Der Night-Rider: Durch die USA beim härtesten Radrennen der Welt

Neun Tage und Nächte verbringt Lukas Kaufmann auf seinem Fahrradsattel, eskortiert wird er von einem Team: Auch dieses Jahr fährt er beim Race Across America um den Sieg
Credit: Florian Voggeneder
Neun Tage und Nächte verbringt Lukas Kaufmann auf seinem Fahrradsattel, eskortiert wird er von einem Team: Auch dieses Jahr fährt er beim Race Across America um den Sieg
Credit: Florian Voggeneder

5000 Kilometer durch die USA, neun Tage und Nächte im Sattel, jede Minute Schlaf ein Luxus: Das Race Across America gilt als das härteste Radrennen der Welt. Letztes Jahr wurde Lukas Kaufmann Zweiter – wenn das diesjährige Rennen am 10. Juni startet, will er den Sieg. Poträt eines Ausnahme-Athleten.

Von: Maximilian Reich
14.05.25
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In der dritten Nacht fangen die Halluzinationen an. Lukas Kaufmann fährt in der Dunkelheit mit seinem Rad auf einer langen, einsamen Straße durch die Wüste. 200 Meter vor sich sieht er eine Kreuzung. Obwohl das Navi an seinem Lenker vorgibt, er müsse weiter geradeaus fahren, ist sich Kaufmann sicher: Rechts geht’s lang. Er drosselt das Tempo, macht sich bereit für die Kurve – und plötzlich ist die Seitenstraße weg. 

Einfach verschwunden. Stattdessen ist da jetzt direkt vor ihm nichts als Sand und ein Kaktus. „Da haben mein Team und ich beschlossen, dass ich mich vielleicht doch mal kurz hinlegen sollte, zumindest für 20 Minuten“, sagt er. Mehr Schlaf ist allerdings nicht drin beim Race Across America. Ganz egal, wie müde man ist.  

Race Across America: Er legt auf dem Rad Distanzen zurück, für die normale Menschen das Flugzeug nehmen

Kronstorf, Oberösterreich. Lukas Kaufmann sitzt im ersten Stock eines Einfamilienhauses am Ortsrand des 3500-Seelen-Dörfchens. Seine Freundin arbeitet als Physiotherapeutin und hat dort ein Behandlungszimmer eingerichtet. Helle Wände, ein großer Spiegel, eine Massageliege. Alles wirkt nett und entspannt, während Kaufmann von der schwersten Prüfung seines Lebens erzählt. 

Er hat eine sportliche Figur, kurz geschnittene Haare und ein Gesicht, das so glatt und jugendlich aussieht, dass man meinen könnte, die größte Anstrengung im Leben des 31-Jährigen bestünde im regelmäßigen Aufschütteln des Kopfkissens. Keine Spuren von Strapazen. 

Dabei fährt Kaufmann Ultracycling-Rennen. Eine Fahrrad-Disziplin, bei der die Sportler Routen zurücklegen, für die normale Menschen das Flugzeug nehmen. Wie lang sie sein müssen, ist nicht definiert. Meist gehen die Rennen aber über mindestens 24 Stunden. Am Stück. Denn anders als bei der Tour de France werden die Strecken nicht in Etappen aufgeteilt. Stattdessen wird durchgefahren. Beim Race Across America, dem härtesten Ultracycling-Rennen der Welt, sogar bis zu zwölf Tage am Stück. Und genau diesen Wahnsinn von einem Rennen will Lukas Kaufmann im Juni gewinnen.