„Wir erzählen mehr Western als bayerische Humba-Humba“

Familie sitzt auf einem Kutschenwagen, der mit Holzfässern beladen ist. Die Zügel hält ein Mann mit schwarzem Hut und schwarzem Mantel, die Szene wirkt retro
Brauer-Saga: In der zweiten Serien-Staffel „Oktoberfest 1905“ steht Klaus Steinbacher als Brauer Roman Hoflinger zwischen Intrigen und Konkurrenzkampf
Credit: BR
Familie sitzt auf einem Kutschenwagen, der mit Holzfässern beladen ist. Die Zügel hält ein Mann mit schwarzem Hut und schwarzem Mantel, die Szene wirkt retro
Brauer-Saga: In der zweiten Serien-Staffel „Oktoberfest 1905“ steht Klaus Steinbacher als Brauer Roman Hoflinger zwischen Intrigen und Konkurrenzkampf
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Nicht nur auf der Münchner Theresienwiese, auch in der ARD-Mediathek läuft das Oktoberfest: In der neuen Serien-Staffel „Oktoberfest 1905“ ist Schauspieler Klaus Steinbacher in seiner Paraderolle zu sehen – hier spricht er über Lieblingsorte auf der Wiesn und seine Vergangenheit als Schuhplattler.

Mareike Opitz
Von: Mareike Opitz
30.09.25
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Herr Steinbacher, für die Serie „Oktoberfest 1900“ wurden Sie direkt von der Wiesn weggecastet – was haben Sie da so überzeugend gemacht? Ein besonders schönes Prosit gesungen?

Überhaupt nichts hab ich gemacht, im Gegenteil: Ich kam zu spät zu unserem reservierten Tisch, weil ich vorher noch Theater gespielt hatte. Eigentlich wollte ich erst mal meine Ruhe haben, aber dann war da dieser Regisseur, der erzählt hat, dass er eine Serie übers Oktoberfest drehen möchte und dass er mich in einer Rolle darin sieht. Schöne Spinnerei, hab ich mir gedacht, von dem werde ich wahrscheinlich nie wieder hören.

Die Serie ist dann aber ein großer Erfolg geworden, mit Ihnen in der Rolle eines jungen Brauers. Für die zweite Staffel „Oktoberfest 1905“ sind Sie nun erneut in jenes München zu Beginn des letzten Jahrhunderts eingetaucht. Eine Zeit, die Sie gerne miterlebt hätten?

Mit der Schwabinger Boheme zu feiern, hätte ich schon toll gefunden. Und auch in der „Deutschen Eiche“ im Gärtnerplatz-Viertel, so wie wir sie in der zweiten Staffel erzählen, wäre ich gerne mal gewesen. Aber insgesamt gab es zu dieser Zeit ziemlich viel Druck und Überlebenskampf.

Genauer gesagt: Mord, Betrug, Intrigen – zumindest wenn man der Serie glaubt.

Das ist natürlich ein bisschen überzeichnet, es ist schließlich ein fiktives Format. Aber gerade das finde ich cool: dass wir mehr Western erzählen als bayerisches Humba-Humba.

Was haben Sie sich von diesem Brauerei-Erben, den Sie spielen, für Ihr eigenes Leben mitgenommen?

Dieser Roman Hoflinger ist im ständigen Stress, er will beruflich weiterkommen, er hat einen stetig brodelnden Konkurrenzkampf mit seinem Schwiegervater laufen und außerdem dieses Männerbild der damaligen Zeit im Kopf, dass er alles selbst schaffen muss, der Bestimmer sein, stark bleiben. Darüber vergisst er, was ihm wirklich wichtig ist. So etwas ist für mich dann schon mal ein Grund, drüber nachzudenken, wie es mir selbst damit geht. Mache ich das, was mir am Herzen liegt? Oder verliere ich mich? Das sind Fragen, die ich mir stelle, nachdem ich so was gespielt hab.

Gab es bestimmte Fähigkeiten, die Sie extra für Ihre Rolle lernen mussten?

So viel zu rauchen! In der ersten Staffel habe ich in einer Szene sogar einen brennenden Zigarettenstummel im Mund gedreht, das musste ich richtig trainieren.

Wie übt man so was?

Na, am besten mit einem nicht brennenden Zigarettenstummel! (Lacht)

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Worüber Sie sich zum Glück keine Gedanken machen mussten, ist der Dialekt. Schließlich sind Sie in Bad Tölz geboren.

Das ist schon auch etwas, an dem ich gearbeitet habe. Ich konnte ja nicht einfach das Bairisch auspacken, das ich zu Hause mit meiner Familie spreche, sondern musste mir überlegen: Wie kann ich klingen, dass es sich für die Figur richtig anfühlt, aber man mich trotzdem auch im gesamtdeutschen Raum ohne Untertitel versteht? Außer wenn ich gerade einen Ausraster spiele, das kann dann auch in tiefstem Bairisch sein, denn die Intention begreift man trotzdem.

Welches ist Ihr liebstes Schimpfwort auf Bairisch?

Mein Opa hat früher immer gesagt, dass ich ein „Zipfehuaba“ (Zipfelhuber) bin, wenn er mich geschimpft hat – aber eher liebevoll. Also übersetzt vielleicht: ein Kasper.

Wollten Sie Ihren Dialekt auch schon mal los sein, weil er Ihnen unangenehm war?

Das nicht, denn er ist eine Stärke von mir, ein Alleinstellungsmerkmal, etwas, das mich immer weitergebracht hat – viele spannende Projekte hatten bei mir mit Dialekt zu tun (in seiner Rolle als Torpedomaat in der Serie „Das Boot“ sprach Steinbacher Bairisch genauso wie als Franz Beckenbauer in „Der Kaiser“, d. Red.). Aber ich achte schon auch darauf, dass ich andere Sachen mache, die nichts mit Regionalität oder Dialekt zu tun haben.

Was ist das Bayerischste an Ihnen?

Dass ich manchmal überhaupt keine Lust habe zu reden.

Stimmt es, dass Sie auch schuhplatteln können?

Das stimmt, ja. Soll ich? (Lacht) Ich habe das gemacht, bis ich ungefähr 16 war, bei uns auf dem Land war man damals im Trachtenverein gut aufgehoben: Diese Wettbewerbe, zu denen wir am Wochenende gefahren sind, waren total irre – da sind Hunderte von Plattler-Gruppen gegeneinander angetreten, und am Ende gab es eine große Party.

Würden Sie damit auf der Wiesn auftreten, falls es mit der Schauspielerei irgendwann nicht mehr laufen sollte?

Ich glaube nicht, dass ich davon leben könnte.

Haben Sie ein bestimmtes Wiesn-Ritual? Etwas, das Sie bei jedem Oktoberfest unbedingt tun müssen?

Einmal nachts mit dem Riesenrad fahren und die Lichter über der Stadt anschauen. Meist mache ich das sogar, wenn ich gar nicht vorher im Zelt war, sondern komme extra dafür total nüchtern auf die Wiesn. Die „Fahrt ins Paradies“ muss aber auch jedes Jahr sein, da steht der Chef mit seinem Saxofon daneben und spielt live. Und den Vogelpfeifer mag ich total gerne – der diese Plättchen verkauft, die man sich auf die Zunge legt. Er bringt einem sogar bei, wie man damit zwitschert. Ich habe auch viele Freundinnen und Freunde, die auf der Wiesn arbeiten, im Service oder an Souvenirständen: Die besuche ich, wenn ich wissen möchte, was los ist, denn die kennen die besten Geschichten.

Gibt es auch etwas, das Sie am Oktoberfest überhaupt nicht mögen?

Wenn man spürt, dass am Nebentisch die Stimmung kippt und Leute aggressiv werden. Oder wenn Feiernde übergriffig werden, das macht mich richtig wütend. Ich finde, da sollten alle Leute, die so etwas mitbekommen, den Mut haben dazwischenzugehen. Wir müssen daran arbeiten, dass das nicht passiert – wir haben schließlich 2025, da darf so etwas nicht mehr sein. Schließlich wollen wir doch so zusammen feiern, dass alle wirklich Spaß dran haben.

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