„Wenn man als Mann keinen Duft trägt, hinterlässt man auch keinen guten Eindruck“

Udo Heuser steht lächelnd steht vor einem Glasgebäude. Er trägt ein hellblaues Sakko über einem weißen T-Shirt und schaut direkt in die Kamera.
WERTEBEWUSST Der 58-jährige Udo Heuser leitet seit 2019 die Geschicke des Wiesbadener Beauty-Konzerns Nobilis Group, eines der führenden Distributeure für Luxus-, Prestige- und Lifestyle-Parfüms
Credit: Stephanie Trenz
Udo Heuser steht lächelnd steht vor einem Glasgebäude. Er trägt ein hellblaues Sakko über einem weißen T-Shirt und schaut direkt in die Kamera.
WERTEBEWUSST Der 58-jährige Udo Heuser leitet seit 2019 die Geschicke des Wiesbadener Beauty-Konzerns Nobilis Group, eines der führenden Distributeure für Luxus-, Prestige- und Lifestyle-Parfüms
Credit: Stephanie Trenz

Er ist Präsident der Fragrance Foundation und gilt als Deutschlands Duftpapst. Offen wie nie spricht Udo Heuser – Chef der Nobilis Group – bei uns über erfolgreiches Unternehmertum, Shitstorms im Internet, Fake-Düfte und warum Männer heute besser riechen.

Florian Boitin
Von: Florian Boitin
11.11.25
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Herr Heuser, Sie werden – als Präsident der Fragrance Foundation und somit oberster Würdenträger Ihrer Branche hierzulande – in den Medien schon mal als Duftpapst bezeichnet. Warum ist es eine Sünde, als Mann keinen Duft zu tragen?

Erst mal zur Klarstellung, ich sehe mich nicht als Duftpapst. Aber ich glaube, wenn man als Mann keinen Duft trägt, hinterlässt man auch keinen guten Eindruck. Ich kenne kaum Männer, die – gerade wenn es wärmer wird – nicht irgendeine ungute Duftnote entwickeln. Es geht aber auch darum, am Duft erkannt zu werden. Und natürlich sollte ein Duft der eigenen Frau gefallen. Wenn eine Frau einen Mann nicht riechen kann, ist es schnell vorbei. Ich persönlich fühle mich mit einem Duft einfach angezogener.

Viele Männer greifen seit Jahren zum gleichen Duft. Ist das für Sie ein Zeichen von Stilsicherheit oder Verweigerung?

Da muss ich gleich mit einem Vorurteil aufräumen: Es war bis vor wenigen Jahren vielleicht noch so, dass Männer über zehn Jahre den gleichen Duft getragen haben. Inzwischen sind sie probierfreudiger. Sie haben – vielleicht auch getrieben von ihrem Umfeld – hierzulande im Schnitt zumindest zwei bis drei Düfte im Badezimmer stehen. Allerdings sind sie tatsächlich eher konservative Verwender. Einen Duft, den sie gut finden und von dem sie wissen, der kommt gut an, auch bei Frauen, bei dem bleiben sie in der Regel.

Neben Luxusparfüms von Creed („Absolu Aventus“, 100 ml, 380 Euro) gehören auch Lifestyle-Marken wie Karl Lagerfeld oder Jaguar zum Männer-Portfolio der Nobilis Group
Credit: PR

Wenn es nur einen einzigen Duft im Leben gäbe, den man tragen dürfte, wie sollte man ihn auswählen?

Der Duft muss zu einem passen. Man kann sich nicht an einen Duft gewöhnen. Ein Mann probiert in der Parfümerie in der Regel zwei, vielleicht drei Düfte aus und entscheidet dann sofort. Früher hieß es bei Frauen: „Gehen Sie mal draußen eine Runde spazieren, und kommen Sie in einer Viertelstunde wieder. Dann sagen Sie, ob Ihnen der Duft gefällt.“ Das kannst du bei Männern vergessen. Der Duft wird aufgesprüht, dann muss er passen.

Wie riecht der Duft des Erfolgs?

Unaufdringlich. Er unterstreicht die eigene Persönlichkeit und gibt einem eine persönliche Note, ohne andere zu stören. Es gibt ja Düfte, da sitzt du neben jemandem und denkst die ganze Zeit, ich kann das nicht mehr ertragen. Ein Duft darf nicht billig riechen, er muss Stil haben. 

Wie riecht für Sie der Playboy?

In jedem Fall sexy. Der Playboy riecht erfolgreich, spritzig. Er riecht nicht nach Zedernholz und Tonkabohnen, sondern frisch, frech und sexy.

Schweizer Uhren sind bekannt für ihre technische und handwerkliche Raffinesse und Perfektion und können entsprechend teuer sein. Aber auch Luxusparfüms können mehrere Hundert Euro kosten. Ab wann ist der Preis bei Parfüms nicht mehr zu rechtfertigen?

Nehmen wir mal den Vergleich zu den sogenannten Lifestyle-Düften. Die Duftkonzentration ist darin um ein Vielfaches geringer, der Alkoholanteil dafür umso höher, deswegen verfliegt ein Lifestyle-Duft in der Regel auch schneller. Er ist ein kommerzielles Produkt und muss einen kommerziellen Preis haben. Anders ist das bei einem Luxusduft, beispielsweise von Marken wie Maison Francis Kurkdjian, Creed oder Amouage. Bei Amouage reden wir über einen Parfümanteil von mindestens 50 Prozent. Da spielt die Produktionstechnik der Parfümöle eine Rolle. Man kann natürlich alle Duftstoffe inzwischen auch synthetisch herstellen, dann ist der Duft günstiger. Aber nehmen wir nur mal den Rosenduft: Rosen-Duftöl ist einer der teuersten Rohstoffe überhaupt. Du brauchst etwa 1,5 Millionen Rosenblätter, um daraus einen Liter Öl zu pressen. 

Teamplayer: Udo Heuser (2 v. r.) mit seiner Führungsmannschaft. Insgesamt sind bei der Nobilis Group in Deutschland, Österreich und der Schweiz aktuell mehr als 230 Mitarbeiterinnen beschäftigt
Credit: Stephanie Tenz

Und dann soll ein Duft im Laden ja auch noch nett anzuschauen sein …

Genau, am Ende des Tages sprechen wir auch über das Packaging. Eine aufwendige Verpackung gehört genauso zu einem Luxusduft wie zu einer Luxusuhr, einer Rolex oder Patek Philippe. Das ist Teil der Story. Lifestyle-Düfte werden in der Regel in Standard-Flakons abgefüllt, die Industrieware sind. Luxusduft-Flakons werden in Manufakturen gefertigt. Ein Lifestyle-Duft gehört häufig zu einer bestehenden Modemarke und ist möglicherweise in ein paar Jahren wieder weg vom Markt. Große Duft-Brands betreiben hingegen oft einen großen Aufwand in Bezug auf die Markenentwicklung. Das Parfümhaus Creed zum Beispiel ist 265 Jahre alt. Da stecken so viel Expertise und Zeit in dem Produkt, das muss sich auch im Preis widerspiegeln. Und dann kommt ein ganz wichtiger Punkt dazu: Die Produktionsvolumina solcher Düfte sind deutlich kleiner. Das heißt, es werden kleine Chargen produziert, es wird nicht auf Vorrat für drei Jahre produziert. Im Luxussegment finden wir Düfte, die werden ein Jahr oder länger in Fässern gelagert, bis sie in den Handel kommen.

Wie guter Whisky sozusagen.

So ist es. Auch bei Whisky kannst du dir einen Johnny Walker kaufen, oder du gönnst dir einen 20 Jahre alten Malt für 500 Euro die Flasche.

Ich persönlich würde keine 1000 Euro für einen Duft ausgeben

Udo Heuser

Udo Heuser

Ist die Preis-Range bei Luxusdüften nach oben offen?

Es gibt tatsächlich Düfte, die kosten 1000, 2000 oder 3000 Euro. Ob das noch gerechtfertigt ist, sei mal dahingestellt. Du kannst dir von manchen Dufthäusern deinen eigenen Duft kreieren lassen. Das wurde zu königlichen Hochzeiten auch schon gemacht. Aber in der Luxusparfümerie sollte bei 350 bis 400 Euro für eine normale Größe von 100 ml preislich die Obergrenze erreicht sein. Ich persönlich würde keine 1000 Euro für einen Duft ausgeben. 

Der Duftmarkt ist längst ein Milliardengeschäft. Aber auch hier gibt es schwarze Schafe, der Markt wird inzwischen überschwemmt von gefälschten Düften. Woran erkennt ein Laie eigentlich einen Fake?

Hier müssen wir unterscheiden zwischen Fake-Düften und Duftkopien, den Dupes. Ich spreche hier auch von Duftzwillingen. Man vermittelt dem Konsumenten, dass der günstigere Duft eins zu eins der gleiche sei wie das teure Original. Das ist natürlich nicht der Fall. Düfte werden nachgebaut mit synthetischen Duftstoffen anstelle von natürlichen Ingredienzien. In der Regel sind diese Düfte bei Weitem nicht so anhaltend, weil der Parfümanteil massiv runtergedampft wird. Dann sagen die Käufer, die für zehn Euro so ein Dupe gekauft haben: „Fein, sprühe ich halt zehnmal nach.“ Ich finde, man kann da keine Kompromisse machen. Das ist wie beim Kauf einer Uhr, einer Klamotte oder bei Schuhen. Es geht doch um die Frage: Will ich eine Fälschung tragen, oder kaufe ich das Original? Aber ich weiß natürlich, es gibt Leute, die laufen mit gefakten Louis-Vuitton-Taschen rum und fühlen sich toll dabei. Das scheint ein Zeichen unserer Zeit zu sein. Fake ist längst zur Normalität geworden.

Beim sogenannten Parfüm-Oscar – der Verleihung der „Duftstar“-Awards 2025 in Wien – darf sich Udo Heuser über die Auszeichnung für den Duft des Jahres freuen
Credit: Johannes Brunnbauer

Wo bekomme ich die Fake-Düfte? 

Drogeriemärkte verkaufen sie inzwischen häufig. Die Produkte haben Einzug in den Handel gefunden. Ich spreche darüber sehr klar mit unseren Handelspartnern. Es ist doch so: Wir investieren in eine attraktivere Gestaltung der Verkaufsfläche, in Personal mit regelmäßigen Schulungen, wir investieren in die Vermarktung, wir stellen Tester und Proben zur Verfügung. Und dann kommen moderne Raubritter, produzieren Kopien und fluten damit den Markt. 
 
Man merkt, wie Ihnen das stinkt. Gibt es noch etwas, um im Bild zu bleiben, das Ihnen stinkt?

Was mir stinkt, ist, dass heute auch in unserer Branche ein bisschen verloren geht, was uns erfolgreich gemacht hat. Nämlich Stil. Geht es eigentlich heute nur noch um den Preis? Früher hieß es, wo ich gut beraten werde, da kaufe ich auch. Das ist leider vorbei, wir sehen inzwischen ein massives Innenstadtsterben in Deutschland. Deswegen sage ich, Online-Verkäufe sind gut, aber es braucht wie in allen Bereichen auch noch ein bisschen was zum Anfassen. Es ist doch wie in einem guten Restaurant: Das Gesamtpaket muss passen. Du brauchst eine gute Beratung, nette Verkäufer, ein angenehmes Ambiente. Sich eine teure Uhr im Internet zu bestellen, macht doch weniger Spaß, als sie im Geschäft zu kaufen. Für all das bin ich persönlich auch bereit, ein bisschen mehr Geld zu bezahlen. Das, was ich als Stil bezeichne, geht in vielen Bereichen verloren.

Es geht eigentlich nur noch darum, welche Influencer oder welche Möchtegern-Duftexperten heute welchen Duft gut finden

Udo Heuser

Udo Heuser

Hat die Digitalisierung geholfen, Düfte zu verkaufen? Oder ist es schwieriger, weil man online ja keinen Duft riechen kann?

Vor 20 Jahren haben die Leute gesagt, online – das wird nie gehen. Natürlich geht es, man lässt sich irgendwo in einem stationären Geschäft beraten, und der Kauf findet dann online statt. Oder ich kaufe ein Produkt online, weil ich es auf TikTok oder Insta gesehen habe. Und wenn es mir nicht gefällt, schicke ich es eben wieder zurück. Früher war es gar nicht so einfach, etwas im Geschäft umzutauschen. Heute kaufen die Leute etwas im Internet, sprühen 17-mal, gefällt nicht, kein Problem – dann wird es einfach wieder zurückgeschickt. Das Internet hat auch in unserer Branche das Kaufverhalten völlig verändert. 
 
Wie haben insbesondere Social Media den Duftmarkt verändert?

Brachial! Man kann es gar nicht anders sagen. Auch deshalb, weil all das, was wir in den letzten Jahrzehnten gelernt haben über Markenaufbau, Mediaschaltungen, Printwerbung und Journalismus, der über Düfte berichtet, das kannst du inzwischen ad acta legen. Es geht eigentlich nur noch darum, welche Influencer oder welche Möchtegern-Duftexperten heute welchen Duft gut finden. Und das ist heute dieser, morgen jener. Durch Social Media kann ein Duft gehypt werden – er kann aber auch innerhalb weniger Wochen durch einen bewusst kreierten Shitstorm vernichtet werden.

Man macht sich in der Kommunikation also sehr abhängig von einzelnen Personen mit großer Reichweite. 

Ja, und das ist vollkommen unkontrollierbar. Einige Content Creators, ich will das natürlich nicht auf alle beziehen, vernichten ganz bewusst Marken, nur weil sie keine Produkte mehr geliefert bekommen oder weil man ihre finanziellen Forderungen nicht mehr erfüllt. Wir sind da tatsächlich in einer sonderbaren Welt angekommen.

Vor 20 Jahren haben Männer ein bisschen langweiliger gerochen

Udo Heuser

Udo Heuser

Sie führen die Nobilis Group seit 2019. Kurz vor der Corona-Pandemie haben Sie sie übernommen. In den letzten sechs Jahren haben Sie nicht nur das Produktport-folio verändert, sondern die Mitarbeiterzahl deutlich erhöht …

… verdoppelt. Und den Umsatz auf 300 Millionen verdreifacht. 

Wie stolz macht Sie das?

Ich habe ein gestörtes Verhältnis zum Thema Stolz. Stolz ist mir als Kind immer aberzogen worden. Ich komme aus einer Familie mit fünf Kindern. Meine Eltern waren einfache Leute. Ich bin nicht in ein goldenes Nest geboren worden. Ich hatte auch keine Millionen rumliegen, um die Nobilis Group zu kaufen. Ich bin da persönlich ins Risiko gegangen. Das ist das zweite Mal, dass ich als Unternehmer ins Risiko gegangen bin – beim ersten Mal ist es schiefgegangen. Ich war damals zu leichtgläubig und habe den falschen Menschen vertraut. 

Das Geheimnis des Erfolgs fußt auf drei Faktoren: Der erste ist Self-Confidence. Das heißt an sich selbst zu glauben und seinen Instinkten zu folgen. Zum Zweiten gilt es, das richtige Team zu haben, die richtigen Menschen von seiner Idee zu begeistern und eine echte Einheit zu bilden. Und der dritte Punkt ist: harte Arbeit. Sich reinzuknien, sich für nichts zu schade zu sein, Kontakte zu knüpfen, Menschen kennenzulernen, Zeit zu investieren. Ich habe noch keinen erfolgreichen Unternehmer kennengelernt, der das im Dreitagesjob mit Home-Office und drei Stunden Mittagspause geschafft hat. 

Gut vernetzt: Udo Heuser beim vertraulichen Austausch mit Bundeskanzler Friedrich Merz in Berlin
Credit: PR

Wenn Ihr Leben ein Parfüm wäre, wie würde es riechen?

Es würde frisch duften, aufregend. Mein Leben war immer aufregend, manchmal sogar eine Achterbahnfahrt. Außerdem bin ich ein Mensch, der sehr neugierig ist. Was mich am wenigsten charakterisiert, ist Langeweile. 
 
Gab es einen Moment, in dem ein bestimmter Duft Ihr Leben beeinflusst hat?

Ja. Als junger Mann, ich muss 17 gewesen sein, habe ich mir das erste Mal einen Duft gekauft. Ich war im zweiten Ausbildungsmonat, bin in die neu eröffnete Douglas-Filiale in Euskirchen gegangen, meinem Geburtsort, und habe mir einen Lacoste-Duft gekauft. Das war damals der erste Lacoste-Duft überhaupt. Weiße Außenhülle, grüner Rand, gibt es heute in der Form nicht mehr. Das hat mein Leben verändert. Mir war damals noch nicht ganz klar, was ich mit meiner Ausbildung machen will, aber die Beauty-Branche hatte mich in ihren Bann gezogen. Viele Jahre später habe ich dann bei Procter & Gamble gearbeitet, die die Lizenz für Lacoste-Düfte innehatte, worüber ich sehr glücklich war. Und ich habe mich noch mehr gefreut, als ich vor zwei Jahren Lacoste wieder ins Portfolio bekommen habe. Lacoste ist ein Duft, eine Marke, die mich schon mein ganzes berufliches Leben begleitet.

Hand aufs Herz: Riechen Männer heute besser als vor 20 Jahren?

Ja, definitiv. Vor 20 Jahren haben Männer einfach ein bisschen langweiliger gerochen. Damals gab es Düfte wie „Joop“ und „Davidoff Cool Water“. Oder Lagerfeld. Danach haben alle gerochen. Heute riechen Männer individueller, und das ist gut so.

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