Tagebuch einer Verführerin: Leck mich doch mal an der Kniekehle!


Männer sind wunderbar. Und manchmal passiert mit ihnen etwas Magisches, das ebenfalls wunderbar ist, eine Kleinigkeit, fast hätte ich sie übersehen. Mein flämischer Kollege Cornelis und ich hatten einen schönen Abend mit intensiven Gesprächen, die langsam von lustig über flirty ins Erotische glitten, die Blicke wurden tiefer, die zufälligen Berührungen absichtsvoller. Schließlich fanden wir uns in seinem Hotelzimmer wieder, seinem „Paleis van de Zonde“ (Palast der Sünde), wie er sagte.
Mich macht dieser sympathische Singsang ganz wuschig. Wir knutschten, zogen uns aus, es war ganz selbstverständlich, als würden wir uns schon seit Jahren kennen. Und dann, als ich nackt vor ihm auf dem Bett lag und er zwischen meinen Oberschenkeln kniete, hob er mein Bein an, bis es gestreckt in die Höhe stand, und leckte mir über die Kniekehle. Das war der Moment, in dem ich irritiert aus diesem wohligen Ich-kenn-was-jetzt-folgt-Gefühl in ein Okaaay?? geschossen wurde.
Wann bitte hat das letzte Mal jemand meine Kniekehle geleckt? Kam das überhaupt schon vor? Ich hätte diese Region niemals in meine Top Ten der erogenen Zonen eingeordnet, aber ich muss sagen: Sie ist eine! Sein Lecken und Saugen fühlte sich überraschend gut an, und zwar aus gleich zwei Gründen: Erstens, aber das habe ich später recherchiert, ist die Kniekehle wegen der vielen dort verlaufenden Nerven durchaus eine Lustregion. Zweitens bieten lange nicht berührte Körperteile offenbar eine gesteigerte Intensität. Da liegt ein Riesenpotenzial für Paare, die schon lange zusammen sind. Denn man schwingt sich ja aufeinander ein, wenn man sehr oft miteinander gevögelt hat.
“Hin und wieder eine Kleinigkeit, die einen überrascht, kann dem Vertrauten einen sehr geilen Kick geben
Man findet alles im Dunkeln, man weiß, dass der Mann es liebt, wenn man das Fädchen mit der Zunge verwöhnt, oder dass er gern meine Füße auf seine Schultern stellt beim Vögeln, und er wiederum kennt meinen Körper, weiß, dass ich gern gefingert werde, wenn ich richtig feucht bin, und dass ich es nicht mag, wenn er meine Nippel zu fest anfasst. Man kennt die Länge des gewünschten Vorspiels und versteht den Klaps auf die Hüfte als dezenten Hinweis für einen Stellungswechsel. Das alles ist gut. Mit einem vertrauten Partner auf eine bewährte Art und Weise zu vögeln, hat jede Menge Vorteile. Aber hin und wieder eine Kleinigkeit, die einen überrascht, das kann dem Vertrauten einen sehr geilen Kick geben.
Lange nicht beachtete Körperstellen haben dieses Potenzial. Tabuisierte Körperstellen auch. Hat die Partnerin eine Narbe, die ihr nicht anfassen sollt? Vermeidet der Partner es, am Damm gestreichelt zu werden aus irgendwelchen Gründen? Hinterfragt das doch mal und wagt euch – nach Absprache(!) – in neue Territorien vor. (Gibt es Stellen an euren Körpern, denen sich noch nie eine Partnerin gewidmet hat? Wo wünscht ihr euch mehr Beachtung? Erzählt es mir unter sophie@andresky.com.)
Andere Kulturen haben diese Magie geradezu kultiviert. Wenn man zum Beispiel das Glück hat, einer echten Geisha zu begegnen, dann sieht man, dass ihr Kimono im Nacken etwas heruntergezogen und die freiliegende Haut bis zum Haaransatz weiß bemalt wurde bis auf eine schwalbenschwanzähnliche Aussparung. Dieser Kontrast zwischen Farbe und Haut, so erklärte es mir ein Bekannter beim Onigiri-Essen, macht Japaner ganz heiß. Wobei mir einfällt, dass auch meinen Nacken schon sehr lange niemand mehr verwöhnt hat. Vielleicht rufe ich diesen Bekannten noch mal an, vielleicht besorge ich uns weiße Farbe, und vielleicht geht es bei diesem Date dann nicht um Sushi. Das wäre schärfer als Wasabi!