„Wir sind das Enfant terrible der Uhrenwelt“

Hublot-CEO Julien Tornare steht in dunkelblauem Anzug lächelnd vor dem modernen Firmengebäude von Hublot, auf dem das große Hublot-Logo und der Schriftzug „HUBLOT“ zu sehen sind. Im Hintergrund blauer Himmel mit leichter Bewölkung.
Als einziger Mensch saß er sowohl auf dem Chefsessel von Zenith als auch von TAG Heuer. Nun führt Julien Tornare die Uhren-Marke Hublot als CEO an
Credit: Hublot
Hublot-CEO Julien Tornare steht in dunkelblauem Anzug lächelnd vor dem modernen Firmengebäude von Hublot, auf dem das große Hublot-Logo und der Schriftzug „HUBLOT“ zu sehen sind. Im Hintergrund blauer Himmel mit leichter Bewölkung.
Als einziger Mensch saß er sowohl auf dem Chefsessel von Zenith als auch von TAG Heuer. Nun führt Julien Tornare die Uhren-Marke Hublot als CEO an
Credit: Hublot

Nachdem er bereits zwei andere Marken des Luxuskonzerns LVMH geleitet hat, übernahm Julien Tornare vor circa einem Jahr Hublot. Dort will er nicht nur den disruptiven Markenkern stärken, sondern auch die uhrmacherische Kompetenz. Im Interview spricht der CEO über 20 Jahre „Big Bang“, neue Materialien und warum seine Uhrenmarke kein Ferrari ist.

Michael Brunnbauer
Von: Michael Brunnbauer
23.11.25
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Herr Tornare, als ich Sie das erste Mal traf, waren Sie noch CEO von Zenith, das zweite Mal von TAG Heuer, und jetzt sind Sie der Chef von Hublot. Das nenne ich mal eine steile Karriere, oder?

Bei Zenith war ich über sechseinhalb Jahre tätig, aber Sie haben recht, zum Schluss ging das plötzlich alles sehr schnell. Als bei TAG Heuer eine Position frei wurde, kümmerte ich mich dort vor allem um den Neustart der Formel-1-Partnerschaft. Aber für mich war immer klar: Ich wollte zu Hublot. Ich liebe den Mut der Marke und den ungewöhnlichen Weg, den sie immer schon gegangen ist. Als sich also die Möglichkeit früher als gedacht ergab, bin ich gegangen, auch wenn mir meine Zeit bei TAG Heuer und Zenith sehr gefallen hat. 

Da Sie der einzige Mensch sind, der sowohl auf dem Chefsessel von Zenith als auch von TAG Heuer und Hublot saß, können Sie diese Frage bestimmt perfekt beantworten: Worin unterscheiden sich die drei Marken?

Zenith steht für mich vor allem für puristische Uhrmacherei, Hochfrequenztechnik, das El-Primero-Kaliber und traditionelle Spitzenmechanik. TAG Heuer dagegen ist deutlich sportlicher mit einer starken Verbindung zum Motorsport, gleichzeitig volumenstark und daher auch zugänglicher für ein jüngeres Publikum. Im Vergleich dazu bewegt sich Hublot in einem höheren Luxussegment, obwohl die Marke rein historisch mit 45 Jahren die jüngste der drei ist. Sie wird oft als Marketingmarke gesehen, weil sie sehr stark in Sachen Kreativität, Innovation und Materialien ist, dabei geht oft die Uhrmacherei selbst etwas unter. Das wollen wir in Zukunft ändern.

Wie meinen Sie das?

Auf der einen Seite lebt unsere Marke von Kreativität, sie darf nie stehen bleiben. Unkonventionell zu sein, ist eine wichtige Säule von Hublot. Du kannst die Vergangenheit nicht wiederholen, sondern musst immer mit neuen Ideen kommen. Parallel dazu möchte ich aber auch den Uhrmacher-Aspekt wieder stärker hervorheben. Unser Unico-Kaliber ist ein fantastisches Werk, und ich glaube, viele Menschen haben das gar nicht auf dem Schirm. Das wollen wir in Zukunft mehr ins Zentrum unserer Kommunikation stellen und hier mehr Legitimität aufbauen.

Die legendäre „Big Bang“ feiert dieses Jahr ihr 20. Jubiläum, was bedeutet das für Hublot?

Für mich ist die „Big Bang“ nach wie vor das ikonischste Modell in unserem Portfolio, sie war von Anfang an der Disruptor der Marke. Zum Jubiläum kombinieren wir das Design der „Big Bang“ mit der
„Big Bang Unico“ und bringen fünf Modelle in limitierter Auflage heraus, die die charakteristischen Details der alten und der neuen Uhren miteinander vereinen. Quasi ein Brückenschlag von Vergangenheit zu Gegenwart und Zukunft.

Fünfmal 20 Jahre: Passend zum 20. Jubiläum präsentiert Hublot fünf neue „Big Bang“-Modelle aus unterschiedlichen Materialien: Red Magic, King Gold, Titanium Ceramic, All Black und Full Magic Gold zu Preisen zwischen 21.600 und 42.200 Euro
Credit: Hublot

Für mich steht Hublot vor allem auch für spannende Materialien. Zuletzt haben Sie eine Uhr aus Beton herausgebracht, was kommt als Nächstes?

Experimente mit Materialien gehören quasi zu unserer DNA. Die Beton-Idee war, einen urbanen Code in unsere Produkte zu integrieren. Also Uhren, die man mit Metropolen wie New York, Tokio, Seoul oder Dubai identifiziert. Im Moment denken wir stark über das Thema Haptik nach. Wir wollen ein Material, das weicher und komfortabler am Handgelenk liegt, das neben Saphir oder Keramik ein alternatives Trageerlebnis bietet.

Wer Hublot trägt, macht ein Statement, will nicht folgen, sondern führen

Julien Tornare

Julien Tornare

Wenn Hublot eine Automarke wäre, welche wäre das dann?

Viele sagen wegen unserer ehemaligen Partnerschaft automatisch Ferrari. Aber Hublot ist nicht Ferrari. Wir sind Hightech, nicht leise, und wir verlangen Haltung. Wer Hublot trägt, macht ein Statement, will nicht folgen, sondern führen. In diesem Sinn liegen Marken wie Lamborghini oder McLaren vielleicht näher.  

Und wie würden Sie jemanden überzeugen, eine Hublot zu kaufen, der noch nie von der Marke gehört hat?

Wir sind das Enfant terrible der Uhrenwelt. Hublot ist zwar preislich sehr hoch positioniert, gleichzeitig aber jung und respektlos genug, um die traditionellen Regeln der Schweizer Uhrmacherei herauszufordern und sie radikal modern zu interpretieren. Deshalb kommen Menschen zu Hublot.  

Uhren sind keine Rohstoffe, man sollte sie kaufen, weil man sie liebt, und nicht, um damit zu handeln

Julien Tornare

Julien Tornare

Hublot ist auch berühmt für starke Markenbotschafter. Fahren Sie hier die Schlagzahl hoch oder runter?

Tatsächlich runter. Wir wollen weniger, dafür aber passgenaue Partnerschaften, die unsere Werte spiegeln. Aber die drei emotionalen Bühnen, nämlich Sport, Musik und Kunst, bleiben nach wie vor bestehen. Ich habe allerdings auch gelernt, dass die Menschen Authentizität suchen, sie wollen echte Substanz hinter dem Marketing. Deswegen wollen wir ihnen zeigen, wie viel Handarbeit und Technik wirklich in unseren Uhren steckt. 

Das letzte Jahr war für die Uhrenbranche eher schwierig, woran lag das?

Ehrlich gesagt, war 2019 das letzte normale Jahr. Dann kam Corona, und in den Jahren darauf entstand durch die aufgestaute Kaufkraft ein Konsum-Boom – eine Blase, die manche für die neue Normalität hielten. Problematisch war in der Zeit, dass Uhren weniger aus Leidenschaft, sondern mehr aus Investmentgründen gekauft wurden. In den Jahren 2023 und 2024 folgte beinahe zwangsläufig eine Korrektur zurück zu normalen, nicht überhitzten Märkten. Uhren sind eben keine Rohstoffe, man sollte sie kaufen, weil man sie liebt, und nicht, um damit zu handeln.

Der transparente Gehäuseboden der Hublot Big Bang 20th Anniversary King Gold Ceramic zeigt das Uhrwerk samt Jubiläumsgravuren
Credit: Hublot

Welche Uhr tragen Sie im Moment?

Die „Big Bang Anniversary“. Sie vereint, wie bereits erwähnt, die Essenz des 2004er-Originals mit den besten Entwicklungen der letzten zwei Jahrzehnte – ein logischer zukünftiger Standard.

Und welche Uhr werden Sie tragen, wenn Sie vielleicht in 20 Jahren im Ruhestand sind und gemütlich in Ihrem Haus am Strand aufs Meer schauen? Eine Zenith, eine TAG Heuer, eine Hublot oder eine ganz andere Marke?

Ich fühle mich, ehrlich gesagt, nicht so, als würde ich jemals in Rente gehen. Ich liebe meinen Job und möchte ihn noch sehr lange ausüben. Aber um Ihre Frage zu beantworten: Eigentlich will ich mich da gar nicht festlegen, ich habe eine schöne Sammlung an Uhren und wechsle die Uhr an meinem Handgelenk ständig, abhängig von meiner Laune. So wird es in Zukunft vermutlich auch sein.
 

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