Der ungeimpfte Joshua Kimmich: Über die Botschaft hinter dieser Botschaft
Der ungeimpfte Joshua Kimmich: Über die Botschaft hinter dieser Botschaft
Do., 28.10.2021
Kommentar

Der ungeimpfte Joshua Kimmich

Statt für sein herausragendes Fußball-Spiel gefeiert zu werden, macht FC Bayern-Profi Joshua Kimmich aktuell mit fragwürdigen Aussagen Schlagzeilen: Der 26-Jährige Kicker möchte sich (noch) nicht gegen das Corona-Virus impfen lassen – aus Angst vor Langzeitfolgen. Über die Botschaft hinter der Botschaft.  

Joshua Kimmich ist ein herausragender Fußballspieler. Mit 26 Jahren hat der Profi des FC Bayern bereits alle Titel gewonnen, die es mit einem Club zu holen gibt. Deutscher Meister, DFB-Pokal-Sieger, UEFA-Super-Cup-Sieger, DFL-Super-Cup-Sieger, Champions-League-Sieger und auch Klub-Weltmeister. Diego Simeone, Fußball-Coach von Atlético Madrid, brachte die Fähigkeiten des deutschen Fußball-Nationalspielers treffend auf den Punkt: „Bayern hat einen besonderen Spieler wie Joshua Kimmich. Wissen Sie, wann er das letzte Mal den Ball verloren hat? Als er ihn seinem Sohn zum Spielen gegeben hat. Es ist eine Freude ihn spielen zu sehen.”

Joshua Kimmich ist nicht nur ein exzellenter Kicker. Er ist auch ein meinungs- und ausdrucksstarker junger Mann. Während viele seiner Branchenkollegen sich nach einem verlorenen Spiel in unsägliche Floskeln à la „im Fußball ist alles möglich“ flüchten, beeindruckt der Bayern-Profi meist schon kurz nach Abpfiff mit klaren, teils messerscharfen Spielanalysen.

Darüber hinaus tut sich der 1,7er-Abiturient auch jenseits des grünen Rasens hervor. So gründete er im März vergangenen Jahres gemeinsam mit dem Mannschaftskollegen Leon Goretzka die Spendenaktion #WeKickCorona. Die beiden Bayern-Profis starteten die Aktion mit einer gemeinsamen Spende von einer Million Euro. Die Initiatoren der Hilfsaktion geben auf Ihrer Website an, inzwischen bereits mehr als sechs Millionen Euro für karitative Vereine und soziale Einrichtungen aus allen gesellschaftlichen Bereichen gesammelt zu haben. Eine große Sache. Joshua Kimmich wurde (gemeinsam mit Leon Goretzka) inzwischen mehrfach für seine Spenden-Initiative mit Auszeichnungen bedacht. Unter anderem als „Deutscher Fußball Botschafter“.

Der ungeimpfte Joshua Kimmich: So weit, so schlecht

Die Botschaft, die der vielfach Geehrte allerdings nun verbreitete, ist wohl nur mit einem Wort zu beschreiben: fatal. In einem Interview gestand Kimmich kürzlich, bisher noch nicht geimpft zu sein. So weit, so schlecht. Natürlich ist es jedem hierzulande selbst überlassen, ob er sich und andere durch eine Covid-Impfung schützen will. Andererseits muss gerade einem analytisch denkenden Menschen wie Joshua Kimmich klar sein, dass es sich bei einer solch exponierten Person des öffentlichen Lebens wie ihm nicht mehr nur um die private Entscheidung eines Einzelnen handelt. Und dass sein Handeln hier im krassen Widerspruch zu seinem vielbeachteten sozialen Engagement gesehen wird.

Die von Kimmich angeführten Gründe für seine Impfskepsis stehen dabei nicht nur im Widerspruch zu wissenschaftlichen Erkenntnissen, sondern geben auch denjenigen Munition, die hinter all den Corona-Maßnahmen vor allem eine verordnete Abwicklung unseres Rechtstaates vermuten. Der Fußball-Profi hatte sein Verhalten mit fehlenden „Langzeitstudien“ begründet. Diese Bedenken konnten jedoch inzwischen von zahlreichen Wissenschaftlern eindeutig entkräftet werden. So sagt etwa der Vorsitzende der Ständigen Impfkommission (STIKO) Thomas Mertens, in der Wissenschaft sei es absolut Konsens, dass spät auftretende Nebenwirkungen nach einer Impfung „nicht vorkommen“. Und der renommierte Immunologe Carsten Watzl ergänzt: „Dass ich heute geimpft werde und nächstes Jahr eine Nebenwirkung auftritt, das gibt es nicht, hat es noch nie gegeben und wird auch bei der Covid-19-Impfung nicht auftreten.“

Die Satirezeitschrift „Der Postillon“ hatte in einem – natürlich – nicht ganz ernst gemeinten Beitrag geschrieben, dass Kimmich aus Angst vor Langzeitfolgen nun auch auf Kopfbälle verzichten werde. Im Gegensatz zur Corona-Impfung sind hierzu zahlreiche Studien erschienen, die einen Zusammenhang zwischen häufigen Kopfbällen und schweren Hirnerkrankungen oder neurologischen Erkrankungen wie Demenz nahelegen. Mehrere Mediziner fordern deshalb, das Kopfball-Spiel ganz oder zumindest im Jugendbereich zu verbieten.

Joshua Kimmich: Sein Verhalten stützt die These des abgehobenen König Fußballs

Zurück zur realen Kimmich-Debatte: Das Verhalten von Kimmich offenbart leider auch eine Abgehobenheit, die wiederum denen in die Karten spielt, die immer schon gewusst haben wollen, dass König Fußball nach eigenen Gesetzen regiert. Während die Kultur- und Gastro-Branche bis heute unter den pandemiebedingten Einschränkungen leiden – teils mit existenziellen Folgen – rollte der Ball in der Bundesliga auch zu Zeiten, in denen in Deutschland das gesellschaftliche Leben stillstand. Und mit dem Ball rollte bekanntlich auch der Rubel. Katsching.

Die Regelung für die Zuschauer? Aktuell wird den Fans in den allermeisten Fußballstadien nur geimpft oder genesen Einlass gewährt. Tests? Müssen inzwischen von jedem Ungeimpften selbst bezahlt werden. Aber was für den einfachen Fan Vorschrift ist, muss ja noch lange nicht für den gut dotierten Fußball-Profi gelten.

Joshua Kimmich ist ein erstklassiger Fußballspieler. Ein junger Mann, der oft bewiesen hat, dass er dabei auch seinen Kopf einzusetzen vermag. Möge er sein Potenzial künftig wieder komplett ausschöpfen.

Titelbild: IMAGO / MIS