Fr., 06.10.2017
Musik

Gassenhauer übers Verlangen und Scheitern

Die Wiener Band Wanda gilt nach ihren ersten beiden Alben als eine der wichtigsten deutschsprachigen Rockbands. Auf "Amore" und "Bussi" sprühten sie vor Liebe, Lust und Exzess. Was folgt? "Niente", das dritte Album. Wir haben es uns angehört.

Gegen Ende des Jahres 2014 sind Wanda aus Wien die Band der Stunde. Fünf Hallodris aus dem zweiten Bezirk exhumieren Austropop, beschwören dazu die Geister verblichener Vorbilder wie Falco, Rio Reiser oder Jim Morrison und bannen all das auf einem Album namens "Amore".

Der Albumtitel wird live zum Schlachtruf, das Konzert zum Exzess. Sänger Marco Michael Wanda zelebriert jeden Abend als besessener Hohepriester, der unablässig Rausch und Amore predigt. Die Party hält lange an, vor allem auch weil die Band am Höhepunkt des Hypes im Oktober 2015 direkt ihr zweites Album "Bussi" veröffentlichen und weiter fleißig touren.

Im Herbst 2017 so scheint es, ist der wilde Ritt erst mal vorbei. So zumindest wollen Wanda ihren dritten Langspieler "Niente" eingeordnet wissen. Nach dem Exzess folgt „die Erschöpfung und Klarheit des Morgens danach“, das signalisiert schon die Wahl des bisher stillsten aller Wanda-Songs als erste Vorab-Single.

In „0043“ besingen sie die „traurig schöne Kindheit“ in Österreich, in einigen weiteren greifen sie die Sehnsucht nach dieser Zeit der Unschuld wieder auf („Schottenring“, „ Das Ende der Kindheit“, „Wenn du schläfst“). Der Kater-Story werden Wanda damit auf jeden Fall gerecht, doch wie soll das auf Albumlänge klingen?

Einen verlässlichen Hinweis liefert erst die zweite Single „Columbo“. Das Stück mit dem wohl größten Hitpotential der ganzen Platte zeigt: die fünf Wiener haben während des Grübelns nicht verlernt, wie man einen klugen Popsong schreibt.

Obwohl alles ein wenig nachdenklicher klingt als zuvor, besinnen sie sich in erster Linie weiterhin ihrer Kernkompetenzen: Niente bietet Gassenhauer übers Verlangen und Scheitern („Weiter, weiter“, „Einfacher Bua“), der Albumtitel ist wieder Schlachtruf („Lascia mi fare“) und über allem schwebt immer noch: Amore!

Ergänzt wird all das durch kleine, feine Verschrobenheiten wie „Ein letztes Wienerlied“, ein dahingekrächzter ironischer Seitenhieb auf Wiener Lokalpatriotismus im Tom-Waits-Gewand. Dass sich das alles inhaltlich und musikalisch so gut zusammenfügt ist letztlich die große Stärke des erneut von Paul Gallister produzierten Albums, das wie kein anderes dieser Band am Stück gehört werden will.

Am Ende wartet Marco Wanda mit brennendem Herzen auf die Erlösung und singt: „Ich sterbe“. Dann verhallt die Melodie, geht über in kratziges Rauschen und man hofft, dass er und der Rest der Gang dieses Versprechen nicht allzu bald einlösen werden.

"Niente", das dritte Album von Wanda erscheint am 06. Oktober.

Titelbild: Vertigo/Capitol, a division of Universal Music GmbH