Die Longevity-Kolumne (Teil 1): Spaß statt Straflager

Illustration eines lächelnden Mannes im Anzug vor einem hellblauen Kreis; darunter steht „Gerd Wirtz“ und groß der Titel „JUNG BLEIBEN“, rechts ergänzt durch „für Anfänger“ auf weißem Hintergrund.
Credit: Midjourney / Lea Schmitt
Illustration eines lächelnden Mannes im Anzug vor einem hellblauen Kreis; darunter steht „Gerd Wirtz“ und groß der Titel „JUNG BLEIBEN“, rechts ergänzt durch „für Anfänger“ auf weißem Hintergrund.
Credit: Midjourney / Lea Schmitt

Gesünder länger leben? Das klappt nur, wenn man auch Spaß dabei hat, erklärt Gesundheits-Experte Dr. Gerd Wirtz im ersten Teil seiner neuen Playboy-Kolumne. Und ein paar Tipps, wie das klappt, hat er auch

Dr. Gerd Wirtz
Von: Dr. Gerd Wirtz
26.11.25
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Ich bin Neurophysiologe, Longevity-Experte und Keynote-Speaker zu Gesundheits-Themen – aber ich bin auch ein ziemlich gutes Beispiel dafür, wie man Selbstoptimierung gründlich missverstehen kann. 
 
Ich war der Typ, der jeden Morgen seine Werte checkte, bevor er überhaupt wusste, wie er sich fühlt. Schlafphasen, Herzfrequenzvariabilität, Blutzucker: Mein Handy zeigte so viele Diagramme an, dass jeder Finanzvorstand neidisch geworden wäre. Mein Trainingsprogramm klang wie für eine Militäreinheit entworfen: dreimal Kraft, dreimal Ausdauer, jeden Morgen Mobilität und als Dessert ein Kältebad, das eher was von Straflager als von Wellness hatte.

Klingt beeindruckend. War es aber nicht. Denn irgendwann stellte ich fest: Ich wurde zwar fitter, aber nicht freier. Und die Frage „Habe ich heute alles geschafft?“ wurde wichtiger als „Wie geht’s mir eigentlich?“.
 
Also änderte ich etwas Entscheidendes. Nicht die Inhalte, die waren und sind sinnvoll. Sondern den Anspruch.

Training geht auch ohne den Drill Instructor im Kopf

Heute lasse ich den Alltag mittrainieren: Tennis zählt als Ausdauer, schnelles Gehen genauso, Treppen sowieso. Ich mache Kraft und Mobilität, aber ohne den Drill Instructor im Kopf. Und meine Kältebäder? Die mache ich immer noch. Nur nicht mehr, um besonders hart zu wirken, sondern weil ich mich danach wacher fühle als nach einem doppelten Espresso. 
 
Was ich in all den Jahren gelernt habe: Selbstoptimierung funktioniert nur, wenn sie nicht wie eine Strafe klingt. Sie darf Struktur geben, aber nicht das Leben einengen. 

Und sie darf Spaß machen. Ja, wirklich. Ein gesundes, aber freudloses Leben? Das hält niemand lange aus. Dasselbe gilt übrigens, so meine Erfahrung, für Gesundheits-Lektionen ohne Humor. 

Seit Jahrzehnten versuche ich etwas, das in der Medizin selten vorkommt: Gesundheit so erklären, dass man sich dabei amüsiert und danach Lust hat, etwas dafür zu tun - und nicht das Bedürfnis entwickelt, sich unter der Sofadecke zu verstecken.
 
Im Podcast Männer-TÜV mache ich das zusammen mit zwei Kollegen: Ingo Froböse, der wissenschaftlich begründen kann, warum selbst der Gang zum Kühlschrank eine Trainingseinheit ist, und Peter Großmann, der in einem Satz ausspricht, wofür Ingo und ich drei PowerPoint-Folien brauchen würden. Wir drei sind ein kongeniales Trio und wir geben mehr über uns preis, als unsere Frauen jemals gutheißen würden.

Hier, in dieser Kolumne, bin ich auf mich allein gestellt. Aber auch frei, um nicht nur hilfreiche Tipps für ein langes, gesundes Leben zu geben, sondern künftig auch mal zu erzählen, wie ich selbst mit der Weihnachtsvöllerei umgehe (Spoiler: Hauen sie rein!) oder damit kämpfe, gute Neujahrsvorsätze umzusetzen (mein Rat: maximal zwei Vorsätze - sonst brennt die Sicherung durch). 

Wer über sich lachen kann, lebt länger

Das Thema Longevity ist für mich kein Hype, sondern eine Chance für unser überlastetes Gesundheitssystem. Wir müssen es nur aus der Ecke der Wundermittel und Luxuskliniken herausholen. Wir brauchen keine neuen Mythen, sondern bessere Aufklärung. Nicht perfektere Körper, sondern Menschen, die wissen, was ihnen guttut.
 
Genau das möchte ich vermitteln. Verständlich, alltagstauglich und gern mit einem Augenzwinkern. Denn wer über sich lachen kann, lebt automatisch ein bisschen länger.

Dr. Gerd Wirtz ist promovierter Neurophysiologe, Experte für Präventivmedizin und Keynote-Speaker. In seiner Playboy-Kolumne schreibt er alle zwei Wochen über Longevity und Männergesundheit. Mit seinen Kollegen Prof. Dr. Ingo Froböse und Peter Großmann betreibt er zudem den Podcast "Männer-TÜV".