlich ab!

Wenn heute der FC Bayern auf den SV Werder Bremen stößt, rollt in der Fußball-Bundesliga endlich wieder der Ball. Einer ist dann leider immer noch dabei: der Video Assistant Referee, kurz VAR. Warum der Video-Schiedsrichter ein einzig großer Irrtum ist und wir froh über jeden einzelnen menschlichen Schiri sein sollten, hat unser Autor hier aufgeschrieben …

Zum Bundesliga-Start: Schiedsrichter sein ist eine verkannte Kunst!

Die Idee klingt wahnsinnig dumm: sich in seiner Freizeit freiwillig zwischen die Fronten von jeweils elf ehrgeizigen Hitzköpfen stellen, um für Recht und Ordnung zu sorgen. Was habe ich schon vor dem Fernseher über Schiris geschimpft, sie in meiner Amateurkarriere verflucht und ihnen unverzeihliche Dinge gewünscht. Und trotzdem bin ich dankbar, dass es sie gibt. Ohne sie wäre Fußball nicht möglich. Über jeden einzelnen muss man froh sein. Klar, da sind auch immer wieder unmögliche Wochenend-Sheriffs dabei, aber dafür gibt es eben auch die Legenden an der Pfeife wie Pierluigi Collina, der selbst Weltstars den nötigen Respekt einflößte und Rudelbildungen mit nur einem Blick auflösen konnte. Was für eine Kunst!

Pierluigi Collina bei der Europameisterschaft 2004
Gilt bis heute unter Fachleuten und Fans als einer der besten seines Fachs: Schiedsrichter-Legende Pierluigi Collina
Credit: IMAGO / MIS

Und da ist Wolf-Dieter Ahlenfelder, der einst angetrunken die erste Halbzeit zwischen Bremen und Hannover 96 schon nach 32 Minuten für beendet erklärte. Schiedsrichter sind Menschen und bei allem Anspruch fehlbare Wesen. Schiedsrichter geben der Gerechtigkeit auf dem Platz ein Gesicht. Sie sind das Ventil, wenn es mal nicht so läuft. Durch Reibung an ihnen entsteht, was uns Fußballverehrern das Herz erwärmt, selbst bei Minusgraden auf dem Ascheplatz. Nur so konnte der Fußball die Geschichten schreiben, die wir alle lieben. Eine weitere Geschichte zu Ahlenfelder geht übrigens so: Als Paul Breitner ihn einst mit den Worten „Ahlenfelder, du pfeifst wie ein Arsch!“ bedachte, erwiderte er: „Breitner, kann es sein, dass du spielst wie ein Arsch?“

Zum Bundesliga-Start: Der Fußball ist nicht gemacht für die kalte Perfektion des Video-Schiris

Die Idee klingt wahnsinnig gut: Sollte sich der „Mann in Schwarz“ mal irren, greift sein Kollege vor dem Bildschirm ein. Die ideale Ergänzung, gerade wenn es sich um eine Zentimeterentscheidung handelt oder ein übersehenes Handspiel. Zwar behaupten Statistiken, dass der Video-Schiri für mehr Gerechtigkeit sorgt. Doch in der Praxis ist der VAR gescheitert – ein Projekt, das man begraben sollte. Denn er produziert mehr Frust als Fairness, und seine Einführung vor sechs Jahren hat dem Fußball jegliche Spontaneität genommen. Oder trauen Sie sich noch einfach so zu jubeln, sobald der Ball im Tor ist? Statt Freudentaumel herrscht minutenlanges Bangen. Am Ende zählt der Treffer dann doch nicht, weil der vermeintliche Torschütze zwei Zentimeter im Abseits stand. Was für eine Haarspalterei!

Der Fußball ist nicht gemacht für die kalte Perfektion des Video-Schiris – das heißt, wenn er denn überhaupt perfekt wäre! Oft sind Entscheidungen im Fußball eben nicht eindeutig zu fällen. Sonst würden wir nicht noch Jahre und Jahrzehnte über Szenen fachsimpeln. Die Moment­entscheidung eines einzelnen, wenn auch fehlbaren Menschen ist mir tausendmal lieber als langes Warten und halb gare Richtersprüche einer unsichtbaren Kontrollinstanz. Denn seine Attraktivität schöpft der Sport aus Emotionen und Artistik genauso wie aus Zufall und Fehlern. Während ich einem Schiri (gedanklich) die schlimmsten Flüche an den Hals werfen kann, trifft meine Wut beim VAR ins Leere. Was VAR das nur für eine Scheiß-Idee!
 

Titelbild: IMAGO / Michael Weber