Do., 15.03.2018
Entertainment

Das Ryan-Gosling-Fan-Girl

Der Buch-Autor Boris Ziefle hat 33 verrückte Geschichten über Frauen geschrieben, von denen man(n) lieber die Finger lassen sollte. Wir gewähren Ihnen eine exklusive Leseprobe.

Ryan Gosling ist so etwas wie der James Dean unserer Zeit. Cool, nett, Bad Boy, Good Boy, smart, heiß und ein exzellenter Schauspieler. Darum habe ich ihn jetzt auch als Beispiel herausgepickt. Ich hätte auch andere Stars nehmen können, wie James Franco, Jared Leto oder Justin Bieber. Wobei Letzterer schon einen Frauentyp anspricht, mit dem ich persönlich eher weniger in Kontakt kommen möchte.

Aber wir wollen hier ja auch das ganze Spektrum der Fan Girls abdecken. Und mit einem Ryan-Gosling-Fan-Girl habe ich zudem auch schon persönliche Erfahrungen gemacht. Doch welche Erfahrungen waren das? Und was macht ein Fan Girl so unverträglich für eine vernünftige zwischenmenschliche Beziehung?

»Dein Bart ist so ähnlich wie der von Ryan Gosling in Only God Forgives«

Fangen wir mal beim Kennenlernen an. Da sind Fan Girls nämlich noch relativ normal. Relativ deswegen, da sie auch dort schon hin und wieder durchblicken lassen, dass man selbst nur die zweite Wahl ist. Anspielungen wie »Dein Bart ist so ähnlich wie der von Ryan Gosling in Only God Forgives« könnten einem schon einmal einen kleinen Hinweis geben, in welche Richtung es denn gehen wird.

Wenn man nicht zu sehr geschmeichelt ist, so wie ich es zu diesem Zeitpunkt dann doch war. Denn ich mochte sowohl den Film als auch Gosling in seiner Rolle. Und wer möchte dann nicht mit einem Hollywoodstar verglichen werden, auch wenn es nur einen Teil von mir betrifft, der auch nur dann zum Vorschein kommt, wenn ich mich mal eine Weile nicht rasiere. Aber ich mag meinen Bart nun mal auch, und deshalb biss ich an.

Fan Girls sind sehr gut darin, ihre Obsessionen nicht gleich zum Thema zu machen, sondern es nur ganz langsam an die Oberfläche gleiten zu lassen. Das mag daran liegen, dass ein »Hi, ich bin die Isabell, und ich liebe Ryan Gosling« wohl nicht unbedingt Erfolg versprechend klingt, auch wenn es auf mich beispielsweise einen sehr erfrischend ehrlichen Eindruck gemacht hätte.

Vielleicht hätte ich dann wenigstens spontan mit »Hi, ich bin Boris, und ich liebe Scarlett Johansson« antworten können. Aber ob es anschließend tatsächlich zu mehr gekommen wäre, da bin ich doch eher skeptisch. Mit meinem noch verborgenen Ryan-Gosling-Fan-Girl kam es dann jedoch zu mehr. Zunächst einmal zu einem zweiten und dritten Date, bei dem es mir immer noch so erschien, als stünde ich im Mittelpunkt. Meine Haare. Mein Humor. Meine Augenbrauen. Ich fragte mich zwar, warum meine Augenbrauen denn für sie von Bedeutung sind, aber immerhin ging es ja hier um mich.

Und wenn sie schöne Augenbrauen nun mal als wichtig ansieht, dann beantworte ich ihr auch gerne Fragen zu ihnen. Ich fragte sie im Gegenzug dann dafür etwas über ihre Kleider und Schuhe. Und so kannten wir uns relativ schnell von Kopf bis Fuß, allerdings noch in angezogenem Zustand. Und ich war ehrlich gesagt froh, dass sie, was Fragen über meine Haarpracht anging, über der Gürtellinie blieb.

"Es muss an meinem Spiegel liegen"

Doch apropos Gürtellinie, es kam natürlich, was nach mehreren Dates irgendwann kommen musste, und wir verabredeten uns auch mal bei einem von uns zu Hause. Die Wahl fiel auf ihre Wohnung, da die einfach viel zentraler lag als meine und sie mich zudem ein wenig bekochen wollte, wozu ich nicht Nein sagen konnte.

Schon als ich eintrat, überkam mich jedoch eine erste Vorahnung, was noch auf mich zukommen könnte, denn im Flur hingen einige überlebensgroße Plakate von Herrn Gosling, und wenn ich mir die vielen nackten Oberkörper so anschaute, dann wurde mir schnell klar, warum dieser Mann so eine riesige Fangemeinde unter den Frauen hatte. Da saß schon jeder Muskel am richtigen Fleck. Selbst die Muskeln, die ich bei mir noch nicht ein einziges Mal im Spiegel entdeckt hatte. Muss an meinem Spiegel liegen, dachte ich nur.

Der Duft des fast schon fertig zubereiteten Essens holte mich wieder in die Realität, und ich freute mich sehr auf den Abend. Im Esszimmer kam mir dann als Erstes jedoch gleich wieder Ryan Gosling entgegen. Dieses Mal als Pappaufsteller neben einem etwas größeren Kaktus. »Du magst Ryan Gosling schon sehr?«, merkte ich an, als ich mich an den Tisch setzte, und sie lachte nur laut und erwiderte, dass sie ihn schon so gut wie geheiratet hatte. »Du weißt schon, dass er bereits verheiratet ist, oder?«, fragte ich nach.

Doch als sie etwas über einen Dreier sprach, den man mit ihm ja haben könnte, sah ich das als ironisches Ausweichen und wollte nicht mehr genauer nachhaken für den Moment. Hätte ich das mal lieber gemacht, denn nach dem Essen kam sie wieder auf das Thema zu sprechen, und von Ironie fehlte jede Spur. Ob ich mir denn vorstellen könne, meine Haare etwas kürzer schneiden zu lassen, wollte sie wissen. Zudem würde mir ein Scheitel extrem gut stehen. »So wie der da, den der Pappaufsteller trägt?«, entgegnete ich. »Ja, genau so.«

»Hast du irgendwas gegen Ryan Gosling?«

Langsam dämmerte es mir, dass hier jemand einen anderen Typen aus mir machen wollte. Und zwar einen ganz bestimmten, den ich inzwischen vom Zehennagel bis zum Seitenscheitel kannte: Ryan Gosling. Ich versuchte es mit Humor zu nehmen und fragte sie, ob ich nicht auch mit George Clooney dienen könne. Dann hätte ich wenigstens nicht das Problem, dass ich perfekte Bauchmuskeln benötige, und sollten sich meine Haare langsam ins Gräuliche bewegen, dann hätte ich ebenfalls noch Spielraum. Viele von euch werden jetzt denken, dass sie wohl kurz gelacht hätte, auch wenn sie den Vorschlag nicht gut fand. Zumindest ein Fünkchen Humor sollte ihr doch zuzutrauen sein. Aber es kam tatsächlich noch schlimmer, denn sie wurde richtig grimmig. »Hast du irgendwas gegen Ryan Gosling?«, fragte sie mich, und auch meine Beteuerungen, dass ich ihn wirklich für einen tollen Schauspieler hielt, konnten sie nicht besänftigen.

Da saß ich nun also mit einer Frau, die ich attraktiv und bisweilen auch menschlich extrem nett fand, und sie zeigte auf einmal eine Seite an sich, die mich wirklich staunend und mit offenem Mund zurückließ. Ich kam mir so ein wenig vor wie in American Psycho, nur dass Patrick Bateman dieses Mal eine Frau war und ich hoffentlich später auch keine Bekanntschaft mit einer Motorsäge machen würde.

Auf jeden Fall kam ich mir vor wie im falschen Film. Und die Hauptrolle hatte weder Christian Bale noch Ryan Gosling, nein, die Hauptrolle hatte ich. Ich überlegte mir kurz, ob ich mich für den Oscar als bester Darsteller in einer Komödie, einem Drama oder einem Abenteuerfilm bewerben sollte, indem ich ihr Spielchen mitspiele und einfach mal einen auf Ryan Gosling mache, hatte dann aber doch keine wirkliche Lust dazu. So Scarlett-Johansson-mäßig sah sie dann auch nicht aus, als dass sich dieser Aufwand gelohnt hätte. Ich blieb also weiterhin mit offenem Mund am Tisch sitzen und starrte sie mit großen Augen an. Nachdem sie mir dann jedoch vorwarf, eine andere Augenfarbe als er zu haben, warf ich schließlich etwas anderes. Und zwar das Handtuch.

»And you won’t be able to reach me on this phone again«

Ich verabschiedete mich nett und sagte ihr, dass ich alles wäre, aber kein zweiter Ryan Gosling. Auch ihre Beteuerungen, dass sie ja gar keinen zweiten möchte, sondern nur einen, der in etwa so aussieht, konnten mich nicht umstimmen. Wie sollten sie auch? Schließlich möchte niemand sein Äußeres für einen Partner verändern, damit dieser ihn attraktiv findet. Während einer Beziehung macht man das eh unbewusst sehr häufig. Ich erinnerte mich an meinen Lieblingsfilm mit Gosling, den düsteren aber sehr stylishen Film Drive, und so konnte ich es mir nicht verkneifen, ihr zum Abschied noch die Zeilen »Do you understand?« entgegenzuwerfen, die Gosling im Film mehrmals verwendet. Sie schien es tatsächlich zu verstehen, ihre Laune verbesserte das jedoch nicht, und kurz bevor sie mir noch etwas nachwerfen konnte, sprang ich selber die ersten Stufen des Treppenhauses hinunter. Da ich Gefallen gefunden hatte, einen auf Gosling zu machen, rief ich ihr im Runterlaufen noch weitere Zitate nach oben, beispielsweise »And you won’t be able to reach me on this phone again«.

Vielleicht übertrieb ich es in diesem Augenblick ein bisschen, aber jetzt mal ehrlich. Wer von euch wäre in dieser Situation nicht sarkastisch oder ironisch geworden. Außerdem brachte es doch meine Gefühlslage sehr gut auf den Punkt, denn einen weiteren Kontakt mit meinem Fan Girl wollte ich um jeden Preis vermeiden.

Seit diesem Date schaue ich mir Filme mit Ryan Gosling in der Hauptrolle aus einer ganz anderen Perspektive an. Aus irgendeinem Grund kann ich mich extrem gut in die jeweiligen Personen, die er spielt, hineinversetzen. Denn auch wenn das Date nicht so lief, wie ich es mir vorgestellt hatte, so fühlte ich mich doch zumindest für diese eine Stunde wie Ryan Gosling. Nur ohne die Bauchmuskeln und den Seitenscheitel.

Die Moral von der Geschichte

Solltet ihr mal in die Verlegenheit kommen, nicht so auszusehen, wie sich eure Date-Partnerin das vorstellt, dann habe ich einen ganz einfachen Tipp für euch: Scheißt drauf! Denn mit Sicherheit sieht sie auch nicht aus wie eine Jessica Alba oder eine Candice Swanepol. Sollte sie doch so aussehen, dann könnt ihr auch mal ein Auge zudrücken, wenn sie mit einem klitzekleinen Änderungswunsch ankommt. Aber lasst euch auf jeden Fall nicht verbiegen. Vor allem nicht von einem Fan Girl, das eigentlich viel lieber ihren großen Schwarm daten würde als euch. Soll sie es doch versuchen. Ryan Gosling würde bestimmt dankend ablehnen, schließlich ist er schon seit vielen Jahren mit Eva Mendes zusammen. Und die fragt ihn bestimmt auch nicht ständig, ob er sich nicht mal die Haare so schneiden lassen könnte wie ein Boris Ziefle. Wobei, würde ihm schon gut stehen, denke ich.

Auszug aus dem Buch "Finger weg von diesen Frauen! 33 Frauentypen, auf die Männer verzichten können" von Boris Ziefle

Über den Autor

Boris Ziefle, geboren 1982 in Reutlingen, wechselte nach seinem Studium der Popmusik und Medien zu einer Ausbildung an der Textschmiede in Hamburg und arbeitete jahrelang als Werbetexter für eine Vielzahl an namhaften Unternehmen. 2015 entschied er, sich als Autor selbstständig zu machen. Schon ein Jahr später erschien sein erstes erfolgreiches Buch „One-Write-Stand: Die Kunst des Textens beim Online-Dating“. Sein neues Werk „Finger weg von diesen Frauen! 33 Frauentypen, auf die Männer verzichten können“ erscheint am 15. März beim Schwarzkopf & Schwarzkopf Verlag und ist für 9,99 Euro im Handel oder online erhältlich.

Titelbild: Jana Moskito